Notizen aus Homs (German Edition)
als zu negativ empfinden. Wollen, dass der Vorgang statt der Liga dem Sicherheitsrat übergeben wird.
Während der Demonstration wird ein Offizier auf die Schultern gehoben, mit seiner Kalaschnikow getragen, und die Leute singen dazu: »Es lebe die FSA!« Es ist ein naqib , der gerade desertiert ist. Die Leute singen auch: Das Volk will internationalen Schutz, das Volk will eine no-fly zone , das Volk will die Ausrufung des Dschihad.
Auf der Demonstration Bassam, immer noch genauso würdevoll und charismatisch mit seinen lebhaften Augen. Danach gehen wir ein Stück mit Dr. Ali und einem seiner Freunde. Wir essen ful bei einem Straßenhändler, umringt von Kindern, von denen viele blaue und orangefarbene Mützen und Schals tragen, die Farben des Fußballclubs al-Karama, des Clubs von Homs, dessen Torhüter Abdel Basset Sarout sich auf die Seite der Revolution gestellt hat. Wir bieten Bassam von dem ful an, aber er lehnt ab: Er fastet seit sechs Monaten, außer an den beiden Feiertagen, an denen es verboten ist zu fasten. »Das macht mich stärker«, sagt er. Dann gehen wir uns an einem Kohlenfeuer aufwärmen. Es ist immer noch eiskalt, der Himmel ist grau, versunken im Dunst, vor dem sich die nahen Gebäude und die Minarette einer Moschee abzeichnen. Zugvögel kreisen über den Dächern. Ein paar Salven, von verschiedenen Seiten, dann der Aufruf zum Gebet.
Es beginnt in dicken Flocken zu schneien.
Besuch im Viertel bei einem Mann, ungefähr 30, der eine Kugel ins Gesicht bekommen hat. Er ist gut genesen und spricht mit uns, aber seine rechte Gesichtshälfte und insbesondere sein Auge sind schrecklich geschwollen. Sehr angespannt, hat große Angst. Er braucht zwei oder drei Operationen: eine, bei der der Wangenknochen wieder eingesetzt wird, eine kosmetische, eine fürs Auge; jedes Mal, wenn er zum Augenarzt gehen muss, hat er furchtbare Angst vor den Straßensperren. Seine Verletzung kann er nicht verbergen.
Es ist vor anderthalb Monaten auf der Hauptstraße passiert, als es die Straßensperre im Zentrum von Baba Amr noch gab. Ruhiger Tag, nichts los. Er ging mit seinem Cousin über die Hauptstraße, und die Straßensperre eröffnete das Feuer, ohne Grund. Sie haben gehört, wie die Kugeln um sie herumpfiffen, und sind losgelaufen. Kurz bevor er die Querstraße erreichte, hielt er den Kopf schief, und eine Kugel trat ihm oben in die Wange ein und unter dem Auge wieder aus. Man hat ihn zur FSA gebracht, die ihn an den Roten Halbmond übergeben hat, sicherlich bei Inschaat. Der Rote Halbmond hat ihn in die al-Birr-Privatklinik gebracht. In der Klinik gibt es einen Polizeiposten. Sie haben sich vergewissert, dass er nicht gesucht wird, haben einen Bericht geschrieben, allerdings nicht die mukhabarat verständigt. Am nächsten Tag nach der Operation ist seine Familie schnell gekommen und hat ihn abgeholt, um Probleme zu vermeiden.
Er möchte nicht fotografiert werden, genau wie sein älterer Bruder, der für ihn spricht. Sie haben beide große Angst.
Im Park nebenan laufen Jungen, spielen und schreien unter den feuchten Schneeflocken.
Es hört schnell wieder auf zu schneien. Während wir in einem Laden kalte Falafel essen, eine Detonation, nicht weit weg, gefolgt von Salven.
Wir laufen durch den Nebel, dann treffen wir auf einen Soldaten, der anbietet, uns den Ort der Detonation zu zeigen. Er liegt in einer Gasse nahe der »Front«, des Kreisels, der auf die Brazil-Straße führt: zwei Granaten, abgefeuert von einem Gewehr, ganz nah an einem der letzten Posten der FSA, eine davon ist nicht explodiert. Wir sehen uns das Einschussloch an und gehen wieder. Der Soldat, Abdulkader, sagt uns: »Ihr müsst abreisen. Riad al-Assaad hat gesagt, dass ihr nicht bleiben könnt, aus Sicherheitsgründen, zu eurer eigenen Sicherheit. Es kann sein, dass die Armee das Viertel angreift, wie sie die Gruppe von Jacquier angegriffen hat.«
Wie schon gesagt, waren diese Spannungen mit diversen zivilen Aktivisten oder Soldaten der FSA eine Konstante unseres Besuchs. Raed musste sich mehrfach gegen etwas wilde Ver suche verteidigen, einige seiner Dateien zu löschen. Jedes Mal hat sich Muhannad al-Omar vom Militärrat eingeschaltet und die Situation beruhigt, weshalb wir hier erneut versucht haben, ihn zu treffen.
Wir rufen Muhannad an: »Kehrt zurück zu Hassan. Ich komme in zwanzig Minuten.« Wir kehren zurück. Hassan und seine Freunde erwarten uns mit einem heißen gegrillten Hähnchen und Hummus,
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