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Notaufnahme

Notaufnahme

Titel: Notaufnahme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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Alu-Dosen, der sein Alibi ist. Wir haben keine Tatwaffe, keine DNS. Den Leuten von der Spurensicherung zufolge sind Fingerabdrücke höchst unwahrscheinlich. Kein Wunder – ist ja nicht schwer, in einem Krankenhaus an OP-Handschuhe zu kommen.«
    »Heute kriegen wir nichts mehr aus ihm raus. Lasst uns morgen Früh weitermachen«, sagte Mercer.
    Die Aussicht, der Lösung des Falls ganz nah zu sein, hatte uns alle unsere Müdigkeit vergessen lassen – und jetzt brach mit einem Schlag die Erschöpfung über uns herein. Wir steckten fest. Die Beamten brachten die letzten Zeugen nach Hause, und wir sammelten unsere Notizblöcke und Mappen zusammen und besprachen kurz, was am nächsten Tag zu tun war. Mercer erbot sich, Sarah nach Hause zu bringen, und Mike erklärte sich bereit, mich mitzunehmen.
    Unten in der Halle ließ uns der Dienst habende Beamte zum Hinterausgang raus, so dass wir den vorne lauernden Journalisten entgingen. Wir verabschiedeten uns von Mercer und Sarah und schlugen die entgegengesetzte Richtung ein.
    »Was sagt dir dein Bauch in diesem Fall?« fragte ich Mike.
    »Nichts Bestimmtes. Ich will den Typen kriegen, und das Blut spricht eindeutig gegen ihn. Aber irgendwie hab’ ich das Gefühl, dass es da noch einen Zweiten gibt, einen Komplizen. Das würde auch erklären, warum sie keine Chance hatte.«
    »Ja. Wir sind jetzt wahrscheinlich zu müde. Morgen sieht alles besser aus.«
    »Ich hab’ meine Mutter angerufen. Deinetwegen natürlich. Ich meine, damit du nichts verpasst. Sie sagte, dass die Final Jeopardy-Frage heute aus dem Bereich Physik kam – irgendwas mit der Quantentheorie.«
    »Vergiss es – davon hab’ ich keinen blassen Schimmer. Das ist übrigens mein Alptraum: in die Show zu kommen und dann zu verlieren, weil die letzte Frage mit Mathe, dem Neuen Testament oder sonst was zu tun hat, wovon ich keine Ahnung habe – mit Physik zum Beispiel.«
    »Geht mir genauso.« Die roten Ampeln ignorierend, fuhr Mike die Third Avenue runter; in weniger als zehn Minuten standen wir vor meinem Haus.
    »Sie sah echt gut aus. War ‘ne richtige Klassefrau.«
    Verwirrt blickte ich Mike an. »Wer? Gemma Dogen?«
    »Nein, natürlich nicht. Ich hab’ gerade an Grace Kelly gedacht. Wegen des Films heute Abend. Sie war toll neben Cary Grant. Aber regelrecht in sie verliebt habe ich mich, als ich sie in Bei Anruf Mord sah. Sie war wunderbar, so schlicht und einfach in den schäbigen Klamotten. Und dann noch der flimmrige Schwarzweißfilm.«
    »Ja, wirklich ein toller Streifen.« Wir hatten beide eine Schwäche für Filmklassiker.
    »Ich finde sie sogar noch schöner, wenn sie nicht so aufgestylt war – wie eben in Bei Anruf Mord . Sie saß wegen Mordes im Knast, bis man sich entschloss, ihre Geschichte zu überprüfen und sie nach Hause gehen ließ. Erinnerst du dich? Mann, sie wirkte so verletzlich – man konnte gar nicht anders, als sich in sie zu verlieben.«
    »Hey, ich wusste gar nicht, dass du bei verletzlichen Frauen schwach wirst, Mike.« Meine Bemerkung sollte ein Witz sein.
    Mike bog in die Auffahrt meines Apartmenthauses und wartete, bis mir der Türsteher den Wagenschlag öffnete. »Nicht jeder ist einer so selbstbewussten Frau wie dir gewachsen, Blondie. Es fühlt sich manchmal ganz gut an, gebraucht zu werden.«
    Volltreffer, Chapman, dachte ich, während Mike abfuhr und ich das Foyer betrat. Was sollte ich nur tun, um dem Rest der Welt zu zeigen, wie verletzlich ich in Wirklichkeit war?
    Ich nahm die Post aus dem Kasten und fuhr hoch in meine leere Wohnung. Ich hatte keine Lust, meinen Mantel aufzuhängen, und warf ihn auf das Wohnzimmersofa.
    Das Wechselgeld aus dem Getränkeautomat des Reviers wog schwer in meiner Jackentasche, also fischte ich die Münzen heraus und stapelte sie auf meiner Kommode, bevor ich das Kostüm auf den Bügel hängte. Ich hatte vergessen, Mercer Gemma Dogens Wohnungsschlüssel zurückzugeben; ich legte den Bund mit der Londoner Tower Bridge auf meinen Nachttisch, neben den dicken Band von Trollope. Heute Nacht brauchte in niemanden mehr.
    Morgen um diese Zeit würde ich zumindest in Gesellschaft eines kalt-nasigen Weimaraners sein, der mich tröstete.

13
    Als ich am Freitagmorgen um sieben unter der Dusche hervorkam, klingelte schon das Telefon. Es war Mike. »Mach das Radio aus und stell die Glotze an. Jim Ryan bringt unseren Fall als Titelstory in der Today Show . Er scheint erstklassige Quellen zu haben – berichtet von der Festnahme eines

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