Nordwind: Kriminalroman (German Edition)
Noch gab es keine Gewalttat, aber wenn sich der Abstand verringert, können sich die Drohungen zu realer Gewalt steigern.«
»Tja …« Gustav wandte den Blick nicht von der Fahrbahn ab.
Er war wirklich ungewöhnlich still.
»Henrik Kjellander hat gesagt, dass sie Überwachungskameras im Haus installieren wollen«, fügte Fredrik hinzu. »Das ist ja gut.«
Sara nickte.
»Hoffen wir, dass ich mich irre, aber ich glaube, die Gefahr ist groß, dass diese Person zurückkommt und der Familie auf die eine oder andere Weise das Leben schwermacht. Wahrscheinlich wenn sie schlafen oder außer Haus sind. Sie müssen unbedingt dafür sorgen, dass die Kamerabilder gespeichert werden.« Er zog seinen Notizblock aus der Tasche. »Ich muss sie deswegen anrufen.«
Sie fuhren weiter. Lang gezogene müde Steinwälle schlängelten sich durch die Landschaft und trennten Weideland von Wald und Äckern. Sie sahen wie versteinerte Drachen aus alten Märchen aus.
»Bis jetzt deutet alles darauf hin, dass ihnen jemand Angst einjagen will«, sagte Sara.
»Die Einzigen, die so etwas wie ein Motiv haben, sind doch diese Schwestern«, meinte Fredrik.
Sara drehte sich zu ihm um. »Aber falls es Elisabet war, geht sie ein wahnsinniges Risiko ein, erkannt zu werden. In einem Prozess wird zwar eventuell infrage gestellt, ob eine Gegenüberstellung mit Ellen überhaupt sinnvoll ist, aber darauf kann man sich nicht verlassen.«
»Das stimmt. Man muss leicht verrückt sein, um dieses Risiko in Kauf zu nehmen.«
Gustav murmelte etwas in seinen Bart und überholte auf einer Strecke mit freier Sicht den Wagen vor ihnen.
Elisabets Alibi mussten sie ohnehin überprüfen. Alma stand schon nicht mehr unter Verdacht. Sie hatte mit einer Kollegin zu Mittag gegessen, während Ellen aus der Schule verschwunden war.
»Ich werde noch mal bei Gotlandsreisen anrufen«, sagte Fredrik. »Auch wenn der letzte Mieter das Haus unter falschem Namen gebucht hat, muss er irgendwelche Spuren hinterlassen haben.«
»Denkst du dabei an die IP-Adresse?«, fragte Sara.
»Ja. Derjenige, der die Buchung getätigt hat, muss ja an irgendeinem Computer gesessen haben.«
Gustav stellte den Wagen direkt auf dem Hof vor den beiden großen Ahornbäumen und der Maueröffnung ab. Alle drei stiegen aus. Eine unbeabsichtigte Demonstration von Stärke. Sara und Fredrik gingen auf das Haus zu, während Gustav zur Schmalseite der Scheune hinüberging, wo unter einem Vordach drei Autos parkten. Ein grüner Pick-up, ein silberfarbener Volvo und ein weißer Peugeot. Gustav legte die Hand auf die Motorhaube des weißen Fahrzeugs.
»Kalt«, sagte er leise, als er zu den anderen stieß. »Aber sie hatte mindestens eine Stunde Vorsprung.«
Sara machte sich mithilfe des Türklopfers bemerkbar. Neben der Treppe, wo bei ihrem letzten Besuch ein Paar rote Gummistiefel gelegen hatte, stand nun ein gelber Plastikeimer voller Tannenzapfen.
Das Schloss klickte, und die Tür wurde geöffnet.
»Oh, was für eine Gefolgschaft.« Elisabet Vogler trat auf die Treppe.
Höflich gab sie Gustav, den sie noch nicht kannte, die Hand.
»Worum geht es denn diesmal?«
Obwohl sie Fredrik ansah, bekam sie die Antwort von Sara.
»Wir müssen Ihnen noch ein paar Fragen stellen.«
Elisabet Vogler nickte mit einem steifen Lächeln, sagte aber nichts weiter.
»Wo waren Sie heute zwischen halb zwölf und halb eins?«
»Da habe ich mit meinem Mann zu Mittag gegessen.«
Sara wollte noch eine Frage stellen, aber Elisabet Vogler kam ihr zuvor: »Hier im Haus.«
»Was gab es denn zu essen?«, fragte Fredrik.
Elisabet Vogler machte ein erstauntes Gesicht. »Ist das Ihr Ernst?«
»Dass ich wissen möchte, was Sie zu Mittag gegessen haben? Ja.«
»Was ist das hier eigentlich?«
Lächelnd versuchte Elisabet Vogler zuerst mit Sara und dann mit Gustav Augenkontakt aufzunehmen, erntete aber keinerlei Anzeichen von Sympathie.
»Da es um ein schwerwiegendes Verbrechen geht, muss ich Sie bitten, die Frage zu beantworten«, erklärte Fredrik.
»Selbstverständlich«, erwiderte sie mit übertriebener Bereitwilligkeit. »Wir haben Dorsch mit Dillsauce und Kartoffeln gegessen. Sie dürfen gerne hereinkommen und in unseren Mülleimer gucken. Es sind ein paar Reste übriggeblieben, die ich den Hühnern geben will.«
»Blöde Kuh«, dachte Fredrik, »wir sollten sie mit nach Visby nehmen.«
26
Malin saß zwischen Ellen und Axel in Ellens Bett und las ihnen eines ihrer Lieblingsbücher vor, Spaß im Wasser . Es
Weitere Kostenlose Bücher