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Nordfeuer - Kriminalroman

Nordfeuer - Kriminalroman

Titel: Nordfeuer - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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professionell ausgesehen.
So gleichmäßig bekam doch keiner einen Gipsverband hin, wenn er ihn selbst anlegte.
Am Bein vielleicht, aber nicht am Arm. So gelenkig war selbst ein junger Sportlehrer
nicht.
    »Er wollte sich noch melden, ob
er es zeitlich schafft«, ergänzte Tom die dürftige Antwort seiner Zukünftigen.
     
    Iris war nicht zu erreichen gewesen und so war Thamsen mit den Kindern
nach Hause gefahren. Nur ungern hatte er seine Mutter alleine gelassen, aber sie
hatte ihn förmlich dazu gedrängt.
    »Das ist hier nichts für die Kinder«,
hatte sie erklärt und Anne und Timo zum Abschied gewunken.
    Vielleicht möchte sie alleine sein,
hatte er gedacht. Es gab nun einmal Situationen, da wollte man einfach niemanden
um sich haben.
    »Aber du rufst
an, wenn es was Neues gibt«, hatte er von ihr verlangt.
    Anne und Timo
hatten im Wagen geschwiegen. Und ihm war das sehr recht gewesen. Obwohl es kein
gutes Zeichen war. Wahrscheinlich hatten die beiden Angst. Mit dem Tod konfrontiert
zu werden, war für niemanden leicht. Auch für ihn nicht. Es hatte immer so etwas
Endgültiges, und niemand wusste, was danach kam. Gab es überhaupt etwas, was nach
dem Tod folgte? Thamsen glaubte weder an Gott noch an ein Leben nach dem Tod. Aber
blieb von einem Menschen tatsächlich nichts weiter übrig, als die sterbliche Hülle,
die irgendwann von Würmern zerfressen wurde?
    Er schauderte
bei dem Gedanken daran. Wenn er starb, wollte er auf jeden Fall verbrannt werden.
Die Vorstellung, wie eklige Tiere sich schmatzend durch seinen Körper fraßen, konnte
er nicht ertragen.
    Er lenkte den Wagen Richtung Dagebüll
Hafen und parkte neben dem Strandkiosk direkt hinter dem Deich.
    »Sucht euch schon mal ein Eis aus.
Ich löse noch schnell einen Parkschein«, ermunterte er Anne und Timo, die lustlos
zum Kiosk hinüber schlurften.
    Er wusste, es wäre besser, mit ihnen
über den Zustand des Großvaters und das, was möglicherweise geschehen würde, zu
sprechen. Aber er konnte nicht. Er hatte selbst Angst und keine Ahnung, was das
alles im Detail für ihn bedeutete.
    Als er den Strandkiosk erreichte,
standen Timo und Anne unschlüssig vor der Eiskarte.
    »Und, was darf es für euch sein?«
fragte der Kioskbesitzer und trommelte dabei leicht mit den Fingern auf den hölzernen
Tresen. Die Kinder versperrten den anderen Kunden den Weg und durch ihre Trödelei
hatte sich bereits eine lange Schlange gebildet.
    Schon begannen die ersten Gäste
zu nörgeln.
    »Wenn ihr euch nicht entscheiden
könnt, lasst es halt sein.«
    »Wann geht es denn endlich mal weiter
hier?«
    »Frechheit, was sich manche Gören
heute so rausnehmen.«
    Den letzten Satz hatte eine blonde
Frau ihrem Begleiter gerade so laut ins Ohr geflüstert, dass auch die umstehenden
Kunden ihre Beschwerde mitbekamen. Thamsen musterte die Dame von oben bis unten
und schätzte sie auf Anfang fünfzig. Also, eine Einheimische war das unter Garantie
nicht. So aufgetakelt, wie die am Kiosk stand. Wo glaubte sie denn, wo sie war?
Dagebüll war nicht St. Tropez. Ihre mit Swarovskisteinen besetzten Pantoffeln durften
kaum das richtige Schuhwerk für einen Spaziergang über den mit Gras bewachsenen
Deich sein. Und zum Wattwandern ja schon mal gar nicht. Eine Brise vom Meer und
ihre kunstvoll toupierte Frisur würde in sich zusammenfallen. Oder hielten tonnenweise
Haarspray dem Wind hier oben stand?
    »Entschuldigen Sie, bitte«, sprach
er die Frau an, »aber das sind meine Kinder und keine Gören und sie suchen sich
nur ein Eis aus.«
    Durch die getönten Gläser ihrer
Chanel Sonnenbrille konnte er ihre Augen nicht erkennen, aber der nicht von der
monströsen Brille verdeckte Teil ihres bleichen Gesichtes wechselte augenblicklich
in eine rötliche Schattierung.
    Er ließ die Sache auf sich beruhen.
Was brachte es schon, sich über solche Leute aufzuregen? Er trat neben Anne und
Timo, die sich inzwischen entschieden hatten.
    »Ein Cornetto Erdbeere, ein Nogger
und einen Flutschfinger.«
    Genüsslich das Eis schleckend wanderten
sie über den Deich hinunter zum Wasser. Es war Ebbe und viele Leute waren draußen
im Watt. Auch Thamsen verspürte plötzlich den Drang, seine Schuhe und Socken auszuziehen
und mit nackten Füßen über den Meeresboden zu gehen.
    »Können wir zu der Insel da laufen?«
Durch das klare Wetter wirkte Föhr heute zum Greifen nahe.
    »Das werden wir nicht mehr schaffen.
Schaut«, er zeigte auf die kleinen Rinnsale im Watt, »das Wasser kommt schon wieder.«
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