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Nosferas

Nosferas

Titel: Nosferas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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meine arme Seele laden.« Er sprach noch immer in leichtem Ton, aber Latona spürte, dass auch er angespannt war. »Vielleicht kommen sie alle nach Rom, um sich zu vereinen und gemeinsam gegen die Menschen vorzugehen.«
    »Meinst du wirklich?« Ihre Stimme zitterte. »Sehr angriffslustig wirken sie nicht. Findest du, sie sehen gefährlich aus?«
    Carmelo schüttelte den Kopf. »Nein, aber sie sind gefährlich! Und deshalb werde ich weiterhin zu dieser Maskerade gehen und dem Kardinal helfen, auch wenn er mir im Moment von all diesen Raubtieren als das tödlichste erscheint.«
    »Wenn du meinst, dass das das Richtige ist, Onkel Carmelo«, würgte Latona hervor und sah wieder zu der Loge hinüber, in der Malcolm saß, doch der schien gebannt vom Spiel auf der Bühne.
    Carmelo umschloss hart den Arm seiner Nichte. »Ich möchte, dass du während der Pause hier bleibst! Und wenn wir gehen, wirst du stets an meiner Seite sein. Alles andere wäre zu riskant!«
    Sie nickte, erleichtert und zugleich enttäuscht und traurig.
     
    In der Pause strömte das Publikum ins Foyer und das große Treppenhaus. Es wurde Champagner ausgeschenkt und man reichte erlesene Häppchen auf feinem Porzellan - zumindest für die Besucher der teuren Logen. Das einfache Volk blieb unten unter sich.
    Anna Christina stand oben auf der Treppe und sah sich mit gelangweiltem Blick um. »Es ist erbärmlich provinziell. So schlicht und kalt mit diesem grauweißen Marmor.« Marie Luise stimmte ihr wie üblich zu, obwohl sie vermutlich nicht einmal genau wusste, wovon ihre ältere Cousine sprach.
    »Wien hat einfach eine andere Klasse. Ich frage mich, warum wir uns dieses Vorstadtspektakel antun müssen.«
    »Ich kann dieses Gesinge sowieso nicht ertragen«, brummte Karl Philipp. »Ich weiß nicht, warum die Frauen immer in den höchsten Tönen herumkreischen müssen.«
    »Das, bester Vetter, nennt man einen Sopran!«, sagte Franz Leopold ärgerlich. »Und sie ist wirklich gut!«
    Er stellte das unberührte Champagnerglas ab, das ihm einer der menschlichen Bediensteten in die Hand gedrückt hatte, und stürmte die Treppe hinunter. Er war wütend. Es war besser, sich zornig zu fühlen als hilflos, denn auch wenn er versuchte, es vor sich selbst nicht zuzugeben, wusste er, dass Menschenansammlungen ihn verunsicherten. Es war wie ein leichter Schwindel und es wurde mit jedem Mal schlimmer. Er konnte ja nicht behaupten, dies sei sein erstes gesellschaftliches Ereignis, und zu Beginn war es auch ganz anders gewesen. Es war eher diese prickelnde Erregung, die das Blut in Wallung bringt. Eine Vorfreude, die sich von Mal zu Mal steigerte, bis - ja, bis er gegen die Regel verstieß, der junge Vampire zu gehorchen hatten.
    Von Unruhe getrieben, strich Franz Leopold durch die Gänge. Die Gesichter verschwammen vor seinen Augen, die Gespräche wurden zu einem Rauschen. Kleider tauchten wie verwischte Farbkleckse auf und verschwanden wieder. Bis auf eines. Plötzlich wurde Franz Leopold bewusst, dass er schon eine ganze Weile einem bestimmten rosafarbenen Kleid folgte, in dem ein junges blondes Mädchen steckte. Sie strebte auf die Tür der Räume zu, zu denen nur Damen Zutritt hatten, um sich frisch zu machen oder eine Örtlichkeit aufzusuchen, die nur Menschen benötigten. Die Tür schloss sich lautlos hinter ihr. Für einige Augenblicke blieb Franz Leopold davor stehen. Es hatte bereits zum dritten Mal geläutet. Die Aufführung ging weiter. Er sollte in seine Loge zurückkehren. Die Tür öffnete sich und entließ drei junge Damen. Das Mädchen im rosafarbenen Kleid war nicht dabei. Franz Leopold verbeugte sich und ließ sie passieren. Kichernd eilten sie den Gang entlang. Nun war sie alleine dort drin. Er wusste es, auch wenn er nicht sagen konnte, warum.
    Die anderen würden ihn vermissen und nach ihm suchen, und wenn sie ihn hier fanden, dann würde er Ärger bekommen. Verdammt großen Ärger! Franz Leopold leckte sich über die Lippen. Er drückte die Klinke hinunter und trat in den von Kerzenleuchtern erhellten Raum. Das Mädchen saß in einem Sessel vor dem Spiegel, eine Puderquaste in der Hand. Ihre Augen waren rot gerändert. Hatte sie geweint? Als sie die Tür hörte, drehte sie sich um und starrte Franz Leopold an.
    »Verzeiht Signor, dieser Raum ist nur für Damen. Ihr müsst das Schild an der Tür übersehen haben!«
    Franz Leopold verneigte sich tief. »Nein, Signorina, das habe ich nicht.«
     
    »Er ist nicht zurückgekommen«, sagte Ivy. Sie klang

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