Nordwind: Kriminalroman (German Edition)
einigem Hin und Her hatte er schließlich jemanden am Apparat, der für den Internetauftritt zuständig war. Rasch legte er sein Anliegen dar und wurde erneut verbunden. Während er wartete, musste er eine süßliche Melodieschleife ertragen.
Als sie verklang, meldete sich Anna Jones, die mit leichtem britischem Akzent sprach. Noch einmal erklärte er, worum es ging.
»Stimmt«, sagte sie, »Kommentare, die extrem unfreundlich sind oder nichts mit dem Inhalt der Seite zu tun haben, sortieren wir sofort aus.«
»Sie werden also überhaupt nicht veröffentlicht?«, fragte Fredrik.
»Nein. Die bekommen nur ich und ein Kollege aus der Redaktion zu Gesicht. Nichts gelangt ohne unsere Genehmigung auf die Webseite.«
»Speichern Sie die nicht genehmigten Kommentare irgendwo? Ich würde mir gern alles ansehen, was im Laufe des letzten Jahres aussortiert worden ist.«
»Oh, das dürfte eine ganze Menge sein.«
»Ach? Kommt das auf Malins Seite oft vor?«
»Na ja, nicht nur auf ihrer. Das Netz ist voll von diesem Zeug. Unfreundliche Kommentare sind noch das Harmloseste. Aber das ist eben der Witz an der Sache.«
»Okay, komme ich da irgendwie ran?«
»Klar, kein Problem. Normalerweise werden sie nicht einmal gelöscht, sondern nur nicht veröffentlicht. Ich muss sie aber erst zusammenzusuchen. Geben Sie mir Ihre E-Mail-Adresse?«
Fredrik nannte seine Adresse und bedankte sich für die Hilfe. Nachdem er aufgelegt hatte, warf er einen Blick auf die Uhr. Vor der Vernehmung von Henrik Kjellander hatte er noch genügend Zeit, um Göran auf den neuesten Stand zu bringen.
»Deine Idee mit Coop ist gut«, sagte Göran. »Stina Hansson war schließlich eine treue Leserin von ›Malins Essen‹.«
Er stand auf, streckte seinen Rücken und sprach im Gehen weiter. »Gleichzeitig stört mich etwas daran. Es ist über fünfzehn Jahre her, dass Henrik Kjellander sich von ihr getrennt hat. Ehrlich gesagt …«
Vor dem kühlschrankartigen Tresor in der Ecke blieb Göran stehen. Er drehte sich um und sah Fredrik an.
»Ich stimme dir zu«, erklärte der.
»Sofern die beiden nicht …«, begann Göran.
»Wieder was miteinander angefangen haben?«, beendete Fredrik den Satz.
»Genau.«
Eifrig machte Göran einen Schritt nach vorn. »Im Frühling oder vielleicht als Henrik zurückkam. Eine kleine Affäre nebenher. In Stina erwachen starke Gefühle, aber für Henrik ist es nur ein Seitensprung.«
»Das ist ein guter Gedanke.«
»Quetsch ihn aus. Untreue verschweigen die Leute oft ziemlich ausdauernd, aber in diesem Fall … Wenn du Stina Hansson als mögliche Täterin darstellst, wird er wohl reden, wenn es dazu etwas zu sagen gibt.«
»Kriegen wir einen Haftbefehl?«
»Peter scheint sich seiner Sache ziemlich sicher zu sein. Wir haben jede Menge Indizien, und wenn man sich den Verlauf des Verbrechens ansieht, diese Steigerung von der Drohung zum Mord, könnte man sich im schlimmsten Fall vorstellen, dass die Täterin einen weiteren Mord begeht.«
»Das ist doch ein Zirkelschluss: Man muss erst schuldig sein, um als gefährlich eingestuft zu werden.«
»Du hast recht, aber Peter geht davon aus, dass der Richter darüber in diesem Fall hinwegsieht.«
»Du klingst nicht überzeugt.«
»Na ja«, sagte Göran, »ich stelle nur fest, dass diese Konstruktion zusammenbrechen kann, und wenn das passiert, stehen wir im Grunde mit leeren Händen da.«
»Stimmt.«
»Wir dürfen uns nicht auf Stina Hansson einschießen. Quetsch Kjellander über sie aus, aber wir müssen auch so viel wie möglich über ihn und Malin herausfinden. Geh in die Tiefe und in die Breite. Möglicherweise haben er und wir etwas übersehen.«
Fredrik hatte sich für den größeren Raum am Ende des Kripoflurs entschieden, weil er nicht so ungemütlich war wie der kleine neben der Rezeption. Ursprünglich hatte er beabsichtigt, die Vernehmung im Hotel durchzuführen, aber Henrik selbst wollte lieber ins Präsidium kommen.
Henrik sah bleich und verbissen aus, sein Gesicht war vor Schlafmangel aufgedunsen. In seinem strähnigen Haar klebten alte Haarwachsreste.
»Wie geht es Ellen?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Henrik leise. Er senkte den Blick.
»Ich kann verstehen, dass es Ihnen im Moment nicht leichtfällt, Fragen zu beantworten«, sagte Fredrik. »Ich werde mich bemühen, die Sache nicht unnötig auszudehnen.«
Henrik hob den Kopf und sah Fredrik an. »Danke.«
»Dies ist mit Sicherheit nicht die letzte Vernehmung, aber momentan habe ich nur
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