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November 1918: Eine deutsche Revolution: Erzählwerk in drei Teilen Erster Teil: Bürger und Soldaten 1918 (German Edition)

November 1918: Eine deutsche Revolution: Erzählwerk in drei Teilen Erster Teil: Bürger und Soldaten 1918 (German Edition)

Titel: November 1918: Eine deutsche Revolution: Erzählwerk in drei Teilen Erster Teil: Bürger und Soldaten 1918 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Unterabteilung, die sich mit Heeresorganisation, Truppenverlegung, Neuformationen, Truppenausbildung, Flurschäden, mit Märschen und Einquartierungen befaßte.
    Eine Unterabteilung 2 bekümmerte sich um die Rückverlegung bei Bedrohung. Sie hatte zuletzt viel zu tun mit der Aufstellung der Marschrouten, dem Bahnschutz, der Demobilmachung. Zwei Hauptleute an ihrer Spitze taten, was sie konnten.
    Es schloß sich an: die Abteilung 1 b mit einem Major als Haupt von vier Unterabteilungen. Da dachte man schon an finstere Dinge: an Halbinvalide, Gendarmen und Schutztruppen, an Geheimschrift, Dolmetscher. Es drehte sich auch um Pferdeangelegenheiten, Genesungsheime, Genesungskompanien, um Militärmusik und Holzabfuhr, um Schanzzeug für Truppen, um Munition, Fahnen und Standarten.
    Und das alles war nur die Abteilung 1. Was konnte wohl noch für eine Abteilung 2 oder sogar Abteilung 3 übrigbleiben? Aber es gab Abteilungen bis zur Zahl 8, und selbst da war man noch nicht zu Ende.
    Mit feierlichen Dingen befaßte sich die Abteilung 2 a. Sie gab die Heiratserlaubnis für Offiziere und rehabilitierte Verurteilte, vermittelte Throngesuche und sammelte die unermeßlichen Bitten und Vorschläge um Verleihung des Eisernen Kreuzes. Ein Sonderkapitel bildeten die Eisernen Kreuze für Schwerverwundete und Austauschgefangene. Man führte unendlich viel Listen: über die aus dem Feld gesandten Offiziere, über die vorhandenen Generäle und Stabsoffiziere, über die Offiziere in Lazaretten und in der Heimat. Abteilung 1 a übte die Kontrolle über kranke und verwundete Offiziere, denn auch das mußte geschehen. Die Ehrengerichte, persönlichen Angelegenheiten Seiner Exzellenz, Selbstmorde von Offizieren und ähnliche diskrete Dinge vergaß man nicht.
    Ein wichtiges, von Schmerzensschreien und Hoffnungsgrüßen umringtes Haus war Brandgasse 2: da hauste Abteilung 2 b, die Reklamationsabteilung. Ein Büro, bestehend aus zwei Hauptleuten, einem Oberleutnant, vier Leutnants und einem großmächtigen Vizewachtmeister hatte sich hier aufgetan und arbeitete Tag und Nacht. Es ging um Tod und Leben. Es waren in der Tat unzählige Fälle, die an sie liefen, der Menschheit ganzer Jammer, die Friedensliebe, die Liebe von Tausenden zum Leben klammerte sich an die Brandgasse 2. Man bearbeitete wohlwollend oder nicht wohlwollend alle Gesuche, bitteres Jenachdem. Man befaßte sich mit Zurückstellung noch nicht eingestellter Wehrpflichtiger, Entlassung, Zurückstellung, Beurlaubung eingestellter Wehrpflichtiger. Welche brennenden Briefe mit durchsichtigen Scheingründen waren hier eingelaufen. Wie viele geheime Gespräche hatte man geführt oder vergeblich zu führen gesucht.
    Es gab auch Tiere im Heer. Das ermöglichte, die Abteilung 4 d aufzuziehen. Da wurde nun das liebe Pferdevieh regiert.
    Die Abwehrabteilung, Abteilung 1 d in der Brandgasse 11. Sie hatte Berührungen mit vielen andern Abteilungen. Man war auf dem diskretesten Posten. Es ging um Spionage- und Sabotageabwehr, um Überwachung, Nachrichtenwesen, um Kriegsgefangene, um allerhand sonstiges Hoch- oder Minderpolitisches im Auslande, Eisenbahnüberwachung, Brieftauben, Feuersbrünste, die nicht erklärt waren, um Auslandsurlaub, um die Freigabe von Sprengstoffen.
    Leichenüberführungen, Kriegergräber, Kriegerehrungen und Verkehrsregelung übernahm die Abteilung 6, Übersichten über die Formationen der Heere führte die Abteilung 7, ihr war auch der Paket- und Güterverkehr zum Feldheer und zur Heimat angegliedert. Betrachtet man das Haus Kleberplatz 9, wie stumm und harmlos steht es jetzt da, stille Wasser sind tief, aber in seiner dritten Etage hatte die Kriegswirtschaft des Generalkommandos gethront, und was sie tat? Sie hielt Verbindung mit den Zivilbehörden, nahm an Besprechungen teil, besonders an den Sitzungen der Preisprüfungsstelle Straßburg, sie überwachte die Ernährungslage der Zivilbevölkerung, ohne aus Eigenem von ihrer dritten Etage herab zu ihrer Besserung beitragen zu können. Sie verfolgte um so aufmerksamer die Fachpresse, führte ein Verzeichnis der wegen Überschreitung der Höchstpreise bestraften Personen – bestimmt nicht, um sie der Abteilung 2 a zwecks Verleihung eines Eisernen Kreuzes vorzuschlagen –, sie gab monatlich einen Bericht an das Kriegsministerium. Sehr bösartig war diese Abteilung keinesfalls. Es gab sogar Personen, die behaupteten, daß sich in ihr wie in andern Stellen Personen sammelten, die obwohl wehrpflichtig, doch dem rauhen

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