November 1918: Eine deutsche Revolution: Erzählwerk in drei Teilen Erster Teil: Bürger und Soldaten 1918 (German Edition)
Kriegshandwerk gefühlsmäßig entsagt hatten und seiner Unberechenbarkeit einen friedlichen Druckposten mit guter Besoldung vorzogen.
Erwähnen wir noch die Versorgungsabteilung, die in der Poststraße wohnte und sich von einem Oberstleutnant, einem Hauptmann, drei Leutnants, schließlich drei Oberstabsärzten repräsentieren ließ. Es ging hinein in das traurige Kapitel der Hinterbliebenenversorgung der Unterklassen, auch um die Kapitalabfindung der Rentenempfänger, um Badekuren, um Zivilversorgung. Manches leistete diese Abteilung, manches verrichtete sie, die Ereignisse selbst konnte sie nicht übersehen, daher blieb vieles bei Versprechungen.
Um ein Bild von der Größe des stellvertretenden Generalkommandos des 15. A. K. zu erhalten, müssen wir uns nun von der Abteilung G. O. in der Apfelstraße, von der Abteilung K., der Klassenkommission, zu der bitterbösen Abteilung 3 begeben, die das Erdgeschoß der Sternwartstraße 11 bedeckte und sich aus Juristen zusammensetzte, die sich in der dritten Person und Herr Oberkriegsgerichtsrat, Herr Kriegsgerichtsrat, Herr Oberkriegsgerichtssekretär anreden ließen, jedoch auch dies nur, wenn man gefragt war. Hier hauste die Furcht. Alles was greulich war und einen lebensgefährlichen Charakter trug, rottete sich hier zusammen. Diese Herren stellten zum Oberkriegsgericht einen Vorsitzenden oder Beisitzer. Sie befaßten sich auf nüchternen Magen mit verschiedenen Strafverfolgungen, zum Beispiel nach § 9 b B. G. B. Sie betrieben bohrend Ausbürgerungen, Fahnenfluchtaffären, Spionagefälle, sie beschlossen über Schutzhaft und was es sonst noch für Verruchtheiten gab. Zu behaupten, daß sie bissige Jagdhunde oder Bulldoggen wären, wäre unrecht. Sie waren das Fleisch gewordene, zu Galle geronnene Militärgesetz.
Es ist von Kleberstaden 12 zu melden, wo ein Geheimer Kriegsrat, ohne grade himmlische Rosen ins irdische Leben zu flechten, sanfter schaltete und waltete. Ihm lag ob, Mannschaften zu besolden, Flurschäden zu vergüten, Militärkinder zu unterrichten, überhaupt auf nützliche Weise, wenn auch sparsam, Geld auszugeben. Rühmen wir diesen Geheimen Kriegsrat und geben wir den Namen seiner Abteilung preis: 4 a.
Wir wandern weiter zur Hohenlohestraße 26. Hier thronte nun wieder bloß ein Generalarzt und tat alles, zusammen mit einem Oberarzt und Oberstabsapotheker, was ein Sanitäter an Aufsicht und Regierung vor sich bringen kann, beginnend mit der Ausbildung der Sanitätsmannschaft, womit die Sanität überhaupt erst zur Existenz kommt, mit dem Sanitätsdienst bei den Truppen, womit sie sich bemüht zu funktionieren, mit der Feld- und Truppensanitätsausrüstung – bis zur Unterbringung von Geisteskranken (wir sind einem Exempel dieser Kategorie im Beginn unserer Erzählung begegnet), bis zu den Sanitätshunden, die arme Verwundete im Gelände aufstöbern und retten.
Der Herr evangelische Militär-Oberpfarrer, wie sollte er unter der Kuppel eines solchen menschenüberdachenden Aufbaus fehlen! Er ist Geheimer Konsistorialrat. Der katholische Militär-Oberpfarrer, er schließt sich ihm an, der ist nun bloß ein schlichter Prälat. Vollends der jüdische Militär-Oberpfarrer, er ist nicht vorhanden, und wird, das ist eine Steigerung in das Nichts hinein, weder als Oberpfarrer noch als Unterpfarrer noch als Synagogengehilfe sichtbar.
Zuletzt hat das menschenbeherrschende Generalkommando noch geglaubt, sich in der Manteuffelstraße 49 etablieren zu müssen. Das Walten dieses Kriegsamtes ging ins Unendliche; hier griff man, in drei Abteilungen, in sehr entlegene Dinge ein, und der Sinn dieser Dienststelle, mit vielem Personal ausgestattet, konnte nur sein zu zeigen, daß auch nichts, absolut nichts dem Auge der Herrschaft entging. Man verfiel hier darauf, astronomische Statistiken der Belegschaften von Fabriken, Bergwerken anzulegen, es standen Schränke im Rücken des reichlich anschwirrenden Personals, die Schränke sollten gefüllt werden. Man diskutierte über Ausnützung der Strafgefangenen, die Unterstützung der schulentlassenen Jugend; man bewirtschaftete Säcke, Jute und Bastfaserstoffe, man räumte Fabriken und richtete sie ein, man leitete die Abtransporte der Motore und Riemen, man wandte seine Sorge der Dachpappe und dem Zement im Lande zu, fragte und forschte, wo es Schwerarbeiter und Schwerstarbeiter gab, las die fachwissenschaftliche Presse, erteilte Auskunft und Gutachten.
Es stellte sich sogar im Bereich des Generalkommandos eine
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