Nosferas
sagte sie langsam.
»Ich werde Stillschweigen bewahren.« In seiner Stimme war kein Spott zu erkennen.
»Ich gehöre zu einer geheimen Organisation. Dem Zirkel der roten Masken.« Sie sah zu ihm hoch.
Er nickte noch immer ernst. »So etwas kam mir in den Sinn. Und was ist das für eine Organisation?«
»Wir beschützen die Menschen Roms vor dem Bösen!« Nun wanderten seine Augenbrauen ein wenig nach oben. So recht glaubte er ihr wohl nicht.
»Es ist wahr! Während die Menschen schlafen, kämpfen wir gegen böse Mächte. Wir riskieren unser Leben und unsere Seelen!«
»Wie das?«, fragte er erstaunt. »Was sind das für Dämonen, gegen die ihr antretet?«
Latona holte tief Luft und sagte nur das eine Wort: »Vampire!«
Malcolm schwieg. Noch immer sah er sie unverwandt an. Er schien jetzt sogar noch aufmerksamer. »Vampire«, wiederholte er nach einer Weile leise.
»Vampire!«, bestätigte Latona ein wenig schärfer, als sie es beabsichtigt hatte. »Du glaubst wohl nicht an sie? Aber ich versichere dir, sie existieren! Und mein Onkel ist ein berühmter Vampirjäger, dem ich schon seit Jahren als seine Assistentin zur Hand gehe.«
»Ich glaube durchaus an Vampire.« Er beugte sich nach vorn und kam näher. Plötzlich fror sie und die Angst kehrte zurück. Rasch rutschte sie von dem Steinblock, noch ehe er sie berührt hatte.
»Ich muss wieder los. Du hast nicht zufällig meine rote Maske gefunden? Ich habe sie verloren, als ich vor dir weggelaufen bin.« Sie schämte sich ein wenig, das eingestehen zu müssen.
»Ich weiß. Ich habe sie gesehen - und ich habe sie mitgenommen.«
»Dann hast du sie noch?« Erleichterung durchflutete Latona. Sie würde die Maske ihrem Oheim zurückgeben können. »Bitte gib sie mir!«
»Ich habe sie nicht bei mir.«
»Das macht nichts«, sagte sie eifrig. »Ich komme mit dir, dann kannst du sie mir geben, oder du sagst mir, wo du wohnst, dann hole ich sie am Nachmittag ab.«
Malcolm schüttelte den Kopf. »Nein, so einfach geht das nicht. Ich habe eine andere Idee. Du kommst morgen Nacht um diese Zeit wieder hierher, dann übergebe ich sie dir.«
Latona wich ein Stück zurück. »Was denkst du? Ich kann nicht jede Nacht weg.«
»Dann komm, sobald du kannst. Ich werde dich schon finden. Und überlege dir, was du mir zur Belohnung geben möchtest!«
»Was?« Die warnende Stimme in ihrem Kopf wurde lauter.
Er sprang auf und stand nun viel zu nahe vor ihr. Er hob die Hand und strich zart über ihre Wange. Latona wusste nicht, ob es Eis oder Feuer war, das durch ihren Körper fuhr. Sie konnte gar nicht anders, als ihm in die Augen zu sehen. Es war, als würde die Welt um sie im Nebel versinken und nur sie beide allein zurücklassen.
»Einen Kuss?«, bot sie an, obwohl sie das gar nicht hatte sagen wollen.
Malcolm lächelte. »Ja, das ist ein gutes Angebot. Ich nehme es an. Deine Maske gegen einen Kuss.« Seine Fingerspitzen bebten an ihrer Haut, während sie bis zu ihrem Hals herabglitten. Dann zog er die Hand hastig zurück und trat zwei Schritte von ihr weg. Er schien seinen Atem nur mühsam kontrollieren zu können, doch seine Stimme klang wie immer, als er sich von ihr verabschiedete.
»Dann sehen wir uns also bald wieder, Latona. Ich freue mich und kann die Stunde kaum erwarten.« Er verbeugte sich tief, und dann war er verschwunden, so als hätte der Boden sich plötzlich aufgetan und ihn verschluckt. Verwirrt wankte das Mädchen nach Hause.
Am nächsten Abend erwartete Professor Ruguccio die jungen Vampire, als sie in den Klassenraum strömten. Wie immer trug er einen teuren Abendanzug und Schuhe aus glänzendem Lackleder, die bei jedem Schritt ein wenig quietschten. Er strich sich das kurze graue Haar zurück.
»Seid willkommen«, begrüßte er sie mit seiner dröhnenden Stimme. »Ihr braucht nicht Platz zu nehmen. Wir werden einen kleinen Ausflug machen.«
Aufgeregtes Getuschel flog von Mund zu Mund. Nach der Nacht in den Katakomben versprach das wieder eine spannende Lektion zu werden. Nur Ireen und Raymond sahen einander ängstlich an. Das englische Mädchen drückte sich eng an Malcolm, und Raymond sah so aus, als hätte er gerne das Gleiche getan, doch er versuchte zumindest, eine gleichmütige Miene aufzusetzen. Rowena dagegen schien mit ihren Gedanken wieder ganz woanders zu sein. Sie summte vor sich hin und streichelte gedankenverloren Maurizios Kater.
»Wo gehen wir heute hin?«, platzte Tammo heraus.
»In eine Kirche! In die Santa Francesca
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