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Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Nordwind: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Östlundh
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erste halbe Jahr? Woher hatte sie bloß die Kraft genommen?
    Als er kurz darauf nach Visby fuhr, hatte sich der Nebel bereits aufgelöst. Er war im Sonnenschein verdampft.
    Gestern war ein langer Tag gewesen. Sein erster Tag im Außendienst seit zwei Jahren. Nach Fårö und zurück, dann die intensive Arbeit am Computer und am Telefon und anschließend mit dem frisch gekeulten Hecht direkt nach Hause. Trotzdem war er kein bisschen müde gewesen. Im Gegenteil. Wahrscheinlich hatte das Gefühl, wieder ein richtiger Polizist zu sein, ihm einen Kick gegeben.
    Ohne die Landschaft richtig wahrzunehmen, fuhr er in Richtung Norden. Er musste diese Strecke schon gut tausend Mal gefahren sein. Hin und zurück. Hemse, Linde, Lojsta, Hejde, Väte … Was er sah, vermischte sich mit Erinnerungen, die sich wie Doppelbelichtungen überlagerten. Ein schwarzer Kirchturm, ein großes Rettungsboot, das angeblich jemandem gehörte, der die Sintflut erwartete, die geschlossenen Geschäfte, die immer mehr wurden, die tarngrünen Traktoren, die am Straßenrand vor sich hin rosteten, und die Wegweiser zum Tennisplatz, die direkt in den Wald zeigten.
    Nach einer knappen Dreiviertelstunde, die sich manchmal ewig hinzog und an manchen Tagen wie im Flug verging, tauchte das Schild mit der Aufschrift »Visby 8« vor ihm auf. Er war angekommen. Die letzten Kilometer vergingen im Nu.
    Fredrik hatte den Wagen abgestellt und lief nun den Flur im Erdgeschoss des Polizeipräsidiums entlang. Als er um eine Ecke bog, stieß er beinahe mit Eva Karlén zusammen.
    »Oh, hallo«, stieß sie erschrocken hervor und trat einen Schritt zurück.
    Sie fuhr sich nervös über das schulterlange blonde Haar und ließ ein Lächeln aufblitzen, das sie aber sofort wieder glattstrich, als wollte sie es zurücknehmen.
    Seitdem Eva ihrem kurzen Verhältnis vor vier Jahren bei einem Abendessen im Hafenkrug in Herrvik ein Ende gemacht hatte, war ihre Beziehung nur noch streng beruflich. Abgesehen von einem spontanen Zungenkuss vor zwei Jahren an einem Tatort in Levide. Aber das war eine Ausnahme gewesen. Fredrik nahm an, dass solche Dinge vorkommen konnten, wenn eine Kollegin früher die Geliebte gewesen war.
    Als Fredrik vor einem halben Jahr an seinen Arbeitsplatz zurückkehrte, waren seine Gefühle für Eva wie weggeblasen. Die Erinnerungen waren zwar noch da: an leidenschaftliche Begegnungen während einiger elektrisch aufgeladener Frühlingsmonate; an den Krach mit Ninni und die Zeit im Exil in Johans Haus in Nore, wo Eva ein paar Nächte mit ihm verbrachte, bevor sie plötzlich Schluss machte. Aber er fühlte nichts mehr. Sie war jetzt eine ganz normale Kollegin. Das war merkwürdig, fand zumindest sein Kopf, aber da die Gefühle verschwunden waren, zermarterte er sich darüber nicht das Hirn.
    Doch einige Monate später empfand er plötzlich wieder ein starkes Verlangen nach Eva, als er sie im Café sitzen sah. Aus dem Nichts überkam ihn ein heißer Schauer. Noch seltsamer war jedoch, dass sie ihn bei ihrer nächsten Begegnung wieder vollkommen kaltließ. Keine Hitzewelle, keine Begierde. So war es seitdem weitergegangen. Aus, an, aus, an. Natürlich kam er sich ein wenig verrückt vor mit diesen Schwankungen. Als wäre er ein Behälter, in dem die Gefühle kreuz und quer herumschwammen und nur zufällig hin und wieder an die Oberfläche trieben. Er versuchte die Attacken des Begehrens, so gut es ging, zu ignorieren. Eigentlich hatte er seine Ärztin danach fragen wollen, tat es aber nie. Die Hemmschwelle war doch zu hoch. Er hatte den Seitensprung ihr gegenüber nie erwähnt. Vielleicht wäre es bei einem männlichen Arzt leichter gewesen.
    Er schaute Eva an und blickte direkt in diese hellblauen Augen unter den sommerblonden Brauen. In seinem Innern tat sich nichts. Heute war offenbar einer der ruhigen Tage. Seine Gefühle ruhten sich aus.
    »Hast du dir das Foto schon angeschaut?«, fragte er.
    »Ja. Es waren einige Fingerabdrücke drauf, aber ein Treffer war nicht dabei.«
    Er machte ein enttäuschtes Gesicht, obwohl er im Grunde nichts anderes erwartet hatte.
    »Schade, dass sie die Kacke schon weggeschmissen hatten«, grinste sie. »Das wäre die perfekte Spur.«
    »Stimmt«, grinste Fredrik und fragte sich einfältig, was die Kollegen dachten, wenn er sich mit Eva Karlén im Flur amüsierte.
    »Da hatten sie es wohl etwas zu eilig.«
    Eva lächelte. Es war nicht zu bestreiten, dass sie sehr gut aussah, auch aus einem neutralen Blickwinkel betrachtet.
    »Sonst

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