Novizin der Liebe
es dir bereits zuvor gesagt, Edmund, du kämpfst für eine verlorene Sache.“ Sie merkte, dass sie ihre Stimme erhoben hatte, daher mäßigte Cecily ihren Ton und fuhr hastig fort: „Um Himmels willen, reiß dich zusammen! Ich weiß, dass du der Vergangenheit nachtrauerst – das tun wir alle –, doch du musst der Wirklichkeit ins Auge sehen. Die Dinge haben sich geändert. Ich weiß nicht, was du vorhast, doch es kann nur zu noch mehr Toten führen, noch mehr Verletzten. Denk an die Folgen, die dein Handeln für andere haben wird, ehe du etwas Unbesonnenes tust.“
Edmunds Miene versteinerte sich. Er riss Cecily das granatrote Damastkleid aus den Händen und enthüllte das weit ausgeschnittene seidene Unterkleid. Er musterte sie von oben bis unten. „Dirne …“
„Edmund!“, sagte Gudrun schroff. „Das reicht! Ich glaube, du solltest gehen.“
„Ich gehe, dessen seid gewiss“, entgegnete Edmund. Er warf Cecily das Kleid zu, drehte sich auf seinen Krücken um und humpelte zur Tür hinaus. „Und wenn ich fort bin, werdet Ihr vielleicht Grund haben, das zu bedauern. Ich sage es noch einmal: Heiratet heute Nachmittag Adam Wymark, und Ihr werdet bis an Euer Lebensende bereuen, dass Ihr meinen Rat nicht angenommen habt.“ Unvermutet wich die Härte aus seinen Zügen. „Doch da Ihr Cenwulfs kleine Schwester seid, biete ich Euch ein letztes Mal an: Verschiebt diese Hochzeit. Verzögert sie, und sei es nur um einen Tag, und Ihr werdet es nicht bereuen.“
„Was hast du vor? Edmund …?“
Doch Cecily richtete ihre Worte an eine geschlossene Tür, denn so plötzlich er aufgetaucht war, so plötzlich war Edmund auch wieder verschwunden. Sie hörte das dumpfe Klappern seiner Krücken auf dem Treppenabsatz und verspürte wenig Neigung, ihm in einem cremeweißen Unterkleid in den Saal hinunter zu folgen.
„Sir Adam?“
Adam ließ die Streitaxt mit dem zerbrochenen Stiel auf die Werkbank in der Waffenkammer fallen und sah auf. „Maurice?“
„Ich dachte, Ihr solltet wissen, Herr, dass dieser Leibwächter, Edmund …“
„Ja?“
„Er hat soeben Lady Cecily in ihrem Dachgemach aufgesucht, und ich glaube nicht, dass sie sein Bein untersucht hat.“
Adam verspürte ein flaues Gefühl im Magen. „Edmund hatte eine vertrauliche Unterredung mit ihr?“
Unvermittelt kam ihm der Kuss, den sie Edmund bei ihrer Ankunft gegeben hatte, in den Sinn. Er hakte die Daumen hinter den Gürtel und rief sich die Einzelheiten der Szene ins Gedächtnis zurück. Cecily hatte sich vorgebeugt und Edmund mitten im Satz zum Schweigen gebracht. Es war ein flüchtiger Kuss gewesen. Adam könnte wetten, dass die Überraschung des Leibwächters mindestens ebenso groß gewesen war wie seine eigene Verärgerung. Er seufzte. Es mochte kein Zeichen der Liebe gewesen sein, doch ihr Kuss hatte sein Misstrauen in anderer Hinsicht geweckt …
„Nein, Herr, nicht ganz vertraulich. Gudrun war bei ihr. Ich konnte etwas von Kleideranproben verstehen, doch mein Englisch …“ Maurice zuckte bedauernd die Schultern.
Durch die geöffnete Tür der Waffenkammer war die Giebelseite des Herrenhauses zu sehen. Von seinem Standpunkt aus konnte Adam den Fensterschlitz erkennen, der sich hoch über dem Bett befand. Dem Bett, das er heute Nacht mit ihr teilen würde. Er kaute auf seinem Daumennagel. „Verflucht, verflucht und zugenäht!“
Maurice wich zurück. „Ich bitte um Verzeihung, Herr, doch Ihr sagtet, ich solle Euch Bericht erstatten, wenn ich irgendetwas Ungewöhnliches bemerke.“
Adam klopfte seinem Knappen auf die Schulter. „Ja, Maurice, du hast gut daran getan, es mir zu sagen.“ Er trat hinaus ins Freie. „Ich wusste, dass eine Auseinandersetzung zwischen mir und Lady Cecily unvermeidbar ist. Nur hatte ich gehofft, dass es erst nach unserer Hochzeit dazu kommen würde.“
Und warum?, fragte eine Stimme in seinem Inneren. Gewiss hast du dir nicht eingebildet, du, ein Gefolgsmann Herzog Wilhelms, könntest durch deine nächtlichen Heldentaten die Loyalität der Tochter eines Thane zu ihrem Volk brechen? Nein, dachte Adam düster, während er über den Hof schritt, das hatte er nicht geglaubt. Doch es wäre ihm lieber gewesen, wenn es erst nach der Hochzeitsnacht zu der Auseinandersetzung gekommen wäre. Cecily würde sich ihm williger hingeben, wenn sie einander freundlich gesinnt waren. Er wollte sie nicht zwingen. Gütiger Himmel, er wollte nur die Gelegenheit nutzen, ihr zu zeigen, dass sein Körper ihr Vergnügen schenken
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