Nordfeuer - Kriminalroman
zusammengefunden hatte. Sie wirkte hoch motiviert und von
ihrer positiven Einstellung überzeugt, dabei musste ihr bekannt sein, dass gut ein
Viertel der Ehen in Hamburg wieder geschieden wurde. Aber eine Eheschließung war
nun einmal nicht der richtige Anlass, das zu erwähnen. Letzten Endes brachte man
die Brautleute noch auf dumme Gedanken. Schließlich waren sie im Moment fest entschlossen,
den Rest ihres Lebens gemeinsam zu verbringen.
Die Liebe war nichts Selbstverständliches
und man musste jeden Tag an einer glücklichen Ehe arbeiten. Das war es, worauf es
ankam und das gab die Standesbeamtin ihnen mit auf ihren gemeinsamen Weg.
Sie trug dazu ein Gedicht vor. Der
Dichter war recht unbekannt, aber die Worte drückten deutlich aus, dass man sich
nicht einfach zurücklehnen konnte, wenn man verheiratet war, sich des anderen nie
zu sicher sein durfte. Jeden Tag aufs Neue um ihn werben sollte. Mann oder Frau
– egal, dies galt für beide.
Nach den durchaus mahnenden Worten
begann der offizielle Teil. Tom und Marlene mussten sich erheben und vor der Beamtin
und den anwesenden Gästen ihre ehrlichen Absichten bekunden.
Obwohl es eigentlich an sich ein
bürokratischer Akt war, lag doch soviel mehr in diesen wenigen Worten, und automatisch
kamen Marlene die Tränen. Sie unterschrieben die Heiratsurkunde und Haie ebenso
wie Thamsen bezeugten die Eheschließung mit ihrer Unterschrift. Glücklich steckten
sich Braut und Bräutigam gegenseitig die Ringe an. Marlene hatte auf ganz schlichten
goldenen Ringen bestanden, die sich lediglich durch ihre Breite unterschieden.
»Hiermit erkläre ich Sie kraft meines
Amtes zu Mann und Frau. Sie dürfen die Braut nun küssen«, verkündetet die Standesbeamtin
und lächelte.
Tom griff Marlene an den Händen
und küsste sie. Er war so glücklich. Am liebsten hätte er immer in dieser Stellung
verharrt – ihren Duft in der Nase, ihre warmen Lippen auf seinen. Der abrupt einsetzende
Beifall der Gäste riss ihn aus seinen Träumereien. Plötzlich drängte sich Marlenes
Mutter zwischen sie und warf sich ihrer Tochter förmlich an den Hals. Tom konnte
gar nicht so schnell begreifen, was um ihn herum eigentlich geschah. Eine Umarmung
folgte der anderen, Händeschütteln, Schulterklopfen. Endlich nahm er Haies Gesicht
wahr. Der Freund hatte stark mit den Tränen zu kämpfen.
»Ich beneide
euch und wünsche euch alles Glück der Erde«, murmelte er mit belegter Stimme und
Tom wusste, wie ernst es ihm damit war.
Haie sehnte
sich nach einer neuen Partnerin und gerade jetzt, wo er seine Freunde so glücklich
miteinander sah, wurde ihm bewusst, wie einsam er war.
Ganz ähnlich
empfand Thamsen. Aber er wäre nicht im Traum auf die Idee gekommen, eine Aussage
wie Haie zu treffen. Anständig gratulierte er Marlene, indem er sie kurz umarmte
und ihr links und rechts einen Kuss auf die Wangen drückte. Tom bedachte er mit
einem Handschlag.
Nur er selbst wusste, was in ihm
vorging, denn während der Trauung hatte er unweigerlich an seine eigene Hochzeit
mit Iris denken müssen und sich gefragt, warum eigentlich alles hatte so kommen
müssen, wie es gekommen war.
Äußerlich jedoch merkte man Dirk
Thamsen seine Verdrossenheit nicht an. Lächelnd mischte er sich unter die anderen
Gäste, die wie im Gänsemarsch hinter dem Brautpaar das Amtszimmer verließen.
In der Eingangshalle empfing sie
ein wahres Blitzlichtgewitter, sodass sich einige Gäste der anderen Paare neugierig
zu ihnen umblickten. Gesine Liebig hatte gleich drei Fotografen bestellt. Sie wollte
sichergehen, jeden kostbaren Moment der Hochzeit ihres einzigen Kindes festzuhalten.
Es dauerte eine halbe Ewigkeit, und Tom tat schon das Gesicht vom vielen Lächeln
beinahe weh, bis alle Gäste mit dem Brautpaar verewigt waren.
Anschließend ging es zum Jenisch-Park,
und während die Fotografen weitere kunstvolle Fotos von Tom und Marlene in der traumhaft
schönen Parkanlage schossen, wurde den Gästen Champagner gereicht. Endlich ergab
sich für Haie die Gelegenheit, mit Thamsen zu sprechen.
»Und, gibt es was Neues?«, fragte
er, nachdem sie ein paar lobende Worte über die Trauung ausgetauscht hatten.
Thamsen zuckte mit den Schultern.
Seit langem hatte er mal eine Weile nicht an die Brände und den Mord an Katrin Martensen
gedacht, sondern sich ganz und gar den Überlegungen zu seinem Privatleben hingegeben.
»Eigentlich nicht. Ich habe mit
Holger Leuthäuser gesprochen.«
»Und?« Haie war neugierig, was der
Referendar zu Toms
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