Nubila 01: Das Erwachen
den Rücken.
Doch der Moment verging und Kathleen wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. Verwundert über sich selbst schüttelte Jason den Kopf und verließ schließlich mit Greg zusammen das Zimmer.
Kathleen hasste es Violette bedienen zu müssen. Jeder Diener hatte allen Herren zu gehorchen, aber Kathleen fand Violette mit Abstand am schlimmsten. Sie war zwar nicht immer so gehässig und verletzend wie Simon, aber Kathleen spürte einfach dass Violette aus irgendeinem Grunde eine persönliche Abneigung gegen sie hegte. Sie hatte immer an allem etwas auszusetzen. Das Bettlaken lag nicht gerade genug, die Fenster waren nicht sauber genug, der Boden glänzte nicht genug oder ihre Kleider waren nicht gut genug gebügelt. Und dabei hatte Violette so wunderschöne Kleider. Wenn es etwas gab, worum Kathleen Violette außer ihrer Freiheit beneidete dann waren es ihre Kleider. Sie selber trug genau wie alle Diener immer dasselbe Gewand, einen unförmigen, hässlichen Sack, der die Körperformen in keinster Weise betonte und auch die hübscheste Frau aussehen ließ, wie eine graue Maus.
Und Violette… Violette trug die schönsten Kleider, die man sich vorstellen konnte. Sie hatte sie in allen Farben und Formen, aus allen möglichen Stoffen und zu jedem dazu passende Accessoires. Ketten, Ohrringe, Armbänder, Ringe und so viele andere schöne Dinge. Missmutig wandte Kathleen den Blick von den Kostbarkeiten ab und begann Violettes Bett zu machen. Jason war jetzt seit drei Tagen fort, aber es kam Kathleen vor, als hätte sie ihn seit mehreren Monaten nicht mehr gesehen. Er fehlte ihr. Sie hätte nicht erklären können, was genau ihr fehlte, da er sich ja ohnehin kaum mit ihr befasst hatte. Aber irgendwie vermisste sie seine Anwesenheit im Haus trotzdem und das machte sie wütend. Sie wollte ihn nicht vermissen. Sie wollte auch nicht an ihn denken. Er war schuld daran, dass sie überhaupt in diese Situation geraten war und sie wollte ihn dafür hassen.
Violette war seit Jasons Abreise noch unausstehlicher geworden und hackte ständig auf den Dienern und auf der armen Laney herum. Auch Simon bekam immer wieder Ärger, aber im Gegensatz zu allen anderen hatte er es wenigstens verdient. Kathleen hätte nicht gedacht, dass ein einziger Junge dazu imstande war soviel Chaos anzurichten. Vor einer Woche hatte er mit einer Schleuder auf die Diener geschossen, um sie davon abzuhalten weiter zu arbeiten. Er ärgerte ständig und gab jedem Widerworte. Er war überhaupt nicht zu bändigen. Vor zwei Tagen hatte er sogar versucht die Arztpraxis von Antonio anzuzünden.
Kathleen strich die Bettdecke Kerzengerade, um sicher zu gehen, dass Violette auch bloß keinen Grund finden könnte, um mit ihr zu schimpfen, denn Kathleen hasste es von ihr gescholten zu werden. Delilah hatte ihr versichert, dass sie sich mit der Zeit daran gewöhnen würde den Kopf einziehen zu müssen. Aber sie war jetzt seit mehreren Wochen hier und hatte mehr denn je das Gefühl gleich zu explodieren, wenn Violette ihr selbstgefälliges Grinsen aufsetzte und ihr irgendwelche Vorträge hielt.
Kathleen hasste die Hausarbeit zwar, aber immerhin hatte sie so eine Ablenkung. Sie hängte eins von Violettes schönen Kleidern an einen Haken und trug es zum Schrank, um es dort einzusortieren.
„ Schön, was?“, ertönte plötzlich eine Stimme von der Tür her und Kathleen drehte sich erschrocken um. Simon stand mit verschränkten Armen da und grinste sie frech an.
„ Ich wette du würdest alles tun, um die Kleider meiner Schwester auch mal anziehen zu dürfen, nicht wahr?“, feixte Simon und kam näher. Er sah Jason verdammt ähnlich, aber während in Jasons Augen Gutmütigkeit stand, strahlte Simon Bosheit aus. Er war hinterhältig und gemein und das sah man ihm auch an.
„ Tut mir leid, junger Herr“, sagte Kathleen und drehte sich demonstrativ von ihm weg. „Ich habe leider zu tun und kann für Euch momentan keine Zeit erübrigen.“
„ Wenn ich dir befehle, dass du Zeit für mich haben sollst, dann musst du Zeit für mich haben“, verkündete Simon neunmalklug und stellte sich neben das Bett, sodass er ihr mitten im Weg stand.
„ Nicht, wenn eure Wünsche mit denen von Herrin Violette in Konflikt stehen“, bemerkte Kathleen und war plötzlich doch froh, dass sie gerade Violettes Aufträge ausführen musste.
„ Violette ist aber nicht hier“, sagte Simon. „Ich würde gerne wissen, wie du in einem von ihren Kleidern aussehen würdest.“
Kathleen
Weitere Kostenlose Bücher