Notizen einer Verlorenen
diesen Kreis, den ich da aufgezeichnet habe, und warten auf den Tod!«
Erschrocken trat ich einen Schritt zurück. Dabei hielt er weiterhin meine Schultern fest. Er sah auf einmal nicht begeistert aus, sondern fanatisch. Sein Griff tat mir weh und ich wusste plötzlich nicht mehr, was ich denken sollte.
»Du erwartest, dass ich dort stehen bleibe und darauf harre, dass mir ein Kohleofen auf den Kopf fällt?! Bist du verrückt?«
Ich starrte verständnislos in sein besessenes Gesicht und befreite mich von seinen Händen.
Alex ließ seine Arme nach unten fallen, als begreife er mich nicht.
»Was ist bloß los mit dir? Ich dachte, wir beide wollten das gemeinsam machen. Ich dachte, du liebst mich!«
Buchheim betrat die Scheune, leise, doch wir bemerkten ihn. Ich war fast dankbar, dass er uns unterbrach. Auch er sah enttäuscht aus.
»Kevin hat die Aktion abgesagt.«
Es dauerte eine Weile, bis Alex sich gefangen hatte. Doch er ließ sich Buchheim gegenüber seinen Frust über meine Reaktion nicht anmerken.
»Das Wetter?«, fragte Alex, noch etwas gereizt.
»Sie haben keine Starterlaubnis erhalten.«
Kevin, Tim und Patrick waren also nicht gesprungen. Für mich war es eine Erleichterung. Ich hatte nicht gewollt, dass es geschieht. Wenigstens das blieb mir heute erspart.
»Na, Sarah, haben Sie sich von dem einsatzfähigen Zustand dieses Kunstwerks überzeugen können?«
Buchheim wies auf den umgekippten Ofen vor uns. Er umging den Ort des Aufpralls und nickte anerkennend. »Klappt doch! Es wird ein schweres Stück Arbeit werden, ihn erneut in Position zu bringen.«
Er lächelte mich von Weitem schmutzig an. »Dann können wir ja bald einen Zeitpunkt für euer gemeinsames Projekt festlegen.«
Dieser Satz brachte mich innerlich aus der Fassung. So hatte er sich das also gedacht. Sollte das etwa Alexanders und meine gemeinsame Zukunft sein? Meine Augen wanderten zwischen Buchheim und Alex hin und her. Das Schlimmste war, dass Alex jetzt doch noch so zufrieden und zuversichtlich lächelte, dass er scheinbar überhaupt nicht mitbekam, wie zerrissen ich mich fühlte. Ich sagte nichts. Ich ließ die beiden einfach stehen und ging hinaus an die Luft. Sie redeten hinter mir in der Scheune, ich hörte es, aber ich verstand es nicht.
Auf der Rückfahrt – alle blieben wegen der Absage der Kevin-Aktion stumm – grübelte ich über Alexanders Plan nach, der auch irgendwie Buchheims Plan zu sein schien. Ich ärgerte mich immer mehr, je länger die Fahrt mit diesen Irren dauerte. Noch mehr allerdings ärgerte ich mich über mich selbst, da ich scheinbar nicht in der Lage war, mich ihrer Einflussnahme zu entziehen und meine heimlich gehegte Hoffnung, Alexander da rauszuholen, rückte in weite Ferne.
Kevin und seine beiden Freunde betraten das Vereinshaus. Es ist schwer zu beschreiben, wie die Unzufriedenheit über die misslungene Aktion ihre Gesichter prägte. In ihrem stummen Ausdruck spielte auch eine Art Scham über ihr vermeintliches Versagen mit, was durch unpassende Bemerkungen einiger Vereinsmitglieder noch genährt wurde. Gerne hätte ich ihnen jetzt meine Freude über die vermeintliche Niederlage gezeigt. Buchheim und Alexander aber trösteten sie auf ihre Art.
»Nehmt es nicht so schwer« , und » Das nächste Mal klappt es« , waren ihre aufmunternden Worte.
»Das Wetter war nicht so vorhergesagt worden«, entschuldigte sich Kevin. Er setzte sich auf einen der Barhocker und strich mit Daumen und Zeigefinger um sein Kinn herum.
»Scheiße!«
Mit seinem Ausruf entlud sich ein winziger Teil seines Frustes.
»Ja – allerdings, schließlich war die Strecke zu diesem Bauernhof lang genug.«
Geradezu sträflich wurde der Zwischenrufer von Alex taxiert und ich bemerkte mit Gänsehaut, zu welcher Aggressionslust er sich mal wieder aufladen konnte. Ich registrierte allerdings auch sein soziales Empfinden, welches ihn trieb, den ungerechtfertigten Angriff auf seine drei Freunde nicht ungestraft zu lassen.
»Kann es sein, dass unsere Mitglieder Marten und Kessel sich ernsthaft beschweren über den missglückten Versuch dreier unserer Freunde, während sie selbst …« Er presste die Worte zwischen seinen Zähnen merkbar zurückgehalten hervor, wobei er sich zunehmend in seiner Lautstärke steigerte. »… sie selbst nicht einmal einen Versuch unternehmen vor lauter jahrelanger Planerei?!«
Alex war bei den letzten Worten aufgesprungen und auf die beiden Angesprochenen zugegangen, die wiederum von zwei weiteren
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