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Notbremse

Notbremse

Titel: Notbremse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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konnte er sich auf Anhieb an ein halbes Dutzend Personen erinnern, die nach der Pensionierung in das Land ihrer lebenslangen Träume gezogen waren. Und sei es nur als Langzeiturlauber auf die Kanarischen Inseln, womit sie daheim nicht alle Brücken abzubrechen brauchten.
    Der Kriminalist hatte inzwischen die Boutique betreten. Hinter der Kasse entdeckte er zwei junge Männer, die alle Hände voll zu tun hatten. Er schob sich langsam an der Kundenschlange vorbei und wartete eine günstige Gelegenheit ab, bis einer der Beschäftigten aufblickte. »Entschuldigung. Ich such den Chef oder die Chefin«, lächelte er freundlich. Der Angesprochene sah ihn mit großen Augen an. »Das bin ich.«
    »Ich interessier mich fürs Wasserskifahren«, erklärte Häberle. »Wenn Sie nachher mal Zeit hätten, würde ich gern mal mit Ihnen reden. Ich bin draußen im Bistro.«
    Er wollte schon wieder gehen, als ihm der Mann hinterm Verkaufstresen zu verstehen gab: »Für den Lift ist mein Kollege zuständig.«
    »Nein, ich hätt’ schon gern mit Ihnen gesprochen. Ich bin da drüben.«
    »Da ist meine Schwester Sabine. Sie können auch mit ihr reden«, schlug der Mann vor. Häberle nickte und verließ den Raum.
    Nebenan auf der am Seeufer gebauten Terrasse des Bistros setzte sich der Kriminalist an einen freien Zweiertisch, bestellte ein Milchshake und ein Sandwich und blickte in die Runde. Um ihn herum gab es fast nur junge Menschen, braun gebrannt und fröhlich, wie es ihm schien. Die jungen Frauen zeigten sehr viel Weiblichkeit, die Jungs präsentierten sich ebenfalls, als seien ihre Vorbilder jene Models, die in den einschlägigen Hochglanzkatalogen die neueste Sommer- und Strandmode vorführten. Häberle musste sich eingestehen, nicht so ganz in diese Gesellschaft zu passen. Doch dann schmiedete er einen inneren Plan, der ihm sein Selbstbewusstsein zurückbrachte: Er war ja nur auf der Durchreise und wollte sich diese Liftanlage anschauen, um an einem der nächsten Wochenenden selbst Wasserski zu laufen.
    Er sprach die junge Bedienung an, als sie ihm Glas und Brötchen servierte: »Entschuldigung. Ich such die Sabine.«
    Das Mädchen drehte sich nach allen Seiten um und deutete in Richtung der Schlange stehenden Läufer. »Soll ich sie rufen?«
    »Oh ja, danke«, freute sich Häberle, worauf das Mädchen entschwand und zu einer Blondine im kurzen Strandkleidchen etwas sagte. Diese blickte zur Bistroterrasse und nickte mit dem Kopf.
    Zwei Minuten später saß Sabine neben Häberle. Sie erklärte, dass sie zusammen mit ihrem Bruder Markus für die Anlage zuständig sei und demnach alle Fragen beantworten könne, die mit dem Sport in Verbindung stünden. Außerdem, so berichtete sie mit bescheidener Zurückhaltung, habe sie einige Weltrekorde im Wasserskilauf gewonnen.
    »Dann bin ich bei Ihnen bestens aufgehoben«, meinte Häberle, der seinen richtigen Namen nannte, was Sabine zu irritieren schien. »Häberle?«, wiederholte sie ungläubig.
    Der Chefermittler zögerte. Hatte sie ihn schon erkannt? »Ja, ist das ungewöhnlich?«, fragte er deshalb zurück.
    »Eigentlich schon«, grinste Sabine. »Wir heißen auch so – mein Bruder und ich. Das heißt, seit meiner Heirat heiße ich natürlich anders.«
    »Ach?«, entfuhr es dem Kriminalisten erleichtert. »Dann sind wir sozusagen Urschwaben – und womöglich miteinander verwandt.«
    Ein kurzer Ausflug in die Ahnengalerie ergab jedoch, dass es zwischen dem Kriminalisten und den Häberles vom Hödenauer See keine verwandtschaftlichen Beziehungen gab. Zumindest ließen sich auf die Schnelle keine erkennen. Aber ein gewisses Vertrauensverhältnis war hergestellt und Häberle offenbarte, wer er wirklich war. Sabine lächelte wieder. »Witzig. Dann sind Sie ein Kollege von meinem Schwiegervater«, stellte sie fest.
    »Ach?«, lächelte Häberle und war überrascht, wie locker das Gespräch begann.
    »Ja, in Rosenheim«, erwiderte die Frau. »Aber wahrscheinlich hatten Sie’s noch nie mit ihm zu tun.«
    Häberle überlegte kurz, doch ihm fiel auf Anhieb kein Fall ein, der ihn nach Rosenheim geführt hatte. Sabine erwartete auch keine Antwort, sondern brachte ihre Vermutung zum Ausdruck, dass der Besuch des Geislinger Kriminalisten möglicherweise mit dem Mord im ICE zu tun haben könnte, von dem sie durch ein Telefonat mit ihrer Mutter erfahren hatte. Sie wirkte dabei überaus selbstbewusst.
    Der Kriminalist nahm ihr zunächst das Versprechen ab, mit keinem Menschen am See über seine wahre

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