Nordmord
und Haie sehen. Die Männer würden zunächst einen Spaziergang machen und
anschließend im ›Fährhaus‹ einkehren. Tom wollte heimlich ein Foto von Malte
machen. Vielleicht konnten sie es für Zeugenbefragungen verwenden. Die
Schokolade wurde serviert und sie nippte nachdenklich an der heißen
Flüssigkeit.
Tom und Haie hatten die Kragen ihrer Jacken
hochgeschlagen und kämpften sich gegen den Wind nordwärts den Deich entlang.
Jeder hing seinen Gedanken nach, die allerdings sehr ähnlich waren. Sie machten
sich Sorgen um Marlene.
Wenn Malte tatsächlich der Mörder von Heike war, und davon
gingen sie momentan aus, wer wusste, was er mit Marlene anstellen würde, wenn
er herausfand, dass sie sich nicht aufgrund seiner körperlichen Anziehungskraft
mit ihm traf. Sie behauptete zwar immer noch, dass Malte mit dem Mord nichts zu
tun habe, sondern sehr wahrscheinlich der Mann vom Friedhof der Täter sei, aber
sehr überzeugend hatte sie nicht geklungen, als sie im Wagen noch einmal
darüber gesprochen hatten.
Sie blickten aufs Meer hinaus. Die ›Hauke Haien‹ versuchte,
gegen die Wellen anzukämpfen und sich ihren Weg Richtung Hallig Gröde zu
bahnen. Dass sie überhaupt bei diesem Sturm auslief, wunderte sie. Im Sommer
hatten sie einmal zusammen eine Fahrt zu den Seehundsbänken gemacht. Marlene
war ganz begeistert von den putzigen Meeressäugern gewesen.
»Meinst du, wir sollten umkehren?«
Tom blickte auf seine Uhr und nickte.
Dirk Thamsen schreckte gerade die Nudeln ab, als
es an der Tür klingelte. Es war seine Mutter mit den Kindern. Sie sollten heute
bei ihm zu Mittag essen. Dabei wollte er in aller Ruhe über die Situation und
die neue Wohnung sprechen.
»Ich habe Miracoli gekocht.«
Die Kinder aßen begeistert. Er hingegen stocherte lustlos in
seinen Nudeln herum. Wie sollte er beginnen? Er räusperte sich.
»Also, Kinder, ihr wisst ja, dass es Mama momentan nicht so
gut geht und da habe ich mir gedacht …«
»… dass wir eine Weile bei dir bleiben«, vollendete Timo
seinen Satz.
»Ist schon okay, Oma hat mit uns geredet.«
Er atmete erleichtert auf. Dann erzählte er von der neuen
Wohnung und versprach, dass von jetzt an alles besser werden würde.
»Und was ist mit Mario?«
Anne schaute ihn ängstlich an.
»Das lass mal meine Sorge sein.«
In der Tat war Mario ein Problem, welches ihm große Sorgen
bereitete. Selbst wenn seine Exfrau einer Entziehungskur zustimmen würde, was
würde passieren, wenn sie mit diesem Kriminellen zusammenblieb? Die Kinder
schauten ihn skeptisch an, ließen sich jedoch schnell auf andere Gedanken
bringen, als er vorschlug, nach dem Essen ins Hallenbad zu gehen. Schnell aßen
sie die restlichen Nudeln und brachen anschließend auf.
Das Hallenbad lag in der Nähe des Marktplatzes. Dirk Thamsen
zahlte den Eintritt und kurz darauf tobten sie ausgelassen zwischen den anderen
Badegästen.
Malte betrat zögernd das Restaurant. Er hatte
etwas weiter entfernt geparkt und war das kleine Stück zum Fährhafen gelaufen.
Permanent hatte er seinen Kopf in alle Richtungen gedreht, aber ihm war nichts
aufgefallen. Keine parkenden Autos am Straßenrand, keine Männer mit einer Hand
am Ohr.
Er sah sie an einem Tisch am Fenster sitzen. Das Haar trug
sie offen, ihre Bluse war tief ausgeschnitten. Er ließ seinen Blick durch den
Gastraum wandern, konnte aber nichts Ungewöhnliches entdecken. Betont lässig
schlenderte er zu ihr hinüber.
»Warten Sie auf mich, hübsche Frau?«
Ohne ihre Antwort abzuwarten, ließ er sich auf einem der
Stühle nieder und starrte in ihren Ausschnitt.
Sie versuchte, zu lächeln und möglichst ruhig zu bleiben. Sie
musste charmant sein, ihn überzeugen, dass sie auf ihn stand, auch wenn er sie
noch so anwiderte. Aber nur auf diese Weise hatte sie vermutlich eine Chance,
dass er gesprächig wurde. Sie fragte sich allerdings, wie weit sie dafür gehen
musste und ob sie dazu bereit war.
»Also noch mal, warum genau wolltest du mich treffen?«
Sie wiederholte zunächst die Worte, welche sie bereits am Tag
zuvor verwendet hatte, um ihn hierherzulocken. Er sonnte sich förmlich in der
Flut ihrer Komplimente. Ihre Worte turnten ihn an und sie setzte noch einen
drauf. Sie lehnte sich weit über den Tisch und flüsterte in verschwörerischem
Ton:
»Ich denke, wir könnten viel Spaß zusammen haben!«
Sie erahnte die dreckigen Fantasien, die sich in seinem Kopf
abspielten. Seine Augen
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