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Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Nordwind: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Östlundh
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unterzeichnet.

83
     
    Allmählich erwachte Henrik auf dem Sofa im Wohnzimmer wieder zum Leben. Vorhin war Ellen weich und müde an seiner Seite eingeschlafen. Als er jetzt merkte, dass sie nicht mehr neben ihm lag, setzte er sich ruckartig auf. Er sah sich um, da hörte er ihre Schritte in der Diele.
    Eine Sekunde später machte ihm ein Überbleibsel seines Traums klar, was ihn geweckt hatte. Die Türklingel.
    »Ellen, warte!«
    Er kämpfte sich hoch und war mit drei großen Schritten in der grausam kahlen Diele. Ellen war zwei Meter vor der Tür stehen geblieben. Erschrocken sah sie ihn an.
    »Keine Angst.«
    Obwohl es ihn innerlich vor Sorge fast zerriss, versuchte er seine Stimme so sanft und freundlich wie möglich klingen zu lassen.
    »Komm her.«
    Er streckte die Hand nach ihr aus. Sie tappte mit gesenktem Kopf auf ihn zu.
    »Ich sag doch, du brauchst keine Angst zu haben.« Hastig schielte er zur Tür. »Entschuldige bitte, dass ich so laut gebrüllt habe.«
    Er schob ihr Kinn mit dem Zeigefinger ein wenig an. Ihre Blicke begegneten sich.
    »Komm.«
    Er zog sie mit sich zur Alarmanlage hinter dem Kleiderschrank, klappte die Abdeckung über dem Display hoch und drückte den Knopf für die Kamera an der Haustür.
    »Was machst du da?«, fragte Ellen.
    Das Bild auf dem Schirm sah dem Bild, das die Polizei ihm gezeigt hatte, beklemmend ähnlich. Das war natürlich leicht zu erklären, sagte er sich. Es war mit demselben Kameratyp aufgenommen und im selben System abgespeichert worden.
    Er betrachtete seine Schwester, wie sie unsicher zum Wohnzimmerfenster hinübersah. Sie war da. Sie stand draußen und hatte geklingelt.
    »Ellen.«
    »Ja.«
    »Wenn du in dein Zimmer hinaufgehst, komme ich gleich nach.«
    Ellen weigerte sich.
    »Bitte tu, was ich dir sage. Du kannst doch ein Bild malen oder so.«
    Ellen seufzte.
    »Geh jetzt nach oben. Ich komme gleich.«
    Henrik schob sie in Richtung Treppe. Sie gehorchte, bewegte sich aber betont langsam.
    »Jetzt mach schon«, trieb er sie an.
    Als sie verschwunden war, ging er zur Tür. Die Hand auf dem Knauf, zögerte er. Tat er das Richtige? Vielleicht war es einfacher, so zu tun, als hätte er sie nicht gehört, und zu warten, bis sie wieder ging? Da traf er eine Entscheidung, drehte den Knauf und öffnete die Tür.
    Alma strahlte ihn an. »Hallo!«
    »Hallo«, sagte er sehr viel reservierter.
    Sie bibberte.
    »Es ist doch kälter, als ich dachte.«
    Wollte sie hereinkommen?
    »Es tut mir leid, dass ich einfach so vorbeikomme, aber …«
    Sie schob ihre Hände in die offene Jacke.
    »Schon okay«, sagte er.
    Sie sah freundlich aus, dachte er. Das blonde, leicht gewellte Haar, das offene Gesicht. Irgendwie wirkte sie so unschuldig. Es war seltsam, ihr direkt gegenüberzustehen. Auf der Beerdigung war es anders gewesen. Da waren sie die ganze Zeit von Leuten umgeben gewesen. Nun waren sie alleine.
    »Ich habe etwas mitgebracht.« Sie stieg von der Treppe hinunter.
    »Aha. Was denn?«
    »Du kommst am besten mit.«
    Mit etwas ernsterem Gesichtsausdruck machte sie einige Schritte zurück.
    Zögernd warf Henrik einen Blick in Richtung Treppe.
    »Klar«, sagte er dann. »Ich ziehe mir nur die Schuhe an.«
    Weil es am schnellsten ging, schlüpfte er in die Stiefeletten, die im Kleiderschrank vor dem Badezimmer standen, und zog sich die Jacke über, die er auf einem Küchenstuhl abgelegt hatte. Er trat auf die Treppe hinaus und schloss hinter sich ab.
    Alma sah ihn an und begann, langsam den Hügel hinaufzugehen. »Es ist im Auto.«
    Wie unwirklich ihm das vorkam, so hinter ihr herzugehen. Sie bewegte sich geschmeidig und hatte eine Hand unter die Jacke geschoben, während der andere Arm im Rhythmus ihrer raschen Schritte schlenkerte. Da die Regenwolken sich aufgelöst hatten, wölbte sich nun ein blassblauer, etwas diesiger Himmel über ihnen. Henrik musste husten und hatte das Gefühl, dass das Geräusch sich weit über die einsame Landschaft ausbreitete. Der Wind war kalt, da hatte sie recht.
    Alma drehte sich hin und wieder um und lächelte ihn an. Das letzte Stück bis zur Pforte ging sie rückwärts. Als wollte sie sich die ganze Zeit vergewissern, dass er auch mitkam.
    Sie blieb stehen und hielt ihm das Tor auf, aber er legte die Hand auf das unbehandelte Holz und bedeutete ihr, dass sie zuerst hindurchgehen sollte.
    »Woher wusstest du, dass ich wieder da bin?«, fragte er, leicht außer Atem.
    Sie lachte. »Hier wissen alle alles über jeden.«
    Er versuchte sich

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