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Novemberrot

Novemberrot

Titel: Novemberrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Theisen
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lange bitten. Er nahm das Geschenk gerne an, riss hektisch zwei Blätter ab und schnauzte so kräftig hinein, dass man beinahe befürchten musste, selbst sein Gehirn würde mit ins Taschentuch gespült.
    Mit halbwegs freier Nase stieg er anschließend in seinen Passat und schlich im Schritt-Tempo die Bergstraße hinunter bis zum Bahnübergang. Dann bog er links in die Frankenstraße Richtung Ortsmitte ab. Er hatte sich schließlich für den Abend noch bei Rosi Kreismüller angekündigt, um mit ihrer Tochter zu sprechen. Denn laut Aussage ihrer Mutter konnte nur Sandra deren Alibi bezüglich des Mordzeitpunktes bestätigen .
    » Aber vorher besuche ich noch jemanden. Bin ja nur mal gespannt, ob der mich noch kennt.« Fritz hoffte sehr, dass dieser Jemand ihn mit brauchbaren Informationen versorgen konnte. Wiederum in der Niedergasse angekommen, stellte er seinen Wagen auf einem kleinen, mit Verbundsteinen gepflasterten, gut beleuchteten Parkplatz ab. Außer ihm parkte kein weiteres Fahrzeug dort. Fritz verharrte für einen Augenblick in seinem Dienstwagen und sah sich um .
    » Keine Hecken mehr«, stellte er beiläufig fest.
    Er befand sich nun genau an dem Ort, wo ihm damals, als er den Parkplatz nach Spuren absuchte, die Schreckenskreatur in den Büschen aufgelauert und ihn zu Tode erschreckt hatte. Fritz hangelte sich schwerfällig aus seinem Vehikel und schlug die Autotür hinter sich zu. In Gedanken versunken vergaß er sogar die Karre abzuschließen. Er ging einige Schritte bis zu einem Haus, aus dessen Fenstern im Erdgeschoss Licht auf den schmalen Gehsteig drang. Die schwere Eingangstür war nicht verschlossen. Er zog sie auf und nur wenigen Sekunden später stand er mitten in der Wirtsstube der Dorfkneipe Zur Post.

Kapitel 15
    Bis auf einen alten hageren Mann an der Theke, der sich mehr oder weniger krampfhaft an seinem Bier festhielt, war das Lokal menschenleer. Nur das Gedudel des Spielautomaten erfüllte die Luft. Kaum eine Minute an diesem Ort und Fritz fühlte sich als Passagier einer Zeitmaschine, die ihn in kürzester Zeit fast ein Viertel Jahrhundert zurück in die Vergangenheit katapultiert hatte. Seit damals wurde offenbar außer besagtem Spielautomat und der alten Musikbox, die einem neumodischen CD-Abspielgerät gewichen war, nichts an der Einrichtung verändert.
    Immer noch die rotbraune Holzverkleidung und dieselben Tische und Stühle. Auch das goldfarbene Schild Stammtisch prangte noch immer an der Säule in der Mitte der Wirtschaft. Der Deckenventilator drehte noch genauso verzweifelt wie einst seine Runden und selbst das schmierige, schwarze Wählscheibentelefon aus Bakelit im Schrank hinter der Theke hatte die Jahre erfolgreich überdauert. Diese Umgebung schien auf Fritz einen seltsamen Einfluss auszuüben.
    Plötzlich bildete er sich ein, dass er lautes Palaver hörte. Dann sah er vor seinem geistigen Auge, dass alle Tische voll besetzt waren und die Menschen sich lauthals zuprosteten. Obwohl er direkt bei ihnen stand, nahmen sie ihn nicht wahr. Sogar der widerliche Zigarettenqualm und der eklige Bierdunst quälten wieder seine Nase. Ihm wurde übel. Hinter der Theke zapfte Anton Pohlert, der Wirt, eifrig einige Biere und unterhielt gleichzeitig die umherstehenden Gäste mit flotten Sprüchen.
    Die Schiebetür, welche den großen Saal von der eigentlichen Wirtschaft trennte, öffnete sich einen Spalt breit. Rosi drückte sich hindurch. Ihre Augen hatten Fritz sogleich erfasst. In ihrem schwarzen Minirock und dem roten, enganliegenden Pulli kam sie direkt auf Fritz zu und lächelte ihn aufreizend an .
    » Nebenan ist ein Beerdigungskaffee«, sagte sie lachend und zeigte mit ausgestrecktem rechtem Arm zum Saal. Rosis Lachen hatte etwas Befreiendes an sich und Fritz erwiderte beschwingt: »Ach ja, wer ist denn gestorben?«
    »Heinrich Kreismüller! Schau, sie sind alle zu seinem Ehrentag gekommen.« Sie schob die Tür mit einem kräftigen Ruck ganz beiseite.
    Fritz erschrak bei dem was er nun sah. Einige der Anwesenden kannte er tatsächlich. Wie zum Beispiel Heinrichs damaliger Intimfeind Werner Maier samt Gattin, die neugierige Nachbarin, sowie der hornbebrillte Zeuge, der dem Alt-Bundespräsidenten Heinemann ähnelte.
    Wie Rosi schienen alle um keinen Tag gealtert zu sein. Außerdem waren sie nicht, wie es bei Beerdigungen üblich ist, in Schwarz sondern in leuchtend heller Tracht gekleidet. Merkwürdigerweise konnte Fritz niemanden von der Familie erkennen. Außer Rosi schienen weder

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