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NOVA Science Fiction Magazin 19 (German Edition)

NOVA Science Fiction Magazin 19 (German Edition)

Titel: NOVA Science Fiction Magazin 19 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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entwickelt.“
    „Soll ich im Januar
zu euch kommen? Ich könnte dir mit den Formularen helfen.“
    „Ich werde mich bei
dir melden, wenn ich etwas brauche.“
    Mit einem sanften
Impuls der linken Hand übergab ich den Wagen vorübergehend an die Automatik, um
mich zu ihr umdrehen zu können.
    „Wir könnten für ein
paar Tage an den Äquator fliegen. Es ist Jahre her, seit ich in einer der
Kuppeln war.“
    „Das Licht und die
Vegetation wirken immer so - animierend auf dich. Ich glaube nicht, dass ich
mich dem aussetzen möchte ...“
    „Ich habe ewig kein
Grün mehr gesehen.“
    Ihre Augen wären
ohnehin lichtlos und grau gewesen, aber sie sah unverwandt auf die schnurgerade
Piste hinaus, die wir im Schneckentempo entlangrollten, und ich kam nicht
einmal in den Genuss der Reflexe, die die Kontrolllichter auf ihre heiseren
Pupillen warfen. Ich gab es vorläufig auf, übernahm wieder die Steuerung und
beschäftigte mich intensiv mit den diversen Instrumenten.
    Es wurde etwas
wärmer draußen, und die Luftfeuchtigkeit nahm zu. Einige Kilometer abseits der
Piste lag ein Feld heißer Quellen, die aufgrund der seismischen Aktivitäten
immer wieder aufbrachen. Bisweilen gelangte das Wasser bis an die Oberfläche,
wo es Krater aus milchigem Eis aufwarf und die Umgebung mit Reif überzog. Kurzzeitig
bildete sich ein leichter Beschlag an den Fenstern, ehe die Scheibenheizung
sich regulierte und der künstliche Nebel verschwand. Vermutlich war es eine
Melange von Panik und Langeweile, in der ich die selbsttätige Enteisung der
Achsen auf höchste Stufe stellte. Aber vielleicht lag es auch an etwas anderem.
    Wir kamen an einem
der Masten vorbei, dem letzten Außenposten unserer Station. Die Piste knickte
ein wenig ab. Wir fuhren jetzt nach Nordwesten. Ich überlegte, ob ich Ricarda
daran erinnern sollte, wie wir diesen Mast zu zweit, unterstützt lediglich von
einem halben Dutzend Baurobotern, aufgestellt hatten und wie wir anschließend
drei Tage Sonderurlaub nahmen und nur zwischen dem heißen Whirlpool und ihrem
Bett hin und her pendelten, bis wir wieder aufgetaut waren. Aber sie hatte
angesichts des nostalgischen Gestänges keine Reaktion gezeigt und würde sich
auch jetzt auf kein sentimentales Geplauder einlassen. Umso überraschter war
ich, als sie von sich aus die geflügelte Rede anstimmte.
    „Ich weiß genau, was
du jetzt denkst. Ich weiß auch, dass du mich für zickig, störrisch und was weiß
ich was hältst. Vermutlich glaubst du sogar, dass ich von plötzlicher
Frigidität befallen bin.“
    „Habe ich
irgendetwas gesagt?“
    „Es ist nur“ - ich
spürte die knochige Kühle ihrer Hand auf der meinen, die ich auf ihrem linken
Schenkel vergessen hatte -, „ich ertrage die Einsamkeit auf diesen Stationen
nicht mehr.“
    „Es ist völlig in
Ordnung, dass du zu deiner Mutter fährst und unter Menschen kommst ...“
    „Du verstehst mich
nicht: ich ertrage nicht, dass du diese Einsamkeit erträgst.“
    „Wir sind immerhin
zu fünft.“
    „Und wenn es nur wir
zwei wären. Ich glaube, du könntest bis an dein Lebensende dort an deiner
Konsole sitzen, in der Freizeit deine autistischen Journale führen und einmal
die Woche zu mir unter die Decke kriechen, ohne irgendetwas zu vermissen.“
    „Ich werde dich
vermissen.“
    Ich weiß nicht mehr,
ob ich diesen Satz tatsächlich aussprach, oder ob ich ihn nur dachte.
Ehrlicherweise konnte ich ihr nicht widersprechen, denn was sie ausgemalt
hatte, war im Wesentlichen mein letzter noch lebender Traum. Indem sie ihn in
verächtlichen Konjunktiv kleidete, gab sie zu verstehen, dass ich sie verloren
hatte. Sie rupfte die Ärmel ihres Mantels aus synthetischem Kaschmir herunter,
bis ihre Hände ganz darin verschwanden. Der Nachklang ihrer Stimme versank im
geflissentlichen Piepen und Summen des mit sich selbst beschäftigten Rovers.
Ich drehte das Brandenburgische Konzert ein bisschen lauter.
     
    „Deine wievielte
Schicht ist das?“
    „Meine zehnte.“
    „Also bist du schon
seit fünf Jahren hier.“
    „Mit
Unterbrechungen. Zwei Perioden habe ich weiter im Osten, im Tien Shan gemacht.“
    Für sie war es der
erste Einsatz nach der Staatsprüfung. Sie war vor vierzehn Tag-en hier
eingetroffen. Schüchtern, staunäugig und voller Angst, als einzige Frau ein
ganzes Quartal unter drei wortkargen Männern zu verbringen. Wir saßen einander
im dampfenden Wasser gegenüber, ich massierte an ihrem roten Körper herum, der
nur langsam seine Eisesstarre aufgab. Vermutlich

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