Novemberrot
Vorschein, welches er sogleich öffnete .
» So, da ist er!«
»Halt, fassen sie den Schlüssel nicht an!«, schrie Fritz den verdutzt schauenden Ortsvorsteher an .
» Den nehmen wir sicherheitshalber als Beweisstück mit.« Ruckzuck hatte sich Kommissarin Franck ihre weißen Gummihandschuhe übergestreift und der besagte Schlüssel wanderte augenblicklich in ein kleines durchsichtiges Plastiktütchen, von denen Steffi immer für alle Fälle einige in ihrer Jackentasche mitführte .
» Sie haben doch bestimmt noch irgendwo einen Ersatzschlüssel«, Weller bemühte sich angestrengt Ruhe zu bewahren. Der Kleine nickte: »Ja stimmt, den habe ich im Haus.«
Also begaben sich die drei in Wellers Dienstwagen unter Schimmelpfennigs ortskundiger Führung zu besagtem Reinigungsschacht. Die Uhr zeigte inzwischen bereits halb vier, als die Gruppe an der Stelle hinter den Gleisen eintraf. Unverhoffterweise hatte es doch noch aufgehört zu regnen. Geschätzte fünf Meter vom Fußgängerüberweg und der Bergstraße entfernt, umgeben von riesigen Brombeerhecken, fanden die Beamten einen mit schwarzblauen Basaltsteinen ummauerten, gut 1,50 Meter hohen und genauso breiten Gewölbeschacht vor.
Abgesperrt wurde er, wie vom Bürgermeister beschrieben, von zwei schwarz gestrichenen Gittertüren, die ihrerseits in der Mitte mit einem schweren goldfarbigen Vorhängeschloss verriegelt waren. Deutlich war das Rauschen des Baches zu hören .
» Vorsicht beim Öffnen des Schlosses, es könnten Fingerabdrücke darauf sein!« An einem normalen Tag hätte Steffi ihrem Kollegen recht schroff zur Antwort gegeben, dass sie schließlich nicht erst seit gestern bei der Kripo sei. Doch heute beschränkte sie sich auf ein wortloses Kopfnicken, während sie sich wiederum ihre Gummihandschuhe überstreifte. Sie steckte den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn um. Wellers aufgestaute Anspannung entlud sich binnen Sekundenbruchteilen, als selbiges untermalt von diesem erlösenden Klickgeräusch seinen Widerstand sofort aufgab. Nichts stand dem Kommissar nun mehr im Wege. Völlig verdrängt hatte er seine starke Erkältung. Unbewusst wischte er sich fortwährend mit seinem rechten Handrücken seine laufende Nase oder zog sie einfach hoch. Fast ehrfürchtig öffnete Fritz nun knarrend eine Seite des eisernen Gitters und leuchtete mit seiner Taschenlampe in den gut drei Meter tiefen Schacht hinab. Sein Herz klopfte heftig und drohte ihm vor Aufregung beinahe aus dem Hals zu springen .
» Zu dieser Jahreszeit ist das Wasser bestimmt 40 bis 50 Zentimeter tief, da brauchen Sie schon Gummistiefel. Am besten solche wie Angler. Aber auf den ersten zehn bis fünfzehn Metern gibts links einen schmalen Laufsteg, da kommen sie trockenen Fußes rüber. Auf dem Stück wurde der Kanal aus Ziegelsteinen gemauert und ist so hoch, dass man normal stehen kann. Danach allerdings beginnen die eigentlichen Rohre, da kommen Sie dann sowieso nur gebückt durch. Nur passen Sie bloß auf, es ist höllisch glitschig da unten. Außerdem gibts da noch Ratten.«
Schimmelpfennig klang besorgt, als der Kommissar die im Mauerwerk eingelassenen Eisensprossen hinunterkletterte. Sicherheitshalber hielt er sich daher mit beiden Händen daran fest und klemmte die Taschenlampe zwischen seine Zähne, deren Licht so nur eine geringe Fläche der Wand unmittelbar vor seinen Augen ausleuchtete. Das Atmen fiel ihm wegen seiner Erkältung nun zwar sehr schwer, aber für diesen kurzen Abstieg sollte es noch langen. Als Weller sich einige Sprossen hinabgehangelt hatte, sah er direkt vor sich im Schein seiner Taschenlampe getrocknete Blutspuren an der Wand. Vorsichtig kletterte er hinab bis auf den kleinen gemauerten Vorsprung .
» Fritz, hast du was gesehen?« Kommissarin Franck, die oben am Rand des Einstiegs mit Bürgermeister Schimmelpfennig zurückgeblieben war, stützte sich mit ihren Händen am Gitter und am Mauerwerk ab und schaute hinunter. Ihre Stimme hörte sich dabei energisch und fordernd an .
» Blutspuren, fast die gesamte Wand hinab bis zum Sockel und dazu noch auf einigen Sprossen! Verständige die Kriminaltechniker, es wartet Arbeit auf sie! Ich gehe nun weiter rein!«
Wellers Worte hallten durch den dunklen, kalten Schacht. Dann war Stille. Nur noch das monotone Rauschen des Baches drang nach draußen. Steffi hatte die Kollegen längst benachrichtigt und stand wieder am Eingang des Schachtes. Von ihrem Kollegen war seit Minuten kein Laut zu hören. Plötzlich erspähte sie
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