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Nordmord

Titel: Nordmord Kostenlos Bücher Online Lesen
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sie am Arm.
Seine Finger legten sich wie ein eiserner Ring um ihren Unterarm, er riss sie
zurück.
    »Warum wolltest du dich mit mir treffen?«, schrie er sie an.
    Ihre Kehle war wie zugeschnürt, sie brachte keinen Ton
heraus. Wie versteinert starrte sie ihn an, was ihn noch wütender machte.
    »Ich lass mich nicht verarschen! Nicht von dir und erst recht
nicht von der Polizei!«
    Er stieß ihr mit voller Wucht in die Brust. Einmal, zweimal.
Sie taumelte rückwärts die Böschung hinab. Ein letzter Stoß und sie fiel ins
Wasser. Malte schaute kurz zu, wie sie versuchte, am Ufer Halt zu finden, dann
drehte er sich um und lief zum Wagen.
    Das kalte Wasser raubte
ihr die Kräfte. Krampfhaft hielt sie sich an einem Schilfgewächs fest. Panik
stieg wie eine Welle langsam in ihr auf. Mit aller Kraft bemühte sie sich, den
dunklen Fluten zu entkommen, doch die Strömung und ihre nasse Kleidung machten
es ihr unmöglich, sich aus dem Fluss zu befreien. Plötzlich spürte sie, wie
jemand an ihrer Kleidung zerrte. Sie drehte den Kopf und erkannte Tom, der
versuchte, sie aus dem Wasser zu ziehen. Vor Erleichterung begann sie, zu
schluchzen.
    »Was sollte das? Wieso bist du mit ihm mitgegangen?«, schrie
er sie an, als sie endlich am Fuße der kleinen Böschung lag.
      Sie zuckte zusammen,
erkannte jedoch an seinem Blick, dass Angst der Auslöser seiner heftigen
Reaktion war. Angst und die Sorge, sie zu verlieren. Sie rappelte sich auf,
legte ihre Arme um seinen Hals. Minutenlang harrten sie so aneinander
geklammert aus. Ein Räuspern holte sie in die Realität zurück.
    »Sollten wir nicht nach Hause fahren? Marlene holt sich ja
den Tod.«
    Haie stand in einiger Entfernung und blickte auf sie
herunter. Erst jetzt bemerkte Tom, dass sie zitterte und ihre Zähne
unkontrolliert aufeinanderschlugen. Er zog seine Jacke aus, legte sie um ihre
Schultern und half ihr auf.
    Zu Hause ließ er ihr erst einmal ein heißes Bad
ein und stellte den Wasserkocher an. Er und Haie saßen auf der Eckbank, als sie
in einen Bademantel gehüllt und mit einem Handtuchturban auf dem Kopf die Küche
betrat. Sie nahm sich eine Tasse, brühte einen Tee auf und setzte sich zu
ihnen.
    »Was genau hat er denn nun gesagt?«
    Haie war neugierig. Viel zu lange hatte er schon auf einen
ausführlichen Bericht warten müssen.
    Sie zuckte mit den Schultern.
    »Er war es jedenfalls nicht.«
    Sie schauten sie fragend an. Sie erzählte, dass er gesagt
hatte, die Polizei verdächtige ihn, und dass er deswegen wahrscheinlich eine
höllische Angst habe. Vermutlich hatte er geglaubt, die Polizei habe sie
geschickt. Immer wieder habe er sie gefragt, warum sie ihn hatte treffen
wollen.
    »Glaubt ihr, er hätte mich wie ein Schuljunge ins Wasser
gestoßen, wenn er wirklich der Mörder von Heike wäre?«
    Sie schüttelten die Köpfe.

30
    Dirk Thamsen erwachte vom Klingeln des Telefons.
Noch schlaftrunken drehte er sich um, warf einen flüchtigen Blick auf seinen
Wecker: 6.30 Uhr. Wer in Gottes Namen rief um diese Zeit an? Mit belegter
Stimme nannte er seinen Namen.
    Es war der befreundete Kollege aus Kiel. Die Ergebnisse der
Untersuchung lägen vor.
    »Und?«
    »Keinerlei Übereinstimmung. Der Bursche ist nicht dein
Mörder!«
    Enttäuscht ließ er sich zurück auf das Kopfkissen fallen.
Wäre ja auch zu schön gewesen. Aber es gab nun mal sonst niemanden, der in
Betracht kam. Vielleicht noch der Professor. Der machte auf ihn auch irgendwie
den Eindruck, als habe er etwas zu verbergen. Er stand auf und schlüpfte in
seine Laufschuhe. Draußen war es noch dunkel, doch das machte ihm nichts aus.
Er kannte die Strecke.
    Die kühle Morgenluft tat ihm gut. Er atmete tief durch. In
der Ferne konnte er die ersten Anzeichen des Sonnenaufgangs erahnen. Ganz
langsam vertrieben erste schwache Strahlen die Nacht.
    Er dachte an die Pressekonferenz, die für 10 Uhr anberaumt
war. Sollte er mit dem Phantombild an die Öffentlichkeit gehen? Jetzt, wo
feststand, dass Malte Nielsen nicht der Mörder war – was hatte er für eine
Wahl? Er konnte sogar noch eins draufsetzen und versuchen, den Täter aus der
Reserve zu locken. Wenn er behauptete, dass die Polizei über Beweise verfügte,
die belegten, dass der Mann auf dem Bild Heike Andresens Mörder war, würde er
vielleicht einen Fehler machen. Eine andere Chance gab es nicht. Entschlossen
drehte er um und lief zurück.

     
    Auch Marlene war bereits früh auf den Beinen.
Wider Erwarten

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