Nordmord
starrten permanent auf ihre Brüste, Speichel sammelte
sich in seinem linken Mundwinkel. Es schüttelte sie beinahe vor Ekel.
Krampfhaft versuchte sie, sich an die Sätze zu erinnern, welche sie sich für
das Treffen mit ihm zurechtgelegt hatte.
»Heike hat viel von dir erzählt.«
Er wurde plötzlich hellhörig und blickte ihr direkt ins
Gesicht. Marlene setzte ihr charmantestes Lächeln auf und fügte hinzu:
»Natürlich nur Gutes.«
Da sie nicht genau wusste, was für eine Art von Beziehung die
Freundin mit ihm verbunden hatte, musste sie vorsichtig sein. Ein falsches Wort
und es war aus. Malte war ohnehin schon misstrauisch. Vielleicht glaubte er
sogar, dass die Polizei sie geschickt hatte.
»Ich weiß natürlich, dass du mit dem Mord an Heike nichts zu
tun hast. Würde ich mich sonst mit dir treffen?«
Er rückte ein wenig vom Tisch ab und betrachtete sie
eingehend. Log diese Frau oder fand sie ihn tatsächlich attraktiv und traf sich
deswegen mit ihm? Nur weil sie blond war, bedeutete das ja nicht gleich, dass
sie auch dumm und naiv war. Obwohl er gerade das nach ihren letzten Aussagen
und dem leicht dämlich wirkenden Blick, mit welchem sie ihn anschaute, nicht
für ausgeschlossen hielt. Er beschloss, sie auf die Probe zu stellen.
»Die Polizei geht aber davon aus, dass ich etwas mit dem Mord
zu tun habe.«
Er wartete gespannt auf eine Reaktion, aber die Überraschung,
welche sie durch ein knappes »Tatsächlich?« zum Ausdruck brachte, wirkte echt.
Aber er war noch nicht hundertprozentig überzeugt. Zu häufig hatte er sich
schon in einem Menschen getäuscht. Angefangen hatte es bereits bei seiner
Mutter, die ihn mit fünf Jahren in ein Heim gesteckt hatte. Angeblich, weil sie
überfordert war. Später hatte er herausgefunden, dass sie mit einem anderen
Mann Kinder und ein neues Zuhause hatte. Das hatte sie nicht überfordert.
»Und wenn ich sie nun doch umgebracht habe?«
Eigentlich hatte Dirk Thamsen vorgehabt, mit den
Kindern noch ein Eis essen zu gehen, aber wie so häufig hatten seine Kollegen
angerufen und ihn ins Büro zu einer Besprechung gebeten. Angeblich hatte die
Spurensicherung etwas gefunden.
Er versprach Anne, ihr heute Abend etwas über den
Klabautermann zu erzählen, und setzte die Kinder bei seinen Eltern ab.
Er wurde bereits erwartet. Im Osterkoog an einem Zufahrtstor
hatte man durch Zufall rote Lacksplitter gefunden. Ihm fiel sofort der
Kleinwagen ein, den Marlene Schumann erwähnt hatte.
»Und?«
Seine Kollegen zuckten mit den Schultern. Die Splitter waren
noch in der kriminaltechnischen Untersuchung.
»Weitere Spuren?«
Weitere Spuren hatte man bisher nicht gefunden. Die
Spurensicherung hatte ihre Arbeiten jedoch noch nicht abgeschlossen. Allerdings
hatte der Regen sein Übriges getan. Viel Hoffnung auf verwertbare Reifen- oder
Fußspuren bestand nicht.
Sein Blick fiel auf die Phantombildzeichnung und das Foto des
Jungen. Er nahm beides von der Wand. Seine Kollegen schauten ihn fragend an.
»Wir sollten in den umliegenden Ortschaften die Bewohner
befragen. Nicht unwahrscheinlich, dass der Täter ganz aus der Nähe kommt.«
Als Tom und Haie das Restaurant betraten, sahen
sie das ungleiche Paar an einem Tisch am Fenster sitzen. Es war schwer
einzuschätzen, wie das Gespräch verlief. Marlene lächelte und Malte hatte sich
leicht über den Tisch gebeugt und redete.
Sie wählten einen Platz etwas weiter entfernt – auf gar
keinen Fall sollte Malte Verdacht schöpfen – und bestellten einen Pharisäer.
Jetzt lehnte sich auch Marlene ein Stück weiter nach vorn.
Wie sie ihr Gegenüber anhimmelte. Wieder regte sich in Tom dieses merkwürdige
Gefühl. Er musste sich in Erinnerung rufen, dass seine Freundin nur versuchte,
an Informationen über den Mord zu kommen. Sie warf ihr langes blondes Haar
zurück und lachte laut. Sie sah einfach bezaubernd aus. Wenn dieser Malte sich
davon nicht überzeugen ließ, wusste er auch nicht.
Unauffällig holte er aus seiner Jackentasche den Fotoapparat.
Er stellte ihn vor sich auf den Tisch, richtete das Objektiv auf das Fenster
aus. Behutsam drückte er auf den Auslöser. Nur ein leises ›Klick‹ verriet, dass
er fotografiert hatte.
»Du hättest Paparazzo werden sollen«, flüsterte Haie ihm zu.
Plötzlich stand Malte auf und auch Marlene erhob sich von
ihrem Stuhl. Was hatten sie vor? Das war doch gar nicht geplant gewesen. Sie
wollte doch nicht etwa mit ihm mitgehen? Er
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