Nosferatu 2055
und bringt mir mein Zeug mit. Ich ziehe mich dann im Taxi um«, stöhnte Michael. Er beugte sich unter Schmerzen vor, um einen Blick auf Kristen zu werfen, die auf der anderen Seite von Serrin saß. Sie schien zu schlafen, da sie sich gegen den Elf gelehnt hatte und sich nicht rührte.
»Ich nehme an, wir nehmen Kristen mit«, sagte er leise. »Ihre Papiere werden ihr bei der Einreise nach New York nicht viel nützen, aber irgendwie glaube ich nicht, daß du ohne sie gehen willst.«
»Nein.« Das war endgültig. »Aber warum sollen wir New York riskieren?«
»Erstens, ich will meine Fairlights. Zweitens, ich glaube, ich bin mittlerweile soweit, daß ich für eine Lieferung aus dem durchgehend geöffneten Delikatessenladen bei mir zu Hause um die Ecke einen Mord begehen würde. Drittens, du hast eine Freundin dort, die den mysteriösen Elf vielleicht kennt, von dem Magellan geredet hat. Ich meine diese Schnüfflerin mit dem Hang zum Okkulten, weißt du noch?«
»Zwei von den dreien sind nicht schlecht«, sagte Serrin leutselig, während er nach einer Zigarette tastete. Die vorbeihuschenden Straßenlaternen überzogen sein hageres Gesicht mit grellen Neonstreifen. Das Taxi war mittlerweile wieder in der Zivilisation angelangt.
»Ganz zu schweigen von der Tatsache, daß wir es jetzt offenbar mit zwei verschiedenen Gruppen zu tun haben, die ein Interesse daran haben, dich zu entführen oder gar umzubringen. Oder vielleicht sogar drei, wenn man bedenkt, daß hier unten wahrscheinlich jeden Augenblick ein kleiner Rassenkrieg ausbrechen wird. Und Magellan läuft dort draußen immer noch frei herum. Du sagtest, sein Akzent habe amerikanisch geklungen. Er könnte uns von dort aus gefolgt sein. Also keine Zwischenstation in Kapstadt, sondern direkt nach Hause ins schöne New York, alter Junge.«
»Aber was ist mit Kristens Paß? Wird sie damit durch die Ein Wanderungsbehörde kommen?« Serrin kannte die Antwort bereits.
»Ihre Chance ist so groß wie die eines Schneeballs in der Hölle«, erwiderte Michael grimmig. Keiner sagte etwas. Dem Engländer war schon eine Lösung des Problems eingefallen, aber er wußte nicht, wie er sie Serrin beibringen sollte.
»Es gibt da eine Sache, die wir tun könnten«, sagte Michael zögernd. »Erstaunlicherweise hat sie einen eigenen Ausweis. Einen echten. Den braucht sie, wenn sie auf der Straße von der Polizei angehalten wird, hat sie mir gesagt. Offensichtlich keinen Paß. Und das ist das Problem. Es würde Tage dauern, einen zu bekommen, und die Zeit haben wir nicht. Aber...«
Dann erzählte er dem Elf, was er vorhatte.
»Hör mal zu, mit dir geht es nicht«, sagte der Engländer, als Serrin protestierte. »Ich meine, es wäre zu schwierig unter den gegebenen Umständen. Ein wenig... äh... verfrüht. Nein, das habe ich nicht so gemeint. Du weißt, was ich meine. Glaube ich. Aber bei mir ginge es. Ich bin naturalisiert. Doppelte Staatsbürgerschaft.«
Serrin betrachtete ihn mit weit aufgerissenen Augen.
»Das wird Geraint ein Vermögen kosten«, lamentierte der Engländer. »Ich meine, ich hätte nie gedacht, daß es so kommen würde.«
Serrin starrte ihn immer noch wütend an.
»Sieh mich nicht so an«, fauchte Michael. »Denk an den Gefallen, den ich dir damit erweise, du undankbarer Hund.«
Serrin sagte zwar immer noch nichts, wußte aber, daß Michael recht hatte. Es gab keinen anderen Weg. Ein Bestechungsversuch würde sie in New York nicht weiter als bis in das nächste Gefängnis bringen. Und es würde tatsächlich viel zu lange dauern, in Kapstadt auf den offiziellen Papierkram zu warten. Nur noch ein oder zwei Tage, hatte Magellan gesagt.
»Aber wie sollen wir das anstellen?«
»Ich wette, Indra wird jemanden kennen«, sagte Michael. »Sie scheint jeden zu kennen. Jedenfalls hoffe ich das.«
Als sie vor dem Hotel ankamen, zog Serrin seine schmutzige Jacke aus und gab sie dem Engländer, bevor er und Tom ausstiegen und hineingingen.
Während er wartete, schüttelte Michael das schlafende Mädchen. »Wach auf, Kristen. Es ist wichtig.«
»Was? Wo sind wir jetzt?« sagte sie schläfrig. Er schüttelte sie weiter, wobei er den Protest seines verwundeten Arms ignorierte.
»Hör mir genau zu. Ich mache dir jetzt einen Vorschlag.«
»Betet, daß die Holländische Reformierte Evangelische Kirche gut genug ist«, sagte Michael, als sie im trüben Licht des Morgengrauens die Landebahn in Manhattan betraten.
Die letzten acht Stunden waren wie im Flug
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