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Novemberrot

Novemberrot

Titel: Novemberrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Theisen
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Hals, die einem an den Kragen wollen .
    » Ich arbeite bis ungefähr 22 Uhr, dann nehme ich Sie mit, wenn Sie möchten?« Rosi hoffte inständig, dass der junge Kommissar ihr Angebot nicht ausschlagen würde und zu ihrer Freude sagte er ohne lange zu überlegen postwendend zu. Erst beim Genuss des halben Hähnchens, welches kurz nach dem Gespräch mit Kreismüllers Stieftochter vom Wirt höchstpersönlich aufgetischt wurde, kamen Wellers Sinne allmählich wieder zurück .
    » Na ja, es ist ja nur eine Party. Ich trinke etwas und verzieh mich dann wieder. Was soll schon groß passieren?« Mit diesen Beschwichtigungen versuchte er sein schlechtes Gewissen, welches er seiner Verlobten gegenüber hatte, zu beruhigen, was auch zumindest vorübergehend funktionierte. Und pünktlich zur vereinbarten Uhrzeit fand sich Fritz frisch gestriegelt und in Schale geworfen an der Theke ein, sodass Rosi und er sich direkt auf den Weg machten.
    Nachdem sie ein paar Schritte die Niedergasse hinunter in Richtung der Gotenstraße gegangen waren, stoppte Rosi mit der Bemerkung »so, da sind wir schon« vor einem dunklen Gebäude .
    » Ist echt praktisch, das Haus steht eigentlich leer, da die Besitzer nebenan neu gebaut haben. Und solange sich für das alte Gemäuer kein Käufer findet, können wir hier ungestört feiern«, fügte sie noch hinzu. Die Haustür war nur angelehnt und so traten sie geradewegs ein. Im unbeleuchteten Flur drückte sich ein spärlicher Lichtschein durch den schmalen Luftspalt, der die Tür am linken Ende des Korridors vom Fußboden trennte.
    Mick Jaggers dreiste Aufforderung Let’s spend the night together quoll ihnen dumpf aber dennoch unverkennbar durch die geschlossene Zimmertür entgegen. Einen Moment später wurde selbige von einem rothaarigen, mit Sommersprossen übersäten, Pullunder tragenden Zwei-Meter-Schlaks geöffnet, der Rosi zur Begrüßung sofort umarmte, Fritz jedoch zunächst, da er ihm fremd war, argwöhnisch beäugte.
    Doch nach kurzem Gespräch, in dem er sich als Erich, der Partyveranstalter, vorstellte, waren seine aufkeimenden Vorbehalte schnell ausgeräumt. Kurzerhand drehte er sich um und machte Fritz nun mit den übrigen Gästen bekannt, die ihn ihrerseits mehr oder weniger enthusiastisch willkommen hießen.
    Im schummrig beleuchteten, vom alten Ölofen ordentlich aufgeheizten Raum saßen manche auf den beiden leicht gammeligen Sofas, die an den Seitenwänden des Raumes platziert waren. Andere hatten es sich auf den Matratzen, welche am Kopfende lagen, bequem gemacht. Alles in allem, so schätzte Weller, waren gut und gerne fünfzehn Leute bei der Feier anwesend.
    In der rechten hinteren Ecke stand ein mit dunklem Holz furnierter, auf Hochglanz polierter, zweigeteilter Musikschrank. Dessen Innenleben bestand nicht nur aus dem Plattenspieler, dem Lautsprecher und diversen Vinyl-Scheiben, sondern beherbergte zudem auch jede Menge hochprozentiges Gesöff jeglicher Geschmacksrichtung. Der rostige Pullunder-Träger drückte Fritz ohne viel Aufhebens eine Flasche Bier in die Hand und Rosi mixte sich derweil gekonnt einen trockenen Martini.
    Niemand hier schien sich seltsamerweise, aufgrund des Ablebens ihres Stiefvaters, über Rosis Anwesenheit und ihre ausgelassene Stimmung zu wundern. Für den Polizisten war dieser Aspekt nur ein weiterer bizarrer Puzzlestein, der sich nahtlos in sein Bild einfügte, welches er sich in den letzten Tagen bezüglich des unüblichen Verhaltens der Eingeborenen dieses merkwürdigen Dorfes machen konnte.
    Ein paar kamen auf Fritz zu und laberten durchweg belangloses Zeug mit ihm. Er hatte schon befürchtet, dass er wieder auf den Fall angehauen würde, aber davon war glücklicherweise den ganzen Abend über nicht die Rede. So plätscherte die erste Stunde dahin, bis einer der Gäste eine neue Scheibe auflegte. Kaum waren die ersten Takte von Procol Harums Schlager A whiter shade of pale verklungen, fanden sich die anwesenden Pärchen in der Mitte des Zimmers ein und begannen sofort engumschlungen zu tanzen. Rosi und Fritz saßen bis dahin mit den restlichen Junggesellen zusammen.
    Schüchtern versuchte sie seinen Blick zu erhaschen und nachdem ihr das geglückt war, zog sie ihn an seiner Hand vom Sofa hoch, schnurgerade auf die Tanzfläche. Diese Aktion wurde von den Anderen mit lautem »ja, da sieh einer an« kommentiert. Weller widersetzte sich nicht, denn es war ja nur ein Tanz.
    Die Zeit, in der die beiden gedankenverloren schwoften, verging wie im Fluge.

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