Notrufsender Gorsskij
überhasteten Ankunft im »Jahr 2010« hatte ich keine Zeit mehr gehabt, mich intensiver umzublicken.
Dicht hinter dem knapp vierzig Meter hohen Zeitdeformator ragte eine zerklüftete Felswand aus dem Urwald empor. Es waren lediglich einige wie hingestreut wirkende Felsformationen, die wahrscheinlich schon vor Urzeiten entstanden waren.
Der Gipfel des größten Gesteinsbrockens neigte sich so weit vor, daß er eine Art Dach bildete und die Maschine vor einer Entdeckung aus der Luft bewahrte.
Dennoch war das kein Allheilmittel gegen die mit guten Radar- und Infrarottastern ausgerüsteten Flugstreifen des Jahres 1991.
Ich erkundigte mich, wie damals – das heißt in unserer Einsatzzeit – die Flugplätze und Routen ausgesehen hätten.
»Natürlich habe ich daran gedacht«, entgegnete Karenin vorwurfsvoll. »Wir sind hier sicher. Die üblichen Patrouillenstrecken liegen weiter westlich. Wenn nicht etwas geschehen ist, was niemals aktenkundig wurde, sind wir hier völlig sicher.«
Das war ein Unsicherheitsfaktor, den niemand einkalkulieren konnte. Wir waren entschlossen, eventuell auftauchende Luftfahrzeuge zur Landung zu zwingen, oder sie abzuschießen. In diesem Stadium durfte das Unternehmen nicht mehr gefährdet werden.
Außerdem – mir schwindelte, wenn ich daran dachte – waren jene Männer, die uns zu diesem Zeitpunkt eventuell entdecken konnten, ungefähr fünf Stunden später im Atomorkan der Riesenbombe gestorben. Es war sicher, daß nur solche Personen überlebt haben konnten, die sich um elf Uhr sechsundvierzig in dickwandigen Tiefbunkern befunden hatten.
Das galt auch für das Randgebiet, in dem wir uns nun aufhielten.
11.
Es war elf Uhr fünfundvierzig, am 14. August 1991.
Hannibal war vor einer halben Stunde von seinem Ausflug in die gefährliche Sperrzone ringsum des Werkes zurückgekehrt.
Gegen acht Uhr, so berichtete er, war über den vorgelagerten Bunkerbauten ein Hubschrauber mit vier oder fünf Wissenschaftlern und Technikern eingetroffen. Bei zwei Personen dieser Gruppe mußte es sich aufgrund unserer Unterlagen um die späteren Eltern der Verbrechermutanten handeln.
Für mich war es bedrückend, zu wissen, daß in einer Minute mehr als fünftausend Menschen in unmittelbarer Nähe sterben würden. Es handelte sich um die Besatzung des eigentlichen Atomkraftwerkes, die Wachbrigade und um die Belegschaft eines dazugehörenden Hüttenwerkes, in dem Uranerz aufbereitet wurde.
Wir konnten keine Warnung aussprechen. Niemand hätte uns geglaubt. Selbst wenn wir angehört worden wären, hätten wir ein Zeitparadoxum von unverantwortlicher Größenordnung verursacht. Es war unmöglich, den Ablauf der Geschichte derart weitgehend zu manipulieren.
Die beiden jungen Menschen Orbanow und Terkinszen waren schon problematisch genug.
»Ortung. Sie kommt!« vernahm ich Karenins Stimme. Sie klang heiser.
Ich drehte den Kopf. Karenin hatte die Fernrakete in den Taster bekommen. Sie war auf dem neuen russischen Raumflughafen von Turinsskaja Kultbasa, Nordostsibirien, gestartet worden. Nun tauchte sie in unserem Erfassungsbereich auf.
»Anlaufen lassen, Professor«, ordnete ich hastig an. »Jetzt, wenige Augenblicke vor der Detonation, kann man uns meinetwegen sehen. Schnell, oder wir erleben ebenfalls die Hölle.«
Die Strombänke des Marsgerätes heulten auf. Zehn Sekunden vor der Explosion stand unser hochgespannter Energieschirm.
Menschen, die sich zu dieser Zeit nahe den Lagerbunkern aufhielten, mußten das violette Leuchten über den
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