Nordfeuer - Kriminalroman
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der anderen enthielten sowieso keine Neuigkeiten.
Die Operation seines Vaters war
den Umständen entsprechend gut verlaufen. Nun hieß es abwarten. Auf dem Nachhauseweg
war er gestern noch einmal kurz im Krankenhaus gewesen. Hatte seine Mutter abholen
wollen. Doch sie hatte sich geweigert, von der Seite ihres Mannes zu weichen.
»Papa hat nichts davon, wenn du
hier zusammenklappst«, hatte er versucht, sie zu überzeugen, nach Hause zu gehen
und sich auszuruhen. Doch sie hatte vehement ihren Kopf geschüttelt und gesagt,
sie könne seinen Vater nun einmal nicht alleine lassen. Das sei immer so gewesen
und das würde sie jetzt unter Garantie nicht ändern.
Wenn er sich recht erinnerte, war
es tatsächlich immer so gewesen. Niemals hatte seine Mutter sich eine Auszeit gegönnt
oder hätte auch nur im Traum daran gedacht, vielleicht einmal mit einer Freundin
gemeinsam in den Urlaub zu fahren. Stets war sie für ihren Mann da gewesen. Tag
und Nacht. Er hatte Zweifel, ob dieser Umstand auf Liebe beruhte – jedenfalls nicht
nach seiner Vorstellung von Liebe – aber in gewisser Weise war es vielleicht doch
so etwas. Jedenfalls für seine Mutter. Immerhin hatte sie bei der Hochzeit geschworen,
immer für Hans Thamsen da zu sein. In guten und in schlechten Zeiten.
»Oder was meinst
du, Dirk?«
Sein Vorgesetzter
schaute ihn fragend an. Und auch die Augen der anderen Kollegen waren plötzlich
auf ihn gerichtet. Er fühlte sich ertappt und begann zu schwitzen.
»Ich weiß nicht«,
stammelte er verlegen und hoffte, die Antwort passte zu der vorangegangenen Diskussion.
»Na, es ist
doch merkwürdig, dass es seit dem Feuer bei Heiko Stein keinen weiteren Brand gab.«
Glück gehabt.
Er atmete innerlich auf. Sich vor den Husumer Kollegen zu blamieren, war das Letzte,
was er wollte. Die hielten ihn doch ohnehin für inkompetent.
»Das könnte
mehrere Gründe haben. Vor allem, da ich nach wie vor davon ausgehe, es mit zwei
unterschiedlichen Tätern zu tun zu haben.«
Die Kripobeamten verzogen genervt
ihre Mienen. Sagten aber nichts. In Thamsen begann es zu brodeln.
»Auf jeden Fall ist heute die Beerdigung
von Katrin Martensen. Da schaue ich mich mal etwas genauer um.«
»Und was soll das bringen? Glaubst
du, der Mörder taucht da auf«, fragte einer der Husumer grinsend.
»Was soll das eigentlich?«, platzte
es unerwartet aus Thamsen heraus. Er war es leid, mit diesen überheblichen Lackaffen
zusammenzuarbeiten. Egal, was er machte, es war ihnen ohnehin nicht recht. Selbst
hatten sie allerdings auch keine Ermittlungserfolge vorzuweisen.
»Ihr habt doch auch keinen blassen
Schimmer, wer hinter den Bränden steckt, zieht aber meine Ansätze noch nicht mal
in Betracht.«
Er spürte, wie die Wut über die
Kollegen ihm beinahe die Luft abschnürte und seine Stimme sich überschlug. Wenn
er nicht augenblicklich den Raum verließ, würde er sich nicht zurückhalten können.
Er sprang auf und lief ohne ein weiteres Wort aus dem Raum.
Haie prüfte noch einmal im Spiegel den Sitz seines dunklen Anzuges.
Es war schon eine Weile her, dass er das gute Stück zum letzten Mal getragen hatte
und am Bund kniff die Hose leicht. Zum Glück hatte er sich für die Hochzeit einen
neuen Anzug besorgt. Marlenes Mutter hatte darauf bestanden. Sie achtete bei der
Ausrichtung der Feierlichkeiten auf jede Kleinigkeit und wollte, dass alles perfekt
war.
Daher hatte
sie den Trauzeugen ihres zukünftigen Schwiegersohnes auch mit zum Haus- und Hofschneider
der Liebigs geschickt und ihm einen maßgeschneiderten Anzug verpasst. Haie war nur
froh gewesen, nicht die Rechnung zahlen zu müssen, denn solch einen edlen Zwirn
hätte er sich niemals leisten können. Er kaufte seine Anzüge seit eh und je von
der Stange. Selbst sein Hochzeitsanzug war damals aus dem Kaufhaus gewesen. Natürlich
saß die Einheitskleidung nicht so perfekt wie maßgeschneiderte, was er jetzt leider
auch wieder einmal zu spüren bekam.
Er holte tief Luft, steckte noch
einmal das Hemd ordentlich in die Hose und befestigte dann seine Hosenklammern.
Wie immer würde er auch heute mit dem Fahrrad fahren.
Tom musste heute arbeiten und hatte
keine Zeit, ihn zu begleiten. Und Marlene hatte er gar nicht gefragt. Die Trauerfeier
von Katrin Martensen würde einfach zu viele Erinnerungen in ihr wachrufen. Das wollte
er ihr nicht zumuten.
Er fuhr die Dorfstraße entlang bis
zur scharfen Kurve am Spritzenhaus. Hier bog er ab und radelte das kurze Stück bis
zum Friedhof die
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