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Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Nordwind: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Östlundh
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sondern mehr wie ein helles Orange, aber man sagt rotblond dazu.«
    Malin lächelte ihre Tochter an. Ellen war ein Stück nach vorn gerutscht und ließ die Beine über die Bettkante baumeln.
    »Sie hatte keine roten Haare.«
    »Verstehe, aber das habe ich auch nicht gemeint. Wenn jemand rote Haare hat, sieht man das ja sofort. Aber manche Leute …«
    Malin hielt inne, als Ellen aufstand und zum Sekretär hinüberging, wo sich ihr Bruder mit einem Wachsmalstift bewaffnet über ein Blatt Papier beugte. Vermutlich malte er Ture und die Haie. Ellen stand regungslos da und verfolgte seine Handbewegungen.
    Malin beschloss, dass es im Moment keinen Sinn hatte, ihr noch mehr Fragen zu stellen. Sie würde sich an den Rat der Polizei halten und einen geeigneten Zeitpunkt abpassen. Endlos würde sie allerdings nicht warten können. Die Lage war ernst. Sie mussten herausfinden, was Ellen wusste.
    Fünf Minuten später saß das Mädchen auf einem Hocker neben ihrem Bruder und malte ebenfalls ein Bild. Es reizte Malin, einen Blick auf das Blatt zu werfen, aber sie ließ das Kind lieber in Ruhe. Sie konnte sich die Zeichnungen ja später ansehen. Sowohl die zerknüllten als auch diejenigen, die stolz präsentiert wurden.

27
     
    Auch auf dem Rückweg nach Visby war Gustav nicht gerade gesprächig. Sie stellten das Auto in die Garage, und Sara eilte in ihr Büro.
    »Ist was?«, wollte Fredrik von seinem Kollegen wissen.
    »Nichts Besonderes«, erwiderte Gustav hastig.
    Als sie oben in der Kripo ankamen, ging Gustav schnell in sein Zimmer und ließ sich schwerfällig auf seinen Schreibtischstuhl sacken. Fredrik blieb in der Tür stehen.
    »Ich wundere mich nur. Du hast heute fast keinen Piep gesagt.«
    Gustav sah überrascht aus, als er Fredrik in der Tür stehen sah.
    »Manchmal hat man eben andere Dinge im Kopf. Das ist doch normal«, brummte er.
    »Klar«, erwiderte Fredrik.
    Er klopfte unbeholfen gehen den Türrahmen und wandte sich um, als er hinter sich einen schweren Seufzer hörte – zu demonstrativ, um bedeutungslos zu sein. Vielleicht sollte er doch dableiben? Langsam drehte er sich um, war aber darauf gefasst, sofort zu gehen, falls er den Seufzer falsch interpretiert hatte.
    Gustav betrachtete seine rechte Hand, ballte sie zur Faust und spreizte die Finger.
    »Es ist wegen Lena.«
    »Lena?«, fragte Fredrik.
    »Ja.« Leiser, fast abwesend fuhr Gustav fort: »Sie hat seltsame Symptome.«
    Fredrik betrat den Raum und machte die Tür hinter sich zu. »Seltsame Symptome. Das hört sich nicht gut an.«
    Er hatte das Gefühl, sich ungeschickt auszudrücken, aber irgendetwas musste er schließlich sagen.
    »Ja«, sagte Gustav. »Sie hatte so ein komisches Stechen und ein Taubheitsgefühl im Bein, und sie fühlt sich …« Er hielt inne, um zu schlucken. »Das geht schon eine ganze Weile so. Sie hat ja keine Schmerzen oder so, und sie … Du weißt doch, wie das ist. Man denkt sich, das geht wieder weg. Aber diesmal ging es wochenlang so. Dieses Stechen und das Taubheitsgefühl, ein komisches Kribbeln in den Beinen. Außerdem ist sie plötzlich immer so müde. Da hat sie bei ihrer Schwester angerufen, die ist Krankenschwester.«
    Gustav blickte aus dem Fenster zum Dach des Polizeigebäudes hinüber, als wollte er sich vergewissern, dass niemand aus der U-Haft ausbrach.
    »Sie fing an zu weinen«, fuhr er fort. »Ihre Schwester, meine ich. Als Lena ihr davon erzählte, fing sie an zu weinen.«
    Fredrik durchfuhr ein eisiger Schauer. Gustav hatte noch gar nicht erwähnt, an welcher Krankheit Lena möglicherweise litt, aber er hatte eine Ahnung. Parkinson, MS, ALS.
    »Das war also ausgesprochen erfreulich«, sagte Gustav.
    Fredrik brummte nur.
    »Es wird MS vermutet.«
    »Wisst ihr das schon genau?«
    »Sie haben einige Tests gemacht. Offenbar ist es nicht ganz einfach, eine Diagnose zu stellen.«
    »Aber sicher seid ihr euch nicht? Es könnte sich immer noch herausstellen, dass sie vollkommen gesund ist?«
    »Ja, aber nach dem Weinkrampf ihrer Schwester ist die Stimmung ziemlich am Boden, wie du dir vorstellen kannst.«
    »Ja.«
    Fredrik suchte verzweifelt nach Worten, aber je mehr er sich bemühte, desto blockierter war er. Während der achtzehn Monate, in denen er nicht im Präsidium gewesen war, hatte Gustav ihn von allen Kollegen am meisten unterstützt. Zwar nicht unbedingt verbal, aber indem er ihn besuchte. Mindestens einmal in der Woche war er bei ihm vorbeigekommen, wenn er etwas in der Gegend zu erledigen hatte. An

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