Notizen aus Homs (German Edition)
von einem jungen sympathischen Syrer begleitet und unterstützt, der sich uns als Omar vorstellte. Ich unterhielt mich an dem Tag ein wenig mit ihm und notierte mir seine Kontaktdaten, weil er sagte, er sei bereit, mit jedem Journalisten zusammenzuarbeiten, der nach Homs komme, und mich mehrere Freunde nach Kontaktpersonen gefragt hatten. Aber er wurde getötet, als er verletzte Personen rettete, während des großen Bombardements von Khaldije am Abend des 3. Februar. Erst da habe ich seinen richtigen Namen erfahren, Mazhar Tajara, 24 Jahre alt.
Ich gehe Kebabs holen, zur Abwechslung mit Leber, während Raed wartet, bis er an der Reihe ist, rasiert zu werden. Es ist immer noch so schön draußen. Weiter entfernt, sicherlich auf der anderen Seite der Zitadelle, sind Detonationen zu hören.
Die Kebabs dauern eine halbe Stunde statt der versprochenen zehn Minuten, aber sie sind köstlich. Raed ist rasiert, und Abu Adnan stößt zu uns. Ich sitze in der Sonne, trinke einen Kaffee und rauche einen Zigarillo, während Abu Adnan den Transport organisiert.
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Wir fahren im Suzuki-Kleintransporter von Khaldije nach Bajada, mit einem sehr gut gelaunten Abu Bakr. Um durch ein Labyrinth enger Gassen zu Abu Brahim zu gelangen, muss man vier Alleen und Straßen mit Scharfschützen überqueren. Die letzte ist offenbar die gefährlichste. »Hier sind alle schahids des Viertels gestorben«, sagt der Fahrer. Aber heute tun die Scharfschützen nicht viel, scheint es, und wir überqueren die Straße ohne Zwischenfall, zusammen mit Passanten und Kindern.
Endlich in Bajada bei Abu Brahim.
Abu Brahim, ein Sufi-Scheich, der für die humanitäre Hilfe im Viertel Bajada verantwortlich ist, ist Raeds Kontaktmann, der unsere Einreise vom Libanon organisiert hat. Fadwa Suleiman, die alawitische Schauspielerin, die auf die Seite der Opposition gewechselt ist und oft als Muse der syrischen Revolution bezeichnet wird, wohnt seit Monaten bei ihm, und ich hatte gehofft, sie dort zu treffen. Aber sie war nach Zabadani gefahren, um die Leute dort zu unterstützen, die seit einiger Zeit einer Belagerung und heftigen Bombardierungen widerstanden.
Gespräch. Die Gerüchte über einen unmittelbar bevorstehenden Angriff? Abu Brahim glaubt nicht daran. Wenn es Truppenkonzentrationen gäbe, wüsste er das. Es ist immer noch möglich, aber sicherlich nicht heute und nicht morgen.
Was die Scharfschützen betrifft, sie schießen weiter. Etwas früher heute Nachmittag heftiges Feuer, aber keine Verletzten. Gestern drei Verletzte. Die FSA hat hier nicht ausreichend Mittel, weder Männer noch Munition, um einen Gegenangriff zu starten.
In einem Vorort von Damaskus wurde eine neue katiba gegründet, die katiba Hussein ibn Ali, ein seltsam schiitischer Bezug. Abu Brahim: »Nein, wir bestehen darauf, Hussein ist genauso unser Sohn [ also der Sunniten ]. Das beweist, dass wir nicht fanatisch sind.«
Andere katibas , die im Großraum Damaskus operieren: die katiba Abu Ubaida ibn al-Dscharrah, die katiba al-Hassan und die katiba Kawafil asch-Schuhada (»die Märtyrerkarawanen«). Die katiba Hussein ibn Ali hat Regimenter in Damaskus, Homs, Hama, Deraa und bald, inschaallah , in Rakka, 200 Kilometer östlich von Hama.
Abu Omar, ein Aktivist aus dem Viertel, der sich zu uns gesellt hat: »Baschar al-Assad hat uns keine andere Option als den bewaffneten Konflikt gelassen. Die Demonstrationen, der Dialog, die Kongresse, nichts hat funktioniert. Sie haben immer nur mit Kugeln geantwortet. Sie lassen uns keine Wahl.«
Kommentar von Abu Brahim zu dem Massaker von Donnerstag: »Das ist eine Form der ethnischen Säuberung.«
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Wir gehen wieder. Die Straße mit den Scharfschützen ist 20 Meter von Abu Brahims Haus entfernt. Links und rechts sind welche. » Now not shooting. But ready. Not know when shooting «, erklärt mir Abu Omar in rudimentärem Englisch. Er zeigt mir einen Suzuki-Kleintransporter, der von Kugeln durchsiebt ist: » My friend killed in this car.« 54 Genau hier auf der Kreuzung. Ins Visier genommen, weil er Verwundete transportierte.
Abendspaziergang durchs Viertel. Matschige Straßen, selten asphaltiert, mit riesigen Bergen von Müllsäcken in den freigelegten Flächen, seit Monaten angehäuft und aufgeplatzt. Viele Rohbauten. Armes, proletarisches Viertel, hier leben einfache Leute. Trauben von Kindern folgen uns durch die Straßen und singen Anti-Baschar-Parolen. Nach und nach fällen die
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