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Notizen einer Verlorenen

Notizen einer Verlorenen

Titel: Notizen einer Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Vullriede
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Look.«
    Daraufhin schossen die Gläser in die Höhe und ein Gemurmel ging umher. Alle kamen und drückten mir die Hand, allen voran Alexander, der eine Zeit lang hinter meinem Stuhl stehen blieb, meine Schultern massierte und so tat, als gratulierten sie nicht mir, sondern ihm. Als alle mit dem Händeschütteln durch waren, schickte Buchheim ihn fort, um mit mir alleine zu sprechen und Alexander, der Einzige, dem ich hier vertraute, folgte seiner Anweisung so brav, wie einer von Buchheims Hunden.
    Ein bedrohlicher Unterton legte sich in Buchheims Stimme.
    »Sie haben doch hoffentlich alles verstanden?!«
    Es ging mir nicht gut. »Sicher, das hier ist eine Art Sterbehilfeverein.«
    »Das ist nicht ganz falsch, doch wir leisten hier keine aktive Sterbehilfe, so wie sie in den Medien diskutiert wird. Ich weiß ja nicht, wie viel Jens Ihnen tatsächlich erzählt hat. Niemand legt hier Hand an den anderen an. Wir schaffen lediglich vorteilhafte Bedingungen. Wir geben Auskünfte, überlegen, was man machen kann und was nicht und schaffen finanzielle Sicherheiten für danach. Jedes Mitglied soll mindestens ein Jahr lang von seinen Plänen Abstand halten, damit genügend Mitgliedsbeiträge eingehen. Das nur zu Ihrer Information.«
    Er hielt inne.
    »Glauben Sie an Gott?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Niemand von uns gehört einer Religionsgemeinschaft an. Religionen bestehen, weil sie ein Leben nach dem Tod versprechen. Sie existieren überhaupt nur, weil der Mensch Angst vor dem Tod hat. Wir glauben nicht an ein Paradies oder Ähnliches. Freuen Sie sich auf die Gefühllosigkeit des Todes. Wählen Sie ein schnelles Ende. Übrigens – die Sache mit den Tabletten geht selten gut. Fragen Sie Kevin Bader!«
    »Er wollte sich mit Tabletten das Leben nehmen?«
    Ich drehte mich um und suchte nach Kevins Gesicht, doch er stand irgendwo außerhalb meiner Sichtweite.
    »Übrigens …«, Buchheim packte mich unsanft am Arm, sodass ich erschrak. »… mit der Einjahressperre nehmen wir es nicht so genau. Sie können auch sehr gerne bereits vorher meinen Segen für Ihren Abschied haben.«
    Seine Worte durchfuhren mich. Solche Eile? Er musste mir doch die Chance geben, das alles hier zu verdauen! Warum lebte er selbst noch, wenn er so von seinen Zielen überzeugt war? Ich wagte, es auszusprechen.
    »Was ist eigentlich mit Ihnen und Ihrem eigenen Selbstmord? Oder gelten für Sie Sonderregeln?«
    »Ob Sie es glauben oder nicht – jemand muss diese Gemeinschaft leiten. Diese Person kann und darf gewiss nicht jedes Jahr wechseln.« Er kniff die Augen zusammen. »Und ich denke, für die Kürze Ihrer Mitgliedschaft, lohnt sich die Erklärung kaum.«
    Niemand hörte unser Gespräch mit. Alexander hatte mich ja mit dem Kerl alleine gelassen! Würde er mir glauben, wenn ich ihm gesagt hätte, dass Buchheim mich derart bedrängte? Hätte ihn das überhaupt belastet?
    Ich nahm das kleine bisschen Mut zusammen, das ich in den Untiefen meines Geistes finden konnte. »Sie wollen mich tot sehen«, sagte ich, »und zwar bald! Ist es nicht so?«
    Ich erwartete ein schuldbewusstes Räuspern, aber Buchheim formte ein falsches Lächeln.
    »Warum sollten Sie sonst Mitglied geworden sein? Wie war das noch? Ich halte die Qual in diesem Leben nicht mehr aus! Das waren doch Ihre Worte? Oder habe ich da etwas falsch verstanden, Frau Look?«
    »Was habe ich Ihnen eigentlich getan, dass Sie mich so hassen?«
    »Warum sollte ich Sie hassen? Sie sind ein nettes kleines Mädchen mit einem wohlgeformten Körper. Nein, hassen ist nicht der richtige Ausdruck.« Sein Zeigefinger ging zwischen uns hin und her. »Wir beide haben lediglich das Problem, dass Sie zu viel wissen.« Abschätzend musterte er mich. »Es muss ja nicht direkt morgen sein. Wer weiß, vielleicht kommen wir beide einander bis zu ihrem beeindruckenden Abschied sogar noch näher.«
    Er fasste sich mit einem ekelhaften Handgriff in den Schritt seiner gebügelten Hose. Mein Kopf wurde heiß. Würde Alexander mir helfen, wenn dieser widerliche Kerl sich an mich heranmachen würde? Ich sah mich um und fand ihn nirgendwo. Was hatte ich nur getan? Wie konnte ich mich in diese absonderliche Gemeinschaft einschleichen und meinen, dass es schon gut gehen würde? Wo war denn Alexander jetzt? Eben hatte ich das getan, was er wollte, hatte meinen unwiderruflichen Schwur auf ihre kranken Absichten geleistet und nun stand er mir nicht bei, als ich ihn brauchte. Er fehlte, wenn ich es recht überlegte, immer dann, wenn

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