Novemberrot
Kreismüller verewigt hatte. Unser Waldvogel kann dann direkt einen Vergleich durchführen. Und bis Montag wissen wir auch, ob die Reifenabdrücke in Maiers Hofeinfahrt zu Kreismüllers Mercedes passen. Ach ja und bevor ich es vergesse. Außer seinem eigenen Blut wurde an dem Wagen nichts Auffälliges festgestellt.«
Hauptkommissar Schuster lag schon die Verabschiedung von seinem Kollegen auf der Zunge, als gerade in diesem Moment der Gerichtsmediziner ins Büro geschlurft kam. Fritz hörte am anderen Ende der Telefonleitung das übliche »Moin Moin« des von einer Hallig im Wattenmeer stammenden Arztes. Und in seiner unverkennbaren Sprache erklärte er seinem Kollegen Schuster, dass in der Kopfwunde des Toten winzige Eisenteilchen gefunden wurden.
Demnach handele es sich bei der Tatwaffe, wie schon vermutet, um einen Hammer. Nun gab es in Mayberg und Umgebung wahrscheinlich hunderte, wenn nicht tausende Hämmer .
» Wie nun ausgerechnet den einen finden?«, kam Fritz als Erstes in den Sinn, nachdem er das Ergebnis vernommen hatte .
» So wie ich die Sache sehe, läuft alles auf die Familie des Opfers hinaus. Wenn du heute nichts Brauchbares findest, dann rücken wir nächste Woche zu einer Hausdurchsuchung bei denen an.«
Hauptkommissar Schuster fasste die vorliegenden Fakten nüchtern zusammen und hatte realistisch betrachtet absolut recht damit. Doch Fritz stand dieser These äußerst skeptisch gegenüber. Schließlich hegte er insgeheim eine gewisse Sympathie für Rosi, die eigenwillige Stieftochter Kreismüllers, und war festen Willens, alles in seiner Macht Stehende daran zu setzen, um ihre Unschuld an der Tat zu beweisen. Ein schnelles »auf Wiedersehen, dann am Montag« schmetterte er Schuster noch entgegen und warf den Hörer scheppernd auf die Gabel des Telefons, ohne dessen Verabschiedung oder weitere Anweisungen abzuwarten. Der Wirt kam nun ebenfalls in die Kneipe. Fritz fragte ihn sogleich nach Justus’ Adresse .
» Der hilft samstags immer dem Bauer Bermel beim Ausmisten der Ställe. Dazu fahren Sie die Dorfstraße in Richtung Ortsausfahrt nach Burgstadt. Der Hof befindet sich auf dem Eckgrundstück zur Lenzgasse. Können Sie überhaupt nicht verfehlen.«
Tohn wunderte sich zwar, dass der Polizist den armen Justus noch immer nicht von seiner Liste der Verdächtigen gestrichen hatte, war zugleich aber stolz, seinem Gast mit Informationen helfen zu können, sollten sie auch noch so lapidar erscheinen. Fritz nickte freundlich zum Dank. Er eilte schnell in sein Zimmer, wechselte das Hemd gegen seinen wollenen Rollkragenpullover, zog seine Lederjacke über und machte sich zunächst in seinem Prinz auf den Weg zum Kreismüllerhof.
Kapitel 11
Mit jedem Meter, den er diesem Ort näher kam, wuchs das Gefühls- und Gedankenchaos in seinem Kopf. In Wellers Hirn tobte ein erbitterter Kampf zwischen der Pflichterfüllung, die seine Aufgabe bei der Polizei von ihm abverlangte, der Liebe zu Karin seiner Verlobten, seinen ureigenen Erwartungshaltungen an sich selbst und den stetig präsenter werdenden Bildern von Rosi, deren geheimnisvolles Wesen ihn in ihren Bann gezogen zu haben schien.
Das Glockengeläut aus Maybergs Kirchturm war auch im Hof des Opfers gut zu vernehmen, als der junge Kommissar um halb zwölf seinen Wagen parkte und ausstieg. Erfreulicherweise hatte es inzwischen aufgehört zu regnen. Da niemand zu sehen war, pochte er an die Haustür. Katharina, die alte Magd, öffnete sie nach wenigen Sekunden, in ihrer rechten Hand ein scharfes Küchenmesser und eine halbgeschälte Kartoffel haltend .
» Maria ist mit Manfred, nachdem sie das Vieh versorgt hatten, zum Friedhof gefahren. Sie wollte an Elzers Grab, sich von ihm verabschieden.« Katharina steckte mitten in der Zubereitung des Mittagessens und wollte daher den Polizisten schnell wieder abwimmeln. Frei nach dem Motto »Soll er doch wiederkommen, wenn alle zurück sind«.
Doch nur wenige Augenblicke später runzelte die Magd nachdenklich ihre durchfurchte Stirn. Die Alte trat dicht an Weller heran und flüsterte: »Die beiden kannten sich schon ewig, müssen sie wissen. Früher waren sie einmal Nachbarn. Damals, als Maria noch mit ihrem ersten Mann verheiratet war. Der Alte stand Maria bei, auch in schweren Zeiten.« Hier endete der besinnliche Teil von Katharinas Ausführungen abrupt. Sie wich wieder einen Schritt zurück, was Fritz aufgrund des penetrant zwiebeligen Mundgeruchs der Magd nicht unrecht war, und ging zu ihrer
Weitere Kostenlose Bücher