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Nordfeuer - Kriminalroman

Nordfeuer - Kriminalroman

Titel: Nordfeuer - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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inspizierte Anne den Meeresboden.
    »Iiii, ein
Krebs!«
    Thamsen musste
schmunzeln. Er war viel zu selten mit den Kindern hier draußen. Als er klein war,
hatte er die Krebse an der Schleuse mit einer Schnur und einer alten Wäscheklammer
geangelt. Im Sommer war seine Mutter oft mit ihm ans Meer gefahren. Sein Vater war
selbstverständlich nie mitgekommen, aber das hatte Thamsen eigentlich nicht gestört.
Hans Thamsen hätte ohnehin nur lehrreiche Vorträge über das Watt und seine Bewohner
gehalten. Anstatt diese Welt tatsächlich zu erleben oder anzufassen, hätte er irgendwelche
Texte aus Lehrbüchern zitiert. Wie langweilig. Da war es ihm schon lieber gewesen,
selbst seine Umwelt zu erkunden.
    Er beugte
sich zu dem Krebs hinab und setzte ihn auf seine Handfläche. Der kleine Meeresbewohner
schnappte wild um sich, versuchte aber nicht, zu flüchten.
    »Guck mal,
wie mutig der dreinschaut.« Er zeigte auf die kleinen schwarzen Knopfaugen des Krebses.
Anne ging ebenfalls in die Knie, allerdings zunächst in einem sicheren Abstand.
    »Meinst du,
der sieht uns?«
    »Natürlich.«
    »Huhu Krebs!« Anne winkte dem Tier
zu.
    »Willst du ihn mal halten?« Thamsen
schob seine Hand ein Stück in ihre Richtung.
    »Nee, ich glaube, der möchte lieber
wieder runter«, versuchte Anne ihre Angst zu verbergen.
    Vorsichtig setzte er daher den Krebs
wieder zurück auf den Meeresboden. Ruck Zuck lief der vor ihnen davon in die Freiheit.
    Sie wanderten noch eine Weile durchs
Watt und bestaunten hier und da ein paar Muscheln, Schnecken oder andere Meeresbewohner,
ehe sie sich auf den Rückweg machten.
    An der Dusche zwischen den privaten
Badebuden befreiten sie ihre Füße vom hartnäckigen Schlick. Anne kreischte vor Vergnügen,
wenn der Wasserstrahl sie traf.
    Sie setzten sich an den Deich und
ließen sich von der Sonne trocknen.
    »Kommissar
Thamsen«, hörte er plötzlich seinen Namen. Er blickte auf und musste die Augen wegen
des starken Gegenlichtes zusammenkneifen. Dennoch erkannte er Erk Martensen wenige
Meter vor sich am Deich. Neben ihm seine Mutter. Trotz der sommerlichen Temperaturen
war sie ganz in Schwarz gekleidet. Knöchellanger Rock. Wolljacke. Man sah ihr an,
wie unangenehm es ihr war, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen. Wahrscheinlich
dachte sie, es stünde ihr während der Trauerphase nicht zu. Und irgendwelche Leute
würden sich mit Sicherheit auch darüber das Maul zerreißen. Immerhin war Katrin
Martensen noch nicht einmal unter der Erde, und ihre Mutter flanierte bereits am
Badedeich. So oder so ähnlich würde das Gerede klingen.
    Thamsen stand
auf und begrüßte die beiden.
    »Sie waren
neulich so schnell abgereist. Dabei waren wir ja verabredet gewesen«, erinnerte
er den Bruder der Verstorbenen an den geplatzten Termin.
    »Oh, ja. Tut
mir leid. Aber ich musste dringend nach Hamburg. Geschäftlich. Das müssen wir nachholen.«
    Er sagte das,
als ginge es um eine Verabredung zum Bier und nicht um die Aufklärung des Mordes
an seiner Schwester.
    »Morgen?«, fragte Thamsen.
    »Hm, morgen ist schlecht. Da ist
Katrins Beerdigung.«
    Dirk Thamsen hatte gar nicht gewusst,
dass die Leiche bereits freigegeben war. Spontan entschied er jedoch, an der Trauerfeier
teilzunehmen.
    »Dann sehen wir uns dort.«

15.
     
    »Warum Thamsen sich gestern wohl nicht mehr gemeldet hat?«
    Tom und Marlene saßen am Frühstückstisch.
    »Hm, meinst du, es ist wieder etwas
passiert?«
    Tom zuckte mit den Schultern. »Oder
er hat es einfach nur vergessen.«
    »Kann ich mir nicht vorstellen.
Bestimmt hat es wieder gebrannt oder so, ansonsten würde er ja nicht schon wieder
in einer Besprechung sitzen.«
    Marlene hatte versucht, Thamsen
telefonisch zu erreichen. Für gewöhnlich war er bereits früh im Büro, aber heute
war lediglich ein Kollege von ihm ans Telefon gegangen.
    »Kommissar Thamsen ist in einer
Besprechung. Kann ich was ausrichten?«
    Marlene hatte
lediglich um einen Rückruf gebeten, doch wenn es in der Nacht wieder einen Brand
gegeben hatte, dann konnte das dauern.
    »Das hätten
wir doch mitgekriegt«, sagte Tom und stand auf. Er musste heute Vormittag sein vorläufiges
Konzept in Husum vorstellen und wollte rechtzeitig in der Firma sein. Er küsste
Marlene zum Abschied.
    »Nur noch viermal
schlafen, dann bist du meine Frau«, flüsterte er ihr ins Ohr.
     
    Thamsen war zwar körperlich anwesend bei der Besprechung mit den Kollegen,
aber in Gedanken ganz woanders. Ihm ging so viel durch den Kopf und die

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