Nosferatu 2055
ihnen vorausgeeilt waren. Alle rannten plötzlich los, um sie einzuholen.
Die Gebäude waren mittlerweile rauchende Trümmer. Es war kein Lebenszeichen zu sehen, und über der ganzen Szenerie hing eine dünne Rauchfahne. Dem Aussehen der Ruinen nach zu urteilen, mußte der Brand schon am Tag zuvor ausgebrochen sein.
»Wir kommen ein wenig zu spät«, sagte Michael trocken. »Ich bezweifle, daß wir hier noch irgend etwas finden. Aber das ist schon ein merkwürdiger Zufall, findet ihr nicht auch? Die Besitzer müssen gewußt haben, daß jemand zu ihnen unterwegs ist.«
»Aber wer sind die Besitzer?« fragte Serrin.
»Das finde ich heraus, sobald wir wieder in New Hlobane sind«, sagte Michael entschlossen.
Shakala baute sich mit wutverzerrter Miene vor ihnen auf. »Ihr kommt, und dann wird dieser Ort niedergebrannt. Ist das nur ein Zufall?«
»Das glaube ich kaum«, sagte Michael. »Aber glaubst du nicht, Prinz, daß der Ort wichtig sein muß, wenn sich jemand die Mühe macht, ihn zu zerstören? Weil sie sich davor fürchteten, was du hier finden könntest?« Er benutzte den Titel ohne jeden Spott. Der Elf schien beschwichtigt zu sein oder zumindest über Michaels Worte nachzudenken.
Plötzlich erhob sich irgendwo in dem Rauch voraus ein klagender Schrei. Zwei von Shakalas Männern kamen zu ihm gerannt, und einer flüsterte Shakala etwas ins Ohr, um zu verhindern, daß die Besucher mithörten. Shakala stieß ein Wort aus und bedeutete ihnen, ihm zu folgen.
»Was hat er gesagt?« fragte Serrin Kristen, deren überraschte Miene darauf hinzudeuten schien, daß sie ihn verstanden hatte.
»Er sagte, ›ein Toter‹. Nein, warte, nicht Toter... Wie sagt ihr dazu...?« Sie suchte nach dem Wort und fand es. »Zombie.«
Die Zulus schleiften die beiden Gestalten, die sie gefunden hatten, vor Shakala. Sie waren Zulus, dünn wie Bohnenstangen und in Lumpen gekleidet, und die Reaktionen der Kundschafter besagten, daß sie keine Einheimischen waren. Die Männer trugen sichtbare Wunden am ganzen Körper, und einer hatte eine gräßlich anzusehende, brandig gewordene Stelle am Oberschenkel.
»Das ist kein Zombie«, flüsterte Michael Serrin zu. »Jedenfalls keine Art, von der ich je gehört habe.«
»Also bist du jetzt auch Experte für Zombies?«
»Nein, aber...« Michael unterbrach sich, als Shakala den Kopf eines der beiden Männer in die Hände nahm und heftig schüttelte. Der Unglückliche leistete keinen Widerstand und zeigte, abgesehen von der Grimasse auf seinem Gesicht auch keine Reaktion. Shakala ließ ihn los, offenbar verunsichert.
»Weißt du irgend etwas darüber?« wollte er von Tom wissen. »Er ist jedenfalls nicht von einem Geist besessen.« Der Troll schüttelte den Kopf.
»Er hat keine Seele«, stellte der Elf fest. »Aber der Körper - er ist lebendig. Er ist nicht untot. Er hat eine Krankheit und wird daran sterben.«
Der mitleiderregende Mann fiel auf die Knie und schluchzte. »Herr, Herr, sag mir, was ich tun soll. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Niemand hat mir etwas gesagt.« Es hätte lächerlich gewirkt, wäre das schreckliche Aussehen des Mannes nicht gewesen. Fliegen umschwärmten hungrig das faulende Fleisch an seinem Bein.
»Dein Prinz gebietet dir, ihm zu sagen, was du hier getan hast«, sagte Shakala ohne die geringste Spur von Mitgefühl.
»Mich um die Blumen gekümmert, wie mir befohlen wurde.«
»Wo kommst du her? Wo wohnst du?«
»Na hier«, sagte der Mann offenbar verwirrt. »Ich wohne hier.«
»Wo hast du vorher gewohnt?« wollte der Schamane wissen. Der Mann verstummte. Entweder verstand er die Frage nicht oder konnte ganz einfach nicht antworten. Er fing wieder an zu schluchzen.
Serrin wandte sich von dem Anblick ab. »Es muß irgendeine Droge sein«, murmelte er Michael zu. »Irgendein Stoff aus den Pflanzen. Alkaloide oder so. Ich kenne mich damit nicht besonders gut aus.«
»Ich auch nicht. Aber ist dir aufgefallen, daß hier überall Entlaubungsmittel gesprüht worden sind?«
Serrin drehte sich um und betrachtete die rote Erde. Es gab keine verräterischen Flecken, aber nun, da Michael es erwähnte, sah er, daß das Gras an einer festumrissenen Linie endete. Jemand hatte das ganze Gebiet präzise und exakt eingesprüht.
»Warum? Wegen uns? Haben sie Angst vor uns? Michael, wenn ich eine Sache beherrsche, dann die, auf mich aufzupassen, sobald ich gewarnt worden bin. Meine Beobachter hätten es mir gesagt, wenn wir verfolgt worden wären. Und Shakala würde
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