NOVA Science Fiction Magazin 19 (German Edition)
schwer, sich zu konzentrieren. Zwar hatte das verzerrte Getöse draußen
nachgelassen, doch der Lärm in seinem Kopf war lauter geworden. Und jetzt war
es ganz eindeutig eine Sprache. Er verstand die Sprache nicht, doch der
Sprecher war offensichtlich verärgert und schimpfte, was das Zeug hielt. Was
auch immer da draußen war, wer auch immer nach Shelf gekommen war: Sie waren
richtig sauer. Die Stille ihrer Existenz war durch das hartnäckige Gebrabbel
seiner Maschine gestört worden. Albrecht war davon überzeugt, dass die Sprache
in seinem Kopf die gleiche war, wie sie die zweite Maschine empfangen hatte und
die Tidy und Klepper nicht entschlüsseln konnten.
Was
den Inhalt der Nachricht anging, hatte Albrecht keine Zweifel.
Die
Haustüre bog sich und splitterte. Der Lärm, den ihre Zerstörung verursachte,
wurde von etwas aufgesogen, das auf der anderen Seite stand. Nur ein Umriss war
in der Tür zu sehen, umrahmt vom Sonnenlicht, das in den Gang fiel. Das
Sonnenlicht fiel so sanft auf Albrecht, wie man ein Kind streichelte. Sein
Körper fing an zu brutzeln. Dann ging er, noch bevor er zu Boden fallen konnte,
in einem rot-orangenen Blitz in Feuer und Rauch auf. Sein Kopf, abgetrennt und
versengt, fiel nach unten, rollte durch den Gang und blieb auf dem
Fußabstreifer liegen. Er funktionierte noch ganz prächtig, und Albrecht hatte die
Gelegenheit, einen Blick nach oben zu werfen. Über ihm thronte der Nil,
zweifellos darauf aus, das nervige Ticken ein für alle Mal abzustellen.
Hinter
dem Nil sah Albrecht Shelf. Und wie da alles so still und friedlich in der
Mittagssonne lag, da fiel ihm zum ersten Mal auf, was für ein hübscher Ort es
war.
Er
schloss seine Augen und bereitete sich auf das Sterben vor. Er schloss seine
Augen und genoss die Stille.
Copyright
© 2012 by Paul L. Mathews
Übersetzung
Copyright © 2012 by Tommi Brem
Es muss
um 1980 gewesen sein, als ich Ronald M. Hahn kennenlernte. Es passierte, glaube
ich, im Fantastic Shop des vielfach umtriebigen Werner Fuchs (damals
Herausgeber der SF-Reihe bei Knaur und später ein erfolgreicher Geschäftsmann
vor allem auf dem Spielesektor), in einem winzigen Ladenlokal in der
Philip-Reis-Straße in Düsseldorf – ein geschichtsträchtiger Ort, wie ich später
erfuhr: In dieser Straße wohnte einst der Theaterschauspieler und Anarchist Ret
Marut, der 1924 nach Mexiko floh und unter dem Pseudonym B. Traven als
Abenteuerschriftsteller in die Weltliteratur einging. Um 1980 befand sich die
Science Fiction in Deutschland auf einem Höhepunkt, und von den Möglichkeiten,
die sich einem Neuling damals boten, können heutige deutsche SF-Autoren nur
träumen (ich will nicht behaupten, dass ich sie immer klug genutzt habe, aber
das ist eine andere Geschichte): Heyne, Bastei, Knaur, Ullstein, Moewig und
Goldmann hatten SF-Taschenbuchreihen im Programm. Mit bis zu fünfzehn
Neuerscheinungen im Monat war Heyne einer der größten SF-Verleger der Welt.
Hohenheim veröffentlichte SF im Hardcover. Heinrich Wimmer startete im
Corian-Verlag eine SF-Hardcoverreihe ausschließlich mit Romanen deutscher
SF-Autoren. Ich war damals noch ein Frischling. Mein Interesse hatte sich erst
vor kurzem von der Weird Fiction auf die SF verlagert, aber die beiden Herren,
denen ich eines Tages ehrfürchtig gegenüberstand, waren mir bereits
wohlbekannt: Horst Pukallus übersetzte gerade John Brunners Mammutroman Stand
on Zanzibar. Ronald M. Hahn war Mitverfasser des Lexikon der Science
Fiction Literatur , meinem unverzichtbaren Reiseführer durch die Welten der
SF, und als Herausgeber, Literaturagent, Übersetzer und Jugendbuchautor
(letzteres besonders in Zusammenarbeit mit Hans-Joachim Alpers) aktiv. Horst
und Ronald waren zudem die wohl wichtigsten und prominentesten deutschen
SF-Autoren dieser Zeit (neben Wolfgang
Jeschke und dem von Ronald geschätzten und geförderten Jungtalent Rainer Zubeil
alias Thomas Ziegler aus Köln).
Damals
hätte ich mir nicht träumen lassen, wie nachhaltig diese beiden Herren mein
Leben beeinflussen sollten. Ronald veröffentlichte 1984 bei Ullstein meinen
ersten Roman Rubikon , versorgte mich mit ersten kleinen
Übersetzungsaufträgen und ebnete mir den Weg in ein Dasein als freier Autor
(und ich bin bei weitem nicht der einzige, der in den Genuss seiner großzügigen
Unterstützung gekommen ist). Mit Horst Pukallus war ich viele Jahre lang fast
täglich in Kontakt, und 1989 erschien bei Heyne unser gemeinsamer
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