Nordfeuer - Kriminalroman
Beobachtungen zu sagen hatte.
»Weiß nicht.«
War das alles? Haie schaute Thamsen
erwartungsvoll an, doch der hatte tatsächlich nicht mehr zu dem jungen Mann zu sagen.
Er war sich nicht sicher, ob der angehende Lehrer etwas mit dem Mord in der Risumer
Grundschule zu tun hatte. Und seit langem war ihm dies irgendwie, besonders heute
total egal. Er griff nach einem neuen Champagnerglas, als der Kellner mit einem
Tablett vorbeikam.
»Auf die beiden.« Er prostete Haie
zu. Der Alkohol hatte es in sich. Ihm war leicht schwindlig. Sein Frühstück lag
eine Weile zurück und er hatte noch nie gut Alkohol auf leeren Magen vertragen.
»Katrin soll übrigens Streit mit
ihrem Bruder gehabt haben.« Haie konnte die Neuigkeit nicht länger für sich behalten.
»Wissen Sie, worum es dabei ging?«
Thamsen zeigte sich zwar interessiert, wenn auch nicht besonders euphorisch.
»Wohl um Geld, soweit ich gehört
habe.«
»Hm«, Thamsen fragte sich, ob Erk
Martensen tatsächlich finanzielle Probleme hatte. Konnte man sich dann solch einen
edlen Sportwagen leisten?
»Na, da habe ich schon ganz andere
Sachen erlebt«, Tom war neben die beiden getreten und hatte die letzten Sätze aufgeschnappt.
»Muss ja nicht unbedingt sein Wagen
sein. Bestimmt nur geleast.«
Als Unternehmensberater hatte er
oft mit Leuten zu tun, die sich finanziell übernommen hatten und kannte sich demzufolge
in derlei Angelegenheiten gut aus.
»Nach außen wirkt das häufig halt
ganz anders«, erklärte er.
»Dann sollte ich ihn vielleicht
doch noch mal befragen«, überlegte Thamsen, und die beiden Freunde nickten.
»Er hat sein Geschäft ja hier in
Hamburg. In Eppendorf.« Haie hatte sich nach dem Gespräch mit Christian Brodersen
schlau gemacht. »Ist nicht weit«, er sah den Kommissar erwartungsvoll an.
»Ja, aber wir können nicht einfach
von der Feier hier verschwinden«, flüsterte er und blickte dabei in die Runde. Die
anderen Gäste standen überall in Grüppchen zusammen und unterhielten sich. Vermutlich
würde man gar nicht merken, wenn die beiden für ein oder zwei Stunden nicht anwesend
waren.
»Na gut«, gab er nach. »Aber erst
nach dem Mittagessen. Da haben wir dann eh ein paar Stunden bis zur kirchlichen
Trauung.«
Jan Schmidt lenkte seinen Wagen
auf das vorgesehene Gelände bei der Uniklinik.
Am Telefon hatte man ihm über den
Zustand von Heiko Stein keine Auskunft geben wollen.
»Sind Sie ein Familienmitglied?«
»Nein.«
»In was für einem Verhältnis stehen
Sie dann zu dem Patienten?«
Er hatte kurz überlegt, ehe er »Ich
bin ein Freund« auf die Frage geantwortet hatte.
Der Parkplatz war um diese Tageszeit
gut belegt. Es war Besuchszeit, zudem Freitagnachmittag. Da hatten viele früher
Feierabend und kamen eher dazu, Freunde und Verwandte im Krankenhaus zu besuchen.
Er ja letztendlich auch. Obwohl das mit dem Freund gelogen war.
Endlich fand er eine Lücke und stieg
aus. Die Luft war bereits sommerlich warm. Er trug lediglich ein T-Shirt und ließ
den Pullover im Auto.
In der Eingangshalle gab es eine
Tafel, eine Art Wegweiser, auf der die verschiedenen Abteilungen und das jeweilige
Stockwerk angegeben waren. Doch wohin hatte man Heiko gebracht? Auf welcher Station
lagen Patienten mit Brandverletzungen?
»Ich möchte gerne zu Heiko Stein«,
teilte er der Frau am Informationsschalter mit. Mit flinken rot lackierten Fingernägeln
tippte sie den Namen in den Computer ein.
»Oh, Herr Stein liegt auf der Intensiv.«
Sie blickte ihn bedauernd durch die Glastrennwand an.
Tat er ihr leid oder was hatte dieser
Blick zu bedeuten? Er fragte nicht weiter nach, sondern ging wieder zu der Tafel.
Die Intensivstation lag im dritten Stock. Jan Schmidt nahm den Aufzug.
Als sich die
Fahrstuhltüren öffneten sah er sofort, hier würde er kaum weiterkommen. Der Eingang
zur Station war durch eine dicke Stahltür verschlossen. Es gab eine Klingel, auf
deren Benutzung durch ein Schild hingewiesen wurde. Unschlüssig stand er davor und
blickte durch das winzige Fenster, das auf Augenhöhe eingelassen war. Doch auf dem
langen Gang war niemand zu sehen.
Das ist ja hier wie in einem Hochsicherheitstrakt,
dachte er und betrachtete noch einmal eingehend die Tür. Hatte er den weiten Weg
wirklich umsonst gemacht? Kurz entschlossen drückte er den kleinen weißen Klingelknopf
und wartete.
»Ich glaube, hier müssen wir abbiegen«, bemerkte Haie und zeigte nach
links. Sie hatten sich nach dem Mittagessen einfach davon gestohlen. Es war
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