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Novemberrot

Novemberrot

Titel: Novemberrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Theisen
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ebenfalls inzwischen eine Tochter namens Sandra, die hier in Burgstadt studiert und heute nicht zu Hause war. Also sprach ich mit Rosi. Und was soll ich sagen, ihr eigenwilliges Verhalten erinnerte mich unweigerlich an damals. Ich weiß einfach nicht, was ich davon halten soll«, grübelte Weller nachdenklich blickend .
    » Ist das Rosi, da auf dem Foto? Sieht hübsch aus!«, warf Steffi kurz ein und Weller bemerkte, dass er das Bild noch immer in der Hand hatte .
    » Ja, das ist sie«, antwortete Fritz knapp und legte das Foto zur Seite. Steffi gewann den Eindruck, auf Grund des, wie sie fand, sentimentalen Gesichtsausdrucks ihres Kollegen, dass die Frau auf dem Bild für ihn mehr zu sein schien, als bloß eine x-beliebige Verdächtige in einem Mordfall. Denn Gefühle zu zeigen gehörte normalerweise nicht gerade zu Wellers Stärken. Und umso offensichtlicher war nun dieser außergewöhnliche Gemütszustand für Kommissarin Franck bei Fritz zu erkennen .
    » Und deswegen können wir nur darauf hoffen, dass zum einen, wie du eben bereits so treffend sagtest, unser Grufti was Brauchbares findet, und zum anderen Hinweise bezüglich des Verbleibs der Tatwaffe auftauchen. Wie weit sind denn die Kollegen von der Spurensicherung mit ihren Untersuchungen?« Diese Sätze klangen aus dem Munde Wellers beinahe wie ein Flehen in den Ohren seiner Partnerin .
    » Bekommen wir auch morgen hoffentlich mitgeteilt … So und wenn du nichts dagegen hast, verschwinde ich jetzt, weil ich auf Deutsch gesagt hundskaputt bin. Ach ja, was ich dir den ganzen Tag schon sagen wollte: Seine Musik bleibt uns zum Glück erhalten und ich bin mir sicher, dass einige Stücke noch in 100 Jahren gespielt werden.« Er lächelte. Steffi schickte abschließend noch ein rasches »machs gut, dann bis morgen« hinterher und verschwand. Weller stand auf, drehte den Lautstärkeregler des Radios auf die höchste Leistung. Aus dem Äther dröhnte der markante Drum-Beat von We will rock you, den er mit beiden Handflächen kräftig auf seine Schreibtischplatte trommelnd begleitete. Nur die Luftgitarren-Nummer zum Ende des Stücks schenkte er sich heute Abend, da auch er aufgrund des langen Arbeitstages nun doch allmählich müde wurde. Nachdem dann die letzten Takte verklungen waren, schaltete er das Radio aus, löschte das Licht, zog seine Lederjacke über, verließ das Büro und begab sich in seinem Dienstwagen auf den Heimweg.
     
    Endlich, gegen einundzwanzig Uhr dreißig, untermalt vom durchdringenden Schlagen der nahen Kirchturmuhr, öffnete Weller die Tür seiner im Obergeschoss eines Altbaus befindlichen Wohnung und warf sie hinter sich erschöpft und hungrig ins Schloss.
    Das vierstöckige Haus, errichtet zu Beginn der dreißiger Jahre aus karminroten Ziegelsteinen, war eines der wenigen Gebäude dieses Stadtviertels, welches vom Bombenhagel des letzten Krieges verschont blieb. Auf den wuchtigen, etwa fünfzig Zentimeter hohen Basaltplatten, die den Sockel umfingen, konnte man bei genauem Betrachten an der Vorderseite des Hauses sogar noch die weißen Pfeile erkennen, welche auf einen Schutzraum bei Luftangriffen hinwiesen. Ins massive Mauerwerk, gut dreißig Zentimeter oberhalb des Gehwegs, waren zudem zwei Luftschächte eingelassen, durch welche man in früheren Zeiten die angelieferten Kartoffeln und Kohle, der Einfachheit halber über Pritschen, direkt vom Traktor- oder LKW-Anhänger in den Keller gleiten ließ.
    Doch Zeiten ändern sich. Und im Zuge von Gasheizung, Telefon, Kabelfernsehen, sowie diversen Supermärkten ist eine solche Vorratshaltung nicht mehr von Nöten. Deshalb, beziehungsweise aufgrund der Tatsache, dass sich hin und wieder neugierige, vierbeinige Nagetiere dort hinein verirrten, wurden die Schächte inzwischen mit luft- und lichtdurchlässigen Blechen verschlossen. Kurz nachdem Karin, seine Frau, mit ihrem gemeinsamen Sohn Tom 1976 vor dessen Einschulung wieder zurück nach Westberlin zu deren Eltern gezogen waren, stellte es für Fritz einen wahren Glücksfall dar, da just in jenen Tagen eine seiner Kolleginnen nach Stuttgart versetzt wurde und sie ihm die Wohnung zum Kauf anbot.
    Weller konnte sein Glück zunächst kaum fassen, denn schon bei der ersten Besichtigung hatte er sich in sie verliebt und sagte ohne zu zögern zu. Vieles daran, wie zum Beispiel die Böden, bestehend aus aufgearbeiteten, geölten Holzdielen und die zahlreichen Stuckornamente an den hohen Zimmerdecken weckten Erinnerungen an sein Reinickendorfer

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