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Novemberasche

Titel: Novemberasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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hatte.
Die große Hainbuche
hatte es geheißen, und darauf zu sehen war ein einsames Gehöft und davor eine riesenhafte, gigantische Hecke. Das Seltsame
     an dieser Hecke war gewesen, dass sie, so groß und überdimensional sie auch war, sorgfältig zurechtgestutzt war. Eine Zyklopenhecke,
     verpflanzt nach Lilliput. Auch Erik hatte dieses Bild gefallen. Deshalb hatte sie die Hainbuchen setzen lassen. Man konnte
     sie beschneiden, wie man wollte, Hainbuchen nahmen nichts übel!
    »…   schon vor einiger Zeit Konkurs anmelden müssen.«
    Sie hatte die Hainbuchen zu einem ganz entzückenden Bogen zurechtgeschnitten.
    »…   haftet auch mit seinem Privatvermögen.«
    Sogar die Prenzl aus dem Lionsclub hatte sie darum beneidet.
    »Auf jeden Fall   … eine Hypothek auf das Haus aufgenommen   … tut mir leid   … sicher ein Schock   … so schnell wie möglich ausziehen.«
    »Was sagen Sie da?«
    Paula richtete ihren Blick von der Hainbuche auf den bayerischen Notar, schaute vom bayerischen Notar zu Herrn   …
    »Ihr Mann hat Ihr gemeinsames Haus seinerzeit als Sicherheit für seine Firmengeschäfte eintragen lassen. Aber das wissen Sie
     ja, denn das haben Sie unterzeichnet   … Jedenfalls rate ich Ihnen, das Haus bald zu verkaufen, um den Schaden so gering wie möglich zu halten. Allein die Hypothekenzinsen,
     die er jeden Monat   …«
    »Moment.«
    Paula hatte immer noch Mühe, den Worten einen Sinn zu geben. Sie sah von einem zum anderen. Das Beruhigungsmittel, das sie
     genommen hatte, vernebelte ihr den Verstand, sie hatte das Gefühl, in einem Meer aus Watte zu stecken.
    »Sie wollen mir gerade sagen   … Das habe ich doch richtig verstanden   …« Paula rieb sich das Gesicht. Die Tischplatte war so hell und groß und sauber, nur der Laptop des Notars und der des anderen
     Mannes standen darauf. Gab es denn heutzutage keinen Papierkrieg mehr? Sie konnte sich nicht konzentrieren.
    »Sie wollen mir sagen, dass ich   … dass meine Kinder und ich aus dem Haus ausziehen müssen? Dass es nicht mehr uns gehört?«
    Sie starrte den Notar mit riesigen Augen an, sie sah ihn bedauernd nicken. Er sah so bodenständig aus, so bayerisch. Und jetzt
     auch wieder so väterlich. Aber konnte ein Vater seinem Kind so etwas sagen?
    »Aber   … da kann man doch sicher noch etwas machen! Ich meine, es kann doch gar nicht sein, Eriks Firma lief doch immer so gut   … Und das neue Spiel ist doch ein voller Erfolg   … Ich verstehe das alles nicht!«
    »Ihr Mann hat auf die falschen Pferde gesetzt.«
    Der andere Mann, wie hieß er noch, hatte sich aus seinem Schweigen heraus zu Wort gemeldet. Sie hatte ihn fast schon vergessen.
     Sie sah in seinen Augen dasselbe bedauernde Lächeln, nur dass es schmaler war.
    »Was meinen Sie   … Welche Pferde?«
    »Das war natürlich bildlich gesprochen.« Er räusperte sich.
    »Sie haben doch von der Bankenkrise gehört   …«
    Paula nickte. Sicher, wer hatte davon nicht gehört? Aber die Bankenkrise war doch weit weg und betraf nur andere. Nicht wahr?
    »Erik hat in ein paar Papiere investiert, die   …«
    Paula starrte ihn ungläubig an, seine ausdruckslosen Augen, seine schmalen Lippen. Erik war tot, sie war allein mit den Kindern.
     Und nun erfuhr sie, dass das Haus nicht mehr ihr Haus war. Ein entsetzlicher Verdacht keimte in ihr auf.
    »Unser Konto. Da ist doch sicher noch Geld drauf. Ist es doch?« Ihre Stimme versagte.
    Der Mann zuckte mit den Achseln, hob bedauernd die Hände. »Ich habe natürlich keinen Einblick in Ihr Privatkonto. Aber aufgrund
     der finanziellen Gesamtlage ist damit zu rechnen   …«
    Es war ein Albtraum, es musste ein Albtraum sein, in dem sie sich hier befand. Einer jener Träume, in denen man endlos überfordert
     war, sich in der Flussmitte befand odernackt unter Menschen stand. Nein, das konnte alles nicht wahr sein. Gleich würde sie erwachen und feststellen, dass alles
     gut wäre. Erik würde sie in seine Arme schließen und beruhigende Worte murmeln. Und sie würde sich an ihn schmiegen. Und alles
     wäre wieder gut.
     
    ☺
     
    Ich bin jetzt einer von ihnen, ich kann’s nicht glauben. Sie wollen, dass ich dabei bin. Und die sind ganz schön cool. Aber
     das Beste ist, sie glauben an mich und meine Cleverness ist ihnen kein Hinderungsgrund, weil ER selbst clever ist und sagt:
     Wir können die Welt verändern. Wir. Erst dachte ich, der verarscht mich. Oder der spinnt total. Aber je länger ich darüber
     nachdenke, desto

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