Nordwind: Kriminalroman (German Edition)
sein.«
»Nein, soweit ich mich erinnern kann, war ich wohl alleine. Vielleicht ist ein Spaziergänger vorbeigekommen.«
»Jemand, den Sie kennen?«
»Nein.«
Niemand konnte bestätigen, dass sie wirklich dort gewesen war, dachte Fredrik. »Waren Sie am Strand von Fårösund?«
»Nein, in Valleviken.«
»Ah ja. Das ist ein ganzes Stück zu fahren.«
»So weit nun auch wieder nicht«, sagte Stina. »Außerdem hatte ich ja frei.«
»Und den Rest des Tages?«
»Viel habe ich nicht gemacht. Ich glaube, ich war auf dem Rückweg einkaufen, und nachdem ich mir etwas zu essen gemacht hatte, habe ich weitergelesen. Ich hatte ein Buch, das ich kaum weglegen konnte.«
»Welches Buch war das?«
»Wie bitte?«
Warum beantwortete sie seine Frage nicht? Brauchte sie die Zeit, um sich einen Titel einfallen zu lassen?
»Sie sagten, Sie hätten es kaum weglegen können. Dann müssen Sie doch noch wissen, welches Buch es gewesen ist.«
»Es war Die Eisprinzessin schläft von Camilla Läckberg«, antwortete sie knapp.
Da ganz Schweden dieses Buch gelesen hatte, sagte sie möglicherweise die Wahrheit, aber gerade deshalb war es nicht besonders überzeugend. Sollte er sie nach der Handlung fragen? Nein, schließlich hatte sie es vielleicht im Zug nach Uppsala gelesen. Ihr »Wie bitte?« war viel aussagekräftiger als eine Inhaltsangabe des Buchs. Er ließ den Gedanken wieder fallen.
»Aber auf dem Heimweg vom Strand waren Sie einkaufen. Oder sind Sie sich da nicht sicher?«
»Doch, ich war einkaufen.«
Stina musste husten und schielte zu der verspiegelten Scheibe, hinter der sich das Nebenzimmer befand.
»Ist da jemand drin?« Sie deutete mit dem Kopf in die Richtung.
»Nein«, antwortete Fredrik wahrheitsgemäß.
Stina seufzte leise und sah ihm kurz in die Augen, bevor sie den Blick wieder abwandte. Fredrik fuhr mit dem Verhör fort.
»Wo haben Sie eingekauft?«
»In der Bungehallen.«
»Haben Sie bar oder mit Karte bezahlt?«
»Äh … bar, glaube ich.«
»Sie haben also den gesamten Donnerstag alleine verbracht?«
»Ja.«
»Wie war es am Freitag? Haben Sie da jemanden getroffen?«
»Nein, nicht direkt. Mag sein, dass ich jemanden auf der Straße gegrüßt habe. Am Samstag war ich zum Kaffee bei einer Freundin.«
»Waren Sie schon mal in Uppsala?«
Sie schwieg einen Augenblick, doch dann schüttelte sie den Kopf. »Nein.«
»Kennen Sie dort jemanden? Wohnen dort Freunde oder Verwandte von Ihnen?«
»Nein. Ich kenne vielleicht Leute, die dort studiert haben, aber niemanden, der noch dort wohnt.«
»Vielleicht oder tatsächlich?«
»Ich kenne welche.«
»Würden Sie mir ihre Namen sagen?«
Stina nannte Fredrik die Namen und Adressen, und er schrieb sie auf. Ihrem Tonfall war zu entnehmen, dass sie das Ganze ein wenig albern fand. Während Fredrik die letzte Adresse notierte, ergab sich eine kurze Pause. Der Kugelschreiber scharrte leise übers Papier.
»Darf ich nach Hause, wenn das hier vorbei ist?«, fragte Stina.
Plötzlich klang sie ängstlich.
»Sie wissen, dass Sie vorläufig festgenommen sind, Stina. Hat Göran Eide Ihnen erklärt, was das heißt?«
Ihre Augen wurden feucht, und sie musste sie zusammenkneifen. »Ja, ja.«
»Ich bin jedenfalls bald fertig mit der Vernehmung.« Er lächelte sie an. Dann griff er nach den Ausdrucken, die er mitgebracht hatte, und breitete sie auf dem Tisch aus.
»Das ist von Malin Anderssons Kochblog und Henrik Kjellanders Webseite.«
Zusammen mit den Ausschnitten aus Gotlands Allehanda und Elle Decoration schob er ihr noch ein Blatt hinüber.
»Und das hier ist von Gotlandsreisen. Es ist die Seite, auf der Kjellanders Haus präsentiert wird. Der Artikel aus Gotlands Allehanda ist im August erschienen. Wir haben das alles bei Ihnen gefunden.«
Fredrik verstummte und wartete ihre Reaktion ab. Stina schwieg. Ihr Blick wanderte langsam von einem Blatt zum nächsten.
»Sie haben einiges an Material über Malin und Henrik gesammelt.«
Stina schluckte.
»Haben Sie viel an Henrik gedacht und sich gefragt, wie es ihm mit Malin und seiner Familie auf Fårö so ging?«
Stina betrachtete die Seiten, als sähe sie sie zum ersten Mal.
»War es so?«, versuchte Fredrik es noch einmal. »Was denken Sie denn darüber?« Er deutete mit dem Kinn auf die Bilder.
Stina Hansson beugte sich über den Tisch und verbarg das Gesicht in den Händen, als wollte sie nichts mehr sehen.
Roger Lindell warf Fredrik einen Blick zu, bevor er sich an seine Klientin wandte. »Stina?
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