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Notizen aus Homs (German Edition)

Notizen aus Homs (German Edition)

Titel: Notizen aus Homs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Littell
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was ich freudig verzehre, während Raed für alle Fälle eine Kopie von allen seinen Dateien macht.
     
    Ankunft von Muhannad. Alle setzen sich in einen Kreis, und es wird sofort förmlicher. Muhannad stellt Raed ganz ruhig Fragen: Hast du gesehen, was du sehen wolltest? Was habt ihr für Pläne? Was denkst du über die Situation? Raed erklärt, dass die Situation besser ist als bei seinem ersten Besuch; da die Straßensperre vertrieben wurde, ist das Viertel sicherer. Wir würden gern mit Khaldije weitermachen, dann vielleicht nach Telbisa fahren, Leute treffen, die er kennt, er nennt sie. »Wer hat euch vom Libanon über die Grenze gebracht?« – »Abu Brahim.« So geht es weiter. Muhannad stellt Fragen zu dem Problem in der ersten Klinik, mit Abu Bari. Raed erklärt: die Fotos etc. Muhannad: »Ihr solltet nicht mehr in die Klinik von Abu Bari gehen. Deshalb haben wir euch die Verletzten in die andere Klinik gebracht.«
    Er und Hassan wechseln ein paar Worte über Dscheddi, darüber, wie schlecht er sich am ersten Tag benommen hat, als er ging und die Tür zuknallte. Muhannad: »Das gehört sich nicht für einen Verantwortlichen der Information, er hat sich nicht gut verhalten. Er sollte sich entschuldigen. Die, die sich euch gegenüber schlecht benommen haben, sollten sich entschuldigen. Wenn ihr weitermachen wollt, könnt ihr das ohne Probleme tun, ihr seid willkommen. Imad wird bei euch bleiben, und es wird keine Probleme geben.«
     
    Muhannad erzählt uns von dem Offizier der Kriminalpolizei, Abu Ali Munzir, der mit zwei schabbiha vier Mädchen entführt hat. Es ist derselbe Mann, von dem das Mädchen in der Klinik von Abu Bari sprach. In unserem Beisein ruft er das Mädchen an und bekommt dieselben fünf Namen genannt, die ich schon kenne, plus einen sechsten. Es werden noch drei weitere Mädchen von Munzir gefangen gehalten, aber sie kennen ihre Namen nicht. Insgesamt neun.
    Das sechste Mädchen ist das, von dem uns im Militärrat erzählt wurde, jenes, das im Frisiersalon entführt wurde. Muhannad sagt, dass sie, als wir davon sprachen, dachten, sie wäre von den mukhabarat der Luftwaffe entführt worden, jetzt wissen sie aber, dass es Munzir war.
    Munzir hält die Frauen auf eigene Rechnung fest, wie ein schabbih . Die FSA hat über die Beobachter der Arabischen Liga Druck ausgeübt, um zu erreichen, dass sie der Sicherheitspolizei übergeben werden, aber bisher ohne Erfolg.
     
    Der Bruder von Mohammad Z., der »sympathische Salafist«, wie ich ihn nenne, ist da. Er heißt Abu Salam. Er erzählt, dass die beiden Frauen seines Bruders Ende Dezember von den schabbiha entführt wurden, in den Obstgärten. Mohammad wird gesucht, und die schabbiha wollten ihn in seinem Landhaus aufspüren; sie haben ihn nicht gefunden und die beiden Frauen als Geiseln mitgenommen, damit er sich stellt. Man hat sie sechs Tage lang festgehalten, dann, als die Beobachter der Arabischen Liga eintrafen, wurden sie freigelassen. Mohammad hat uns das nicht erzählt, weil er befürchtete, dass wir dann verlangen, sie zu sehen.
    Mohammads Frauen wurden misshandelt, sagt Muhannad, schlimm misshandelt. Keine weitere Präzisierung. Zu viele Leute im Raum, als dass wir nachhaken könnten.
     
    Wir kommen auf das Thema Dschihad zurück. Muhannad: »Jeden Tag gibt es Tote. Die Position der Arabischen Liga ist schwach, die internationale Position ist schwach, deshalb kommt uns der Gedanke an den Dschihad.«
    Was heißt das? »Wir wollen, dass alle Kameraden aus der arabischen Welt kommen und sich unserem Kampf anschließen. Wir wollen, dass über alle Verantwortlichen, die weiter für den Staat arbeiten, die Todesstrafe verhängt wird. Wenn wir den Dschihad ausrufen, werden sich alle Zivilisten, die noch nicht zu den Waffen gegriffen haben, uns anschließen.«
    In ihren Augen gibt es nicht genug internationalen Druck. »Wenn wir zum Dschihad übergehen, treten wir in die Phase der militarisierten Revolution ein.«
    Imad schaltet sich ein: »Nein, dann treten wir in einen flächendeckenden Krieg ein.«
     
    Sie wollen eine direkte Intervention der NATO, was im November nicht der Fall war. Damals hatte Raed eine Demonstration in Qussur [ einem Viertel im Nordwesten der Stadt ] besucht, auf der ein Aktivist versucht hatte, die Parole »Das Volk will eine NATO-Intervention!« anzustimmen. Niemand hatte die Parole aufgegriffen, trotz all seiner Versuche.
     
    Muhannad: Die FSA hat drei Männer und zwei Frauen entführt, um sie gegen sechzehn

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