Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Novemberasche

Titel: Novemberasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
machte eine abrupte Bewegung und spürte Barbaras überraschten Blick von der Seite. Diese Unkrautzupfer-Mentalität
     war nichts für ihn. Und wenn er je wieder umziehen würde, so niemals in einen Häuslebauerpfuhl.
    »…   siehst irgendwie angesäuert aus.« Barbaras Stimme drang an sein Ohr.
    Er ignorierte ihre Bemerkung und drückte den Klingelknopf. Die Haustür wurde fast unmittelbar von einer kräftigen kleinen
     Frau geöffnet, die sie mit wachen, ja, wachsamen braunen Augen musterte.
    »Ja?« Ihr Blick, der zwischen Sommerkorn und Barbara hin- und herwanderte, verriet ein tief sitzendes, wahrscheinlich angeborenes
     Misstrauen.
    Sommerkorn und Barbara hielten ihr vorschriftsmäßig die Auweise hin.
    »Frau Walser? Wir hätten gerne Ihren Mann gesprochen.«
    Einen Moment lang schien sie zu zögern, ihr Blick huschte an Sommerkorn vorbei, tastete kurz die Straße hinterseinem Rücken ab. Sie wägt ab, kam es Sommerkorn in den Sinn, zwischen der Unnannehmlichkeit, die Polizei im Haus zu haben,
     und den Augen im Hintergrund, die hinter den Gardinen lauern, dachte er boshaft und unterdrückte ein Grinsen.
    »Worum geht’s denn?«
    »Wir müssen Ihrem Mann ein paar Fragen stellen, im Zusammenhang mit Leander Martìns Tod.«
    »So?« Erneut dieser Blick, mit dem sie die Straße abtastete, dann gab sie widerwillig ihren Posten in der Tür frei und trat
     beiseite.
    »Ich hol ihn.«
    Frau Walser ließ die beiden im Flur stehen und stampfte energisch die Treppe nach oben. Sommerkorn nutzte ihre Abwesenheit,
     sich umzusehen. Mit untrüglichem Instinkt erkannte er, dass in diesem Haus alles seinen Platz hatte. Die hier herrschende
     Ordnung würde sich in den Schränken fortsetzten, da war sich Sommerkorn sicher. Hinter der Tür zu seiner Rechten würde sich
     eine schicke und praktische Einbauküche verbergen – er tippte auf Weiß, Hochglanz mit einer Arbeitsplatte aus Echtholz, Buche
     mit abgerundetem Kantenprofil, auf der eine dieser vollautomatischen Kaffeemaschinen stehen würde, die auf Knopfdruck Kaffee
     produzierten, den er, Sommerkorn, in den meisten Fällen grauenvoll fand. Er selbst war vor nicht allzu langer Zeit wieder
     zum Aufbrühen des Kaffees mit einem Handfilter übergegangen.
    Auf einmal hörten sie Schritte auf der Steintreppe, polierter Granit, und wenig später stand der Lehrer vor ihnen.
    Wie Sommerkorn durch einen Seitenblick feststellte, reagierte Barbara genauso überrascht, wie er selbst einige Tage zuvor
     auf Walser reagiert hatte. Er entspricht so gar nicht dem Bild eines Oberstudienrats für Mathematik undPhysik, dachte er. Walser war mittelgroß, athletisch, hatte braunes, leicht gelocktes Haar und trug ein rosafarbenes Poloshirt
     von Lacoste. Sein Teint ließ in dieser lichtarmen Zeit darauf schließen, dass er regelmäßig ein Sonnenstudio aufsuchte. Seine
     Augen blitzten blau aus dem gebräunten Gesicht und das leicht fliehende Kinn zierte ein sorgfältig gestutzter Bart – einer
     von der Sorte, mit dem man sich täglich auseinandersetzen musste, wollte man ihn so bewahren, wie er war.
    Walser gab ihnen die Hand und ging dann voraus ins Wohnzimmer. Wenn Sommerkorn mit den Jahren eine Aversion gegen etwas entwickelt
     hatte, dann waren es: geflieste Wohnzimmer. Auch ich habe mal in so einem Schwimmbad ferngesehen, dachte er und stellte nach
     einem zweiten Blick fest, dass das auch die einzige Ähnlichkeit blieb zwischen seinem ehemaligen Familienwohnsitz und diesem
     völlig in Creme gehaltenen Raum.
    Walser forderte sie mit einer Geste auf, sich zu setzen.
    »Wie kann ich Ihnen helfen?« Er hatte auf einem Sessel Sommerkorn gegenüber Platz genommen, seine Arme ruhten locker auf den
     Lehnen, die Hände hingen lose hinunter. »Ist Matthias Wölfle wiederaufgetaucht?«
    Bevor Sommerkorn zu einer Erwiderung ansetzte, musterte er den Mann kurz und dachte an den Verdacht, der geäußert worden war.
     Was war dran an der Erzählung, dieser Mann habe in einer Hotelzimmertür halbnackt vor Leander Martìn gestanden?
    »Kennen Sie den
Rosenhof
in Bregenz?«, fragte Sommerkorn.
    Das eben noch zur Schau getragene Lächeln jovialer Bereitschaft sackte ein wenig tiefer, und Sommerkorn meinte im Blick des
     Lehrers ein Flackern zu erkennen.
    Walser räusperte sich und seine Hände zitterten, als er sagte: »Nein. Ist mir nicht bekannt.«
    Barbara wiederholte Sommerkorns Frage: »Sie kennen den
Rosenhof
in Bregenz also nicht?«
    »N… nein.« Nicht mehr ganz so überzeugend.
    »Es

Weitere Kostenlose Bücher