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Nosferas

Nosferas

Titel: Nosferas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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ihr mit offenem Mund nach. Was war nur in sie gefahren?
    Das wollte auch der Professor wissen, der mit quietschenden Schuhen aus dem Chor geeilt kam. Auch die anderen Schüler sahen neugierig zu ihnen herüber.
    »Was ist hier los?« Ruguccio musterte sie aus seinen schwarzen Augen und senkte den Kopf, dass sein Doppelkinn noch betont wurde.
    »So genau wissen wir das auch nicht«, sagte Luciano vorsichtig und verbarg die Haarlocke in seiner Hosentasche.
    »Sie hat einfach die Beherrschung verloren«, fügte Alisa hinzu.
    »Ich gehe sie suchen«, bot Mervyn an.
    Der Professor schüttelte den Kopf. »Nein, ihr bleibt alle hier und beendet eure Übungen.« Stattdessen schickte er die beiden Schatten Francesco und Hindrik hinter dem Mädchen her. Sie sollten dafür sorgen, dass sie die Domus Aurea sicher erreichte. Um alles andere konnte man sich später kümmern.
    Signor Ruguccio winkte die Schüler zu sich und beendete das Getuschel über Ivys unerklärliches Verhalten. »Kommt alle hierher. Ich möchte euch etwas zeigen. Seht euch diese Fliese dort drüben genau an. Könnt ihr die Vertiefungen erkennen? Das sollen die Knieabdrücke von Petrus und Paulus sein. Die Legende erzählt, Simon der Magier habe versucht, den beiden Aposteln seine Überlegenheit zu beweisen, indem er sich in die Luft erhob. Petrus und Paulus knieten daraufhin auf dieser Fliese nieder und beteten zu Gott um ein Zeichen. Er gab es, indem er Simon vom  Himmel fallen ließ. - So viel zu den amüsanten Heiligengeschichten der Menschen.« Einige der Schüler lachten, andere musterten misstrauisch die so harmlos wirkende Fliese.
    »So, und nun möchte ich, dass ein Freiwilliger vortritt und sich das heilige Stück genauer ansieht - und uns sagt, wie groß seine Macht ist.« Die Blicke der Vampire glitten in das Gewölbe des Kirchenschiffs hinauf oder über den Fliesenboden davon, überallhin, nur nicht in die Richtung des Professors.
    Schließlich trat Maurizio vor. »Ich mach’s. Das Elend kann ja keiner ertragen.«
    Doch Ruguccio streckte ihm die Handfläche entgegen. »Danke, aber ich hätte gerne jemanden, der in den vergangenen Jahren nicht unzählige Male hier gespielt hat.« Luciano fühlte, wie er sich entspannte. Dann war er ebenfalls aus dem Spiel. Maurizio zuckte mit den Schultern und wirkte fast ein wenig enttäuscht.
    Signor Ruguccios kleine, dunkle Augen wanderten weiter. »Wie wäre es, wenn es Rowena einmal versuchte?«
    Malcolm trat an ihre Seite, als wollte er das kleine Mädchen beschützen, schwieg jedoch. Luciano hörte sie leise summen.
    »Rowena?«
    »Oh, ja, was gibt es?« Sie zog die sommersprossige Nase kraus. »Ich soll die Knieabdrücke untersuchen? Aber gern, Professor.«
    Forsch ging Rowena auf die Fliese zu, noch immer leise vor sich hin singend. Die anderen hielten den Atem an. Irgendetwas musste passieren. Sie musste langsamer werden, zögern, ihr Gesicht sich vor Schmerz verzerren. Doch nichts von all dem konnten sie erkennen. Rowena trat zu der Platte, kniete sich hin und strich über die Vertiefungen. Fragend sah sie zu Professor Ruguccio auf. »Und nun, Signor?«
    »Sag du es mir.«
    »Nichts, ich spüre nichts. Nur eine alte, unebene Fliese.«
    »Und was schließt du daraus?«
    Rowena erhob sich und schüttelte ihren einfachen Tweedrock aus. »Das waren nicht die Apostel - oder sie waren keine heiligen  Männer!« Sie schnaubte verächtlich und gesellte sich wieder zu Malcolm, der erleichtert wirkte.
    »Heilige Männer waren sie schon, das zeigen andere Reliquien, Bilder und Statuen, aber mit dem ersten Punkt hat Rowena recht: Die Apostel haben sich nicht auf diese Fliese gekniet. Die Abdrücke stammen nicht von ihnen!«
    Kurz darauf beendete der Professor die Lektion für diese Nacht und führte seine Schüler stattdessen noch über das düstere Trümmerfeld des Forum Romanum. Die Ebene, einst das Herz des politischen Roms, war nur noch ein von Unkraut überwuchertes Brachland, zwischen dem einzelne Säulenbruchstücke und verwitterte Figuren herausragten. Auch auf dem großen Triumphbogen des Titus wuchs Gestrüpp. Am Tag weideten auf der Ebene Kühe und Ziegen, in der Nacht waren sie in kleinen Pferchen zusammengetrieben. Die Tiere drängten sich ängstlich aneinander, als die Vampire lautlos an ihren Gehegen vorbeigingen. Der Professor zeigte ihnen die Gewölbereste der Maxentius-Basilika, die ein beeindruckender Bau gewesen sein musste.
    »Ich habe schon wieder Hunger«, seufzte Maurizio, der an einem

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