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Nosferas

Nosferas

Titel: Nosferas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Vielleicht wird er dir die Räume zeigen und dir sagen, in welchen Büchern du lesen darfst - wenn du ihn in guter Stimmung erwischst!«
    »Ich danke Euch! Ich lasse ihn sofort zu Euch schicken«, rief Alisa und eilte davon.
     

DIE KATAKOMBEN
    Der Mann trug ein blutrotes Gewand, das ihm bis zu den Füßen reichte. Ein schweres goldenes Kreuz ruhte auf seiner Brust. Er lehnte sich in seinem prächtigen, aber höchst unbequemen Lehnstuhl zurück und verschränkte die Finger vor dem mageren Leib. Ein riesiger Rubin blitzte im Fackelschein.
    »Ich hätte noch weiter gewartet«, versicherte die Frau und nickte bekräftigend, dass ihr Schleier raschelte. »Doch da kamen diese drei Gestalten, von denen ich nicht wusste, was sie zu dieser Zeit an einem solch abgelegenen Ort zu suchen hatten. Und der riesige Hund, den sie mit sich führten, fast wie ein Wolf! Er hätte mich aufgespürt. Ich konnte nicht anders, Eminenz, und er war ja auch schon viel zu spät dran!«
    Der Kardinal hob die Hände, um ihren Redefluss zu unterbrechen. »Ich habe es verstanden, Schwester Nicola. Ich werde Ihnen eine Nachricht zukommen lassen, wenn ich Ihre Hilfe brauche. Gehen Sie jetzt!«
    Er wartete, bis ihre trippelnden Schritte verklungen waren. Dann warf er sich einen langen schwarzen Umhang über und zog sich einen breitkrempigen Hut bis tief in die Stirn. Er winkte eine Droschke heran, die ihn in schneller Fahrt über die Brücke und dann am Tiberufer entlang nach Süden brachte. Am kleinen runden Herkulestempel ließ er den Kutscher anhalten, bezahlte die geforderten Münzen und stieg aus. Den Rest des Weges legte er zu Fuß zurück. Vor ihm schlug die Glocke von Santa Maria in Cosmedin. Er war noch nicht zu spät. Er würde vor den anderen da sein, wie es seine Art war.
    Der Kardinal passierte die Kirche und strebte auf das lang gestreckte Oval zu, das einst der Circus Maximus gewesen war, wo  unter zahlreichen römischen Kaisern Wagenrennen und athletische Wettkämpfe stattgefunden hatten. Heute war es nur noch eine von Unkraut überwucherte Vertiefung. Verschwunden waren die Sitzreihen, die Kaiserloge und die Obelisken. Und doch gab es hier noch etwas aus der Zeit der großen Rennen. Etwas Verborgenes, das längst vergessen war und diesen Ort für den Kardinal so wertvoll machte. Er bog nach links in die Gasse zwischen dem Circus und einem länglichen Gebäude ein, das seit Langem nicht mehr bewohnt war. Das Dach war eingestürzt und zwischen den bröckelnden Mauern wuchsen Brennnesseln und dornige Büsche. Efeu rankte sich an den Mauersteinen empor und reckte sich durch die leeren Fensteröffnungen. Der Kardinal trat durch den steinernen Bogen, dessen Torflügel zerbrochen waren, in einen Hof und strebte auf die verborgene Treppe zu, die hinab in die Tiefe führte. Er folgte den ausgetretenen Stufen bis zum Grund. Ein grimmiges Lächeln huschte über sein hageres Gesicht, als er an den berühmten »Mund der Wahrheit« dachte, das Relief in der Vorhalle der Kirche, nur wenige Schritte entfernt auf der anderen Seite dieses Häuserblocks. Die Legende erzählte, wenn man seine Hand in die Mundöffnung legte, dann würde sie einem abgebissen, sollte man nicht die Wahrheit sagen.
    Vielleicht, dachte der Kardinal, sollten wir unsere Versammlungen lieber dort oben abhalten, und jeder der Zirkelteilnehmer müsste seine Hand in die Bocca della Verità legen, während er seinen Bericht abliefert. - Natürlich alle außer dem Kardinal selbst. Schließlich war er ihr Oberhaupt und hatte den Zirkel ins Leben gerufen. Und er war ihnen keinerlei Rechenschaft über seine Ziele und seine Vorgehensweise schuldig!
    Der Kardinal entzündete mehrere Lampen in den Vorräumen. Ein Schauder rann ihm über den Rücken, als er seinen Mantel ablegte. Wieder einmal fragte er sich, ob dies nur an der Kühle der unterirdischen Räume lag oder ob es in dieser alten Kultstätte des Mithras noch etwas anderes gab als feuchte Steine und Schatten. Der ursprünglich persische Kult war über das ganze römische  Reich verbreitet gewesen, bevor sich das Christentum hier niederließ, und schon damals hatte ihn der Hauch des Geheimnisvollen und Mystischen umweht. Die Mithräen waren stets unterirdisch erbaut worden und jedes neue Mitglied hatte sich bei seinem Eintritt zu strengem Stillschweigen verpflichten müssen. Hätte es einen passenderen Ort für den Zirkel der roten Masken gegeben?
    Schritte und Stimmen auf der Treppe. Die anderen Mitglieder nahten. Rasch zog der

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