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Novembermond

Novembermond

Titel: Novembermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Heyden
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versuchte, meine Schultern zu straffen und trat langsam aus dem Bad, das direkt in das kleine Wohnzimmer führte. D ie Einrichtung stammte ganz offensichtlich aus dem Sort i ment einer Billigmöbelkette. Gregor saß au f recht in einem geblümten Sessel und erwar tete mich. Er lächelte und sah mich an . I ch wollte meinen Blick von ihm losre i ßen, aber ich fühlte mich wie gelähmt .
    „Komm her.“
    Ich schwankte und gehorchte. Meine Füße setzten sich in Bewegung und gi n gen auf ihn zu, obwohl ich mich umdrehen und laufen wollte. Der Weg, den ich bis zu ihm zurücklegen musste, kam mir unen d lich kurz vor.
    Gregor saß vor mir, das Aussehen alles andere als eindrucksvoll, aber mit A u gen , die mich fest hielten. Sie tropften eine grausame Macht in mich hinein, lan g sam, stetig und qualvoll.
    Ich fragte mich in plötzlicher Wut, wie oft er das schon gemacht hatte . Me n schen quälen, um sich an ihrer Furcht zu weiden. Über Jahre, Jahrhunderte? O h ne nachzudenken, rannte ich, aber bevor ich ihn erreichte, zwang mich seine Kraft wie eine Puppe auf die Knie.
    „Was wolltest du tun, Schätzchen?“, fragte er amüsiert. „Mich schlagen?“
    Ich zitterte, bebte und blieb auf den Knien. Mein Inneres glühte, doch mein Körper fror. Ich wusste wirklich nicht , was ich hatte tun wo l le n . Mich nicht mehr so verdammt hilflos fühlen. Ihn erschrecken. Ihn schlagen? Eben wollte ich es. Aber hätte ich es fertiggebracht ?
    Gregor s Blick veränderte sich, schien nochmals eindringlicher zu werden. Ich spürte, wie m ich seine Kraft umhüllte und durchdrang . Sie ve r ändert e sich , floss wie eine sanfte Woge um mich herum , durch mich hindurch und streichelte mich . Mein verkrampfter Körper en t spannte sich sofort, und ich keuchte verwirrt , denn d iese Energie war trös tend , beschützend und erleichterte m ein Herz . Sie schien einen Ort tief in me i nem Innern zu finden und ihn zu berühren. Dann veränderte sie sich erneut . Ich stöhnte und schlan g die Hände um meinen Körper. Aber ich konnte mich nicht schützen .
    Dass Vampire dazu in der Lage sind, Gefühle zu lesen, hatte Julian mir gesagt. Aber d ie s hier war anders, viel schlimmer. Gregor spielte mit mir, auf mir, wie man auf einem Musikinstrument spielt, das einem wunderbar vertraut ist und man absolut beherrscht. Darin war er ein Künst ler. Gregor spielte mit meinen Gefühlen, meinem Verstand und mit meinem Kö r per. Ich fühlte Furcht, Lust, eine sinnlose Sehnsucht, Schmerz , Freude und Hass, ganz wie er es wollte. Er hatte die Macht, alle Gefühle in mir hervor z u bringen. Noch nie hatte ich etwas erlebt, dass mir mehr Angst ei n jagte.
    „Komm jetzt zu mir.“
    Ich stand auf und ging die wenigen Schritte mit schleppenden Füßen, aber ich ging . D icht vor ihm blieb ich stehen. Innerlich zuckte ich zurück, doch äußerlich blieb ich bewegungslos. Gregor fasste mich am Kinn. Sein Da u men strich sanft über meine Wange. Ich schaute in das bleiche, reglose Gesicht, in dem goldene Augen freudig glänzten. Seine Augen stießen etwas in mir auf, um noch weiter in mich einzudringen, wie durch eine geöffnete Tür. „Sie ist so ve r führerisch wie der Apfel, den Adam von Eva bekommen hat. Und ihre Essenz erstaunlich klar und kräftig. Für einen Menschen.“ Gregor lächelte wie ein gütiger Vater. „ J etzt zeig mir noch etwas mehr von dir.“
    Ein Teil von mir flüchtete wie ein erschrecktes Tier in die hinterste Ecke me i nes Kopfes, als er sich in Ruhe in mir umsah, sich genüsslich in mir brei t machte, in meinem Verstand und in meinen Gefühlen. Ich spürte seine B e geisterung , als er begann, eine quälende Erinnerung nach der anderen hervorz u holen, während langsam Tränen über mein Gesicht liefen. Er wühlte in meinen schlimmsten E r innerungen, weidete sich an meinen größten Ängsten. Ich erlebte die Beerd i gung meiner Mutter, den Tod meiner Schwester, stand in der Tür und be o bachtete , wie Thomas mit Lissy schlief, sah diese blonde Ärztin mit der schlechten Dauerwelle vor meinem Krankenbett, als sie mir sagte, dass ich mein Kind verloren hatte . Ich lag im Bett und weinte um Julian, spürte den Dämon, der zu Neumond nach mir greifen und mich b e sitzen wollte, und sah Gregor vor mir, im Hier und Jetzt. Irgendwann wusste ich, ich musste lo s lassen, abschalten, sonst wäre eine Grenze überschritten, hinter der ich ni cht mehr zurückfinden kön nte zu mir selbst.
    Aber ich wusste nicht, wie.
    „Julian hat nie ihr

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