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Novembermond

Novembermond

Titel: Novembermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Heyden
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müde von der Arbeit nach Hause zu ko m men und sofort ins Bett zu sinken. Heute allerdings hatte es wirklich keinen Grund geg e ben, länger in der Klinik zu bleiben.
    Das Fernsehprogramm war völlig uninteressant, und leider nicht zum ersten Mal. Ich knipste mich dennoch durch das A ngebot und blieb bei einer wunderb a ren Landschaftsaufnahme hängen. Hohe Berge, blauer Hi m mel, grünes Gras, das weiße Gatter einer Koppel.
    „Du hast mich gerettet“, sagte die süße Rothaarige in Großaufnahme. Ihr Haar war niedlich zerzaust, und ihr fliederfarbenes Designer-Shirt hatte Gra s flecke , die das anmutige Gesamtbild nicht im Mindesten beeinträc h tigten. Die Kamera schwenkte, und man sah einen Stier, der mit bösartigen Boc k sprüngen über die Koppel sauste. Der junge Mann sah die Rothaarige an. „Ich liebe dich. Ich habe dich schon immer geliebt.“
    Beide fielen sich in die Arme, wobei sich seine kräftigen Schultern unter dem karierten Farmerhemd spannten.
    Ich nahm einen Schluck Wein. Oh Mann, ich liebe Fernsehserien.
    Wer schläft, sündigt nicht, und wer Fernsehserien mag, auch nicht. Sie kommen pünktlich und zuverlässig, immer um die gleiche Zeit, und die Schauspieler we r den zu guten Freunden, mit denen man lachen oder weinen kann. Trotzdem ist man immer auf der sicheren Seite, denn ihr Schmerz ist nicht real und tut nicht wirklich weh.
    Nur wirklicher Schmerz ist so schlimm, dass er durch Tränen nicht erlöst we r den kann. Das war jedenfalls meine Erfahrung.
    Ich versuchte vergeblich, Julian aus meinem Kopf zu vertreiben.
    Eine Kleidermotte taumelte an mir vorbei. Ich sprang auf und griff nach me i nem Stad t magazin. Sie würde sich in meinen Wollmantel setzen. Oder meinen Kaschmirpullover finden und dann ein Riese n loch hineinbeißen, sie und ihre zahlreichen Nachkommen. Ich schlug vorbei. Die Motte sackte schwankend nach unten, aber über dem bunten Teppich verlor ich sie aus den Augen. Verflixt.
    Ich ging zurück zu meinem Sofa und stellte fest, dass ich in meinem Jagdeifer das Glas umgestoßen hatte . Der Rotwein verteilte sich bereits über meinen Te p pich. Das passte. Ich wischte vergeblich an dem Fleck heru m und fragte mich, was gegen Rotwein flecke half. Salz? Backpulver?
    Gleichzeitig zog ich wieder einmal Bilanz. Und das Ergebnis war alles ande re als ermutigend. Höchste Zeit, Pläne zu machen, anstatt wegen Julian weiter Trü b sal zu blasen. Ich w ürde für mindestens drei Monate keinen Wein mehr zu Hause haben. Und nicht mehr länger jeden Abend zu Hause hocken . E ndlich ins Fi t nessstudio gehen. Zum Yoga. Pilates. Ich stand auf, ging in die Küche und kra m te in meiner Süßigkeitenschublade. Anstatt mit Wein würde ich meine neuen Ziele mit einem kleinen Stück Schokolade feiern.
    Obendrein heilt Schokolade viele Wunden … wenn auch nicht alle.
     

Kapitel 17
     
    E
    s war weit nach Mitternacht und die Schlange vor dem Club Wilhelmina sehr lang. Daran würde sich auch bis zum frühen Morgen nichts ändern. Die Augen des Türstehers hefteten sich gelangweilt auf den Mann, der vor ihm stand. „Du nicht.“
    „Ich?“ Die wütende Stimme verrutschte einige Oktaven nach oben.
    Der Türsteher verzog keine Miene.
    „Spinnst du?“
    „Hau ab, Mann.“ Der Türsteher war groß, kräftig und hatte neben auffälligen Tätowierungen eine lange Narbe im Gesicht. Trotz der Kälte der Nacht trug er nur ein dünnes, kurzärmeliges T-Shirt, das sich um seinen kräftigen Oberkörper spannte.
    „Was soll das?“ Der Mann weigerte sich, aufzugeben, aber der Türsteher ignorierte seine Frage, sah an ihm vorbei und winkte das Paar durch, das hinter ihm gewartet hatte. Dabei zeigte er weitere Tattoos an den Innenseiten seiner Unterarme. Regentropfen? Tränen?
    „Mach hier bloß keinen Stress“, sagte der Mann unfreundlich. Er strich sich eine sorgfältig gegelte Haarsträhne über den Hinterkopf und griff in die Vordertasche seiner Designer-Jeans. Von dort zog er einige zusammengeknüllte Scheine hervor.
    Der Türsteher musterte ihn kalt. „Das läuft hier nicht.“
    Das Gesicht des Mannes wurde rot vor Wut, und er sah keinen Grund, seine Verachtung noch länger zu verbergen. „Nimm dich in Acht, du armseliger Pisser. Du kannst nicht ewig hier stehen. Früher oder später hast du Feierabend, das solltest du nicht vergessen.“
    „Willst du mir etwa drohen?“ Auf einmal zeigte der Türsteher etwas in seinem Blick, das den Mann erschreckte und unwillkürlich nach seinem Messer

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