Nordwind: Kriminalroman (German Edition)
entschädigen, die nichts vom Hof abbekam«, sagte Klint.
»Das vermute ich jedenfalls.«
»Man kann dazu stehen, wie man möchte, aber die Mutter kann mit dem Erbe der Großmutter machen, was sie will. So ist das eben.«
Klint breitete die Arme aus und ließ das Geld pantomimisch davonflattern. »Ich würde sagen, der Brief reicht nicht aus. Man macht sich vielleicht viele Gedanken über das, was man hinterlässt, und verfolgt die verschiedensten Ziele, aber irgendjemand kann immer behaupten, die betreffende Person habe ihre Meinung vor ihrem Tod geändert.«
»Henrik Kjellander hat also nicht viel in der Hand?«
»Vermutlich nicht. Aber das heißt ja nicht, dass er das Testament nicht anfechten kann. Wenn er Glück hat, jagt er ihnen damit so viel Angst ein, dass sie einen Vergleich vorschlagen.«
Es hatte nicht so ausgesehen, als strebe Elisabet Vogler einen Vergleich an, dachte Sara. Eher im Gegenteil.
Gotlands Hochschule war in einem schönen alten Fabrikgebäude und einem modernen Anbau mit Glasfassade untergebracht, das zur Cramergatan hinausging. Am älteren Teil des Hauses konnte man oben noch immer die Aufschrift von Gotlands Malzfabrik lesen, was mit Sicherheit schon öfter Anlass zu ein paar müden Studentenscherzen gegeben hatte.
Als sie aus dem Auto stiegen, blies Fredrik und Sara eine frische Meeresbrise vom Hamnplan Sand in die Augen. Blinzelnd drehten sie sich zum Almedalen und der Bibliothek um, aus deren Schwingtüren gerade einige Studenten strömten, die ihr Pensum für heute erledigt hatten. Sie blieben eine Weile auf dem Fußweg stehen und unterhielten sich gestikulierend. Wahrscheinlich schmiedeten sie Pläne für den Abend.
Fredrik und Sara betraten die Hochschule durch den käfigartigen Eingangsbereich aus Glas und Metall und fragten an der Rezeption nach Alma Vogler.
Alma arbeitete in der Computerabteilung, die sich im ersten Stock des Fabrikgebäudes befand. Sie war so blond wie Elisabet, hatte aber im Gegensatz zu ihrer Schwester große Ähnlichkeit mit Henrik. Vor allem ihr neugieriger, offener Blick und die freundliche, fast kindliche Gesichtsform erinnerten an ihn. Sie war dreißig und damit laut Einwohnermeldeamt zwei Jahre jünger als ihre Schwester.
»Wir können uns in die Cafeteria setzen. Um diese Zeit sind da bestimmt nicht viele Leute«, schlug sie vor.
Sie gingen eine Treppe hinunter in die Cafeteria, wo sie sofort eine andere Treppe hinaufstiegen, die zu dem Balkon führte, der vor der Glaswand an der Cramergatan schwebte.
Alma hatte sich nicht getäuscht. An den Tischen im Erdgeschoss saßen ein paar Studenten, aber der Balkon war leer.
»Wir möchten in erster Linie wissen, wo Sie am Samstag waren«, sagte Sara, als sie sich hingesetzt hatten.
»Ich habe schon gehört, dass Sie bei meiner Schwester waren, aber ich verstehe nicht ganz, warum Sie das fragen.«
Natürlich, Elisabet war wahrscheinlich zum Telefon gestürzt, sobald sie den Hof verlassen hatten. Sie sahen Alma an und warteten auf ihre Antwort.
»Entschuldigen Sie bitte, ich werde Ihre Frage beantworten. Kurz vor dem Mittagessen bin ich einkaufen gegangen. Ansonsten war ich den ganzen Tag zu Hause. Da können Sie meinen Mann fragen.«
»Sie haben also auf Fårö eingekauft?«
»Ja, bei Nyströms.«
»Waren Sie allein, oder hat Sie jemand begleitet?«
»Ich bin alleine gefahren, das geht normalerweise am schnellsten. Nisse und Marta sind mit Krister zu Hause geblieben.«
»Krister ist Ihr Mann?«
»Ja, das stimmt.«
»Können Sie ungefähr einschätzen, wie lange Sie weg waren?«
»Oh, jetzt wollen Sie es aber genau wissen. Das klingt, als hätte ich jemanden umgebracht«, meinte Alma lächelnd.
»Nein, so ernst ist die Lage nicht«, erwiderte Sara. »Wir wollen nur einige Angaben überprüfen.«
»Na gut, es wird wohl insgesamt etwa eine Stunde gedauert haben. Sie können ja bei Nyströms nachfragen. Die erinnern sich bestimmt daran, dass ich da war.«
»Ja.« Sara schrieb sich das Wichtigste auf.
Alma war das glatte Gegenteil ihrer Schwester. Fröhlich, offen. Sie erweckte zumindest den Eindruck, als hätte sie nichts zu verbergen.
»Haben Sie Ihr ganzes Leben auf Fårö verbracht?«
»Ja, abgesehen von den zwei Jahren, in denen ich auf dem Festland studiert habe.«
»Es kann aber doch für jemanden mit Ihrer Ausbildung nicht viele Stellen hier auf der Insel geben?«
»Eine reicht mir ja auch.« Sie lächelte.
»Das ist klar.«
»Ich weiß, was Sie meinen«, lenkte Alma ein.
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