Notbremse
Identität zu reden. Er wolle sich nur umhören und versuchen, mit dem einen oder anderen Gast ins Gespräch zu kommen, weil eine mögliche Spur nach Kiefersfelden führe, erklärte er sein geplantes Vorgehen und ließ sich von der Frau berichten, dass die Stammgäste in der Regel im Hotel Gruberhof nächtigten, wo sie ihm, falls er beabsichtige, bis morgen zu bleiben, auch ein Zimmer reservieren könne. Häberle wollte sich dies noch überlegen und vom Verlauf seiner Ermittlungen abhängig machen.
Er schilderte den bisherigen Kenntnisstand und dass zumindest zwei Personen – Ulrike Steinmeier und der Berliner Clemens Probost – in den vergangenen Tagen am See gewesen sein müssten. Sabine bestätigte dies und ergänzte mit gedämpfter Stimme, dass die beiden bereits wieder eingetroffen seien. Beide drehten gerade auf dem See ihre Runden. Sie versprach, sie ihm nachher zu zeigen.
Häberle bemühte sich, ebenfalls leise zu sprechen. Niemand an den Nebentischen durfte durch irgendeine Bemerkung auf das Gespräch aufmerksam gemacht werden.
»Wenn ich Ihnen jetzt ein paar Namen sage, dann möchte ich nur wissen, ob sich auch diese Personen gelegentlich hier zeigen«, fuhr der Chefermittler fort und nippte an seinem Milchglas. Sabine hörte gespannt zu. »Lambert und Rieder.«
»Klar doch. Die beiden konkurrierenden Unternehmensbosse aus Ulm.«
»Allen Ernstes? Sie kennen die?« Er war viel zu laut geworden. Aber an einem der Nebentische wurde heftig diskutiert.
»Was haben die denn damit zu tun?«, drängte sie auf eine weitere Erklärung.
»Das will ich ja gerade rauskriegen. Ist denn einer hier?«
»Nein, Rieder wollte kommen, hat aber schon Dienstag oder Mittwoch abgesagt, weil er zur Tour de France wollte. Kurz drauf hat Lambert angerufen und gefragt, ob Rieder angemeldet sei – und als ich ihm gesagt hab, dass Rieder nicht kommt, hat sich Lambert angemeldet. Auf heute Abend. Ich hab ihm ein Zimmer reservieren lassen.«
Häberles Pulsschlag beschleunigte sich. Die ganze feine Gesellschaft am See.
»Sagt Ihnen auch der Name Hocke etwas?«
»Hocke? Nein«, gab sich Sabine enttäuscht. »Um wen handelt es sich dabei?«
»Ein Detektiv – möglicherweise jedenfalls. Aber es kann sein, dass er unter einem falschen Namen aufgetreten ist.«
»Ja«, gab die Frau zu bedenken, »es sind eben nur die Stammgäste, die wir namentlich kennen. Schauen Sie sich um – an Tagen wie heute herrscht hier großer Andrang. Und wer seine eigene Ausrüstung mitbringt, wird eh nirgendwo registriert.«
»Vielleicht ist mal einer aufgetaucht, der sich Fritz nannte?«
»Fritz, warten Sie mal …« Sabine dachte scharf nach und spielte dabei mit dem weit hochgerutschten Saum ihres bunten Strandkleidchens. »Ich glaub, es hat vor zwei, drei Wochen mal einen Fritz gegeben. Ein besonders lustiger Typ. Er ist abends hier mit den Stammgästen rumgesessen. Vielleicht weiß Markus mehr. Wir können ihn nachher fragen.«
»Noch ein Name«, fuhr Häberle fort und beugte sich näher zu Sabine hin, während er die Umgebung im Auge behielt und feststellte, dass es hier jede Menge attraktive Frauen gab. Über die im Sonnenlicht glänzenden Fahrzeugdächer hinweg erspähte er schon wieder eine. Sie kam langsam näher, war zierlich, schlank und blond und trug ein knapp knielanges schneeweißes Strandkleid. Ihr folgte, wie ein Schatten, ein schwarzhaariger Mann, kräftig und breitschultrig. Häberle konnte den Blick nicht mehr von den beiden wenden.
»Ist was?«, wollte Sabine wissen und drehte sich irritiert in Häberles Blickrichtung. »Kennen Sie die?«, fragte sie, nachdem klar war, wem das Interesse des Kriminalkommissars galt.
»Allerdings«, brummte Häberle. »Aber mit den beiden hätt ich hier zuallerletzt gerechnet.« Er musste unweigerlich an Linkohr denken, dem jetzt sein üblicher Ausspruch herausgerutscht wäre.
30
Fludium hatte sich nicht abspeisen lassen. Er war zu ›Aspromedic‹ nach Ulm gefahren und gegenüber der Empfangsdame zunächst freundlich, dann aber – als sie ihn nicht zum Chef vorlassen wollte – etwas energischer aufgetreten.
»Ich hab nur ein paar Fragen an ihn«, versuchte er es auf die charmante Art.
»Bedaure«, sagte die resolute Frau, »aber Herr Lambert wünscht heut niemanden zu sprechen.«
»Dann sagen Sie ihm bitte, dass es besser wäre, mit mir zu sprechen, ansonsten muss der Herr Staatsanwalt tätig werden.«
Die Frau sah ihn verärgert an und griff wortlos noch einmal zum Telefon. Im
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