Novembermond
Haa r strähne aus der Stirn und klemmte sie hinter ihr Ohr. „Du kannst mir vertrauen, so schnell wirst du mich nicht los. Wir werden uns bald wiedersehen.“ Als er drohte, im Blick ihrer blauen Augen zu versinken. fra gte er sich k urz, wem er jetzt Trost zusprechen musste. „Die nächste Nacht, die wir gemeinsam verbringen, wird die beste deines Le bens.“ Seine Fi ngerspitzen wa n derten über ihre Schulter, dann zu ihrer Brust. Abrupt hielt er inne. Unausgespr o chenes Verlangen hing quälend zwischen ihnen . B ald würde er nicht mehr klar denken können . Dieses Risiko konnte er nicht eingehen . „Ich muss jetzt wirklich gehen, es ist besser so.“ Für Ellens Sicherheit.
„Aber …?“
„ Ein dringender Einsatz. Es tut mir leid, i ch kann dir jetzt keine Erklärung g e ben. Ich kann dich nur bitten, mir zu ve r trauen.“
Ellen w irkte beunruhigt, aber sie nickt e und vertraute ihm, und das erleichterte ihn u n gemein. Spontan wollte er ihr gestehen, wie viel sie ihm bedeutete, aber dann hielt er sich zurück. Er durfte seiner Selbstsucht nicht nachgeben und war jetzt ganz s icher nicht in der Verfa s sung , Pläne oder Versprechungen zu machen. Nichts wäre schlimmer, als sie später zu enttäuschen. Erst einmal brauchte er Abstand. „Gute Nacht, meine Schöne.“ Er lächelte mü h sam über ungewohnte Gefühle hinweg und berührte kurz ihre Stirn, bevor er sich hastig von ihr entfer n te. „Jetzt geh zurück ins Bett und schlaf dich aus. Ich rufe dich am Mittwoch an.“
Sein e knappe Geste überraschte Ellen ebenso wie der abrupte A b schied. „Aber am Mittwoch bist du mir eine ve r dammt gute Erklärung schuldig.“
„Ja. Das bin ich“, meinte er ernst.
Sie lächelte ihn fragend an , ging aber zurück ins Schlafzimmer, als er schwieg. E r folgte ihr in den Flur und beobachtete sie. Julian versuchte, gegen das Funkeln seiner glühenden Augen anz u blinzeln. Dann drehte er sich um und zog schnell die Wohnungst ür hinter sich zu.
Kapitel 11
„D
as kann er doch nicht wirklich gesagt haben!“
Richard hob beschwichtigend die Hand. „Was hast du erwartet? Dass sie auf Konsequenzen verzichten?“
„Ja, das habe ich“, erklärte Christian trotzig. „Nach allem, was ich durchgemacht habe!“
„Und nach allem, was du getan hast?“
„Ein ganzes Jahr?“ Christian ignorierte Richards Einwand. „Andrej will wirklich vorschlagen, dass sich meine Wartezeit um ein ganzes Jahr verlängert?“
„Es geht doch nur um ein Jahr, Chris. Ein einziges.“
„Ich weiß, dass dir Zeit überhaupt nichts bedeutet“, sagte Christian wütend. „Aber insgesamt sind es dann noch vier Jahre, die wir warten müssen. Im Gegensatz zu dir werde ich älter. Was ist, wenn mir etwas passiert? Ein Unfall? Oder eine tödliche Krankheit? Krebs?“ Er redete sich immer mehr in Rage.
„Chris. Komm wieder runter.“ Richards Stimme blieb sanft. „Du weißt, wie unwahrscheinlich das ist. Und wenn doch etwas passiert, werden wir eine Lösung finden.“
„So wie jetzt?“
„Wir können froh sein, dass Andrej nicht vorschlagen wird, deine Erinnerung an die Gemeinschaft komplett auszulöschen.“
„Das würdest du zulassen?“, fragte Christian anklagend. „Ich habe geglaubt, unter deinem Schutz zu stehen!“
Richard senkte den Blick. „Ich stehe zu dir. Und tue für dich, was ich kann. Das weißt du doch.“
Christian fuhr sich mit beiden Händen durch sein blondes Haar. „Diese zusätzliche Wartezeit war bestimmt Julians Idee. Er will mich einfach nicht akzeptieren, und du tust nichts dagegen. Wen liebst du eigentlich mehr? Ihn oder mich?“
Richard lehnte sich in sein Kopfkissen zurück. Sein Gesicht zeigte einen gequälten Ausdruck. „Du bist unfair, Chris, das weißt du.“
„Und du machst alles, was Julian sagt. Manchmal glaube ich, dass du keinen eigenen Willen hast!“ Christian stellte befriedigt fest, dass seine Worte wirkten. Er las in Richards Gesicht wie in einem offenen Buch.
„Ich habe es dir schon so oft erklärt. Julian ist … gerecht. Das sage ich nicht nur, weil er mich gewandelt hat. Er ist unser Anführer. Er ist … großartig. Ehrenvoll. Du weißt, ich bin niemand, der solche Wörter oft in den Mund nimmt“, fügte er leise hinzu.
„Du liebst ihn. Viel mehr als mich.“
„Was soll das jetzt schon wieder?“ Richard, der Streit hasste, wurde tatsächlich ärgerlich. „Du weißt, dass ich dich liebe. Aber Julian hat mich gewandelt, und ihn liebe ich auch. Wenn auch
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