Nubila 01: Das Erwachen
verzog angewidert das Gesicht. Simon war offensichtlich an der Schwelle zur Pubertät und schien großes Interesse an dem weiblichen Geschlecht zu entwickeln. Doch da alle seiner Rasse im Haus mehr oder weniger mit ihm verwandt waren, schien er beschlossen zu haben dass eine Dienerin immerhin auch eine Frau war.
„ Ich habe gesehen, wie du die Kleider betrachtet hast“, sagte Simon grinsend. „Du möchtest sie gerne anziehen, das sehe ich. Tu es einfach. Ich erlaube es dir.“
Kathleen hätte Simon sein dämliches Grinsen am liebsten aus dem Gesicht geschlagen, aber sie biss sich tapfer auf die Zunge und atmete tief durch.
„ Das ist sehr nett, junger Herr“, brachte sie so freundlich wie möglich hervor. „Aber ich habe nicht vor Violettes Kleider zu tragen. Und ihr werdet mich auch gewiss nicht dazu überreden können.“
Kathleen wusste dass sie respektlos klang und begann so konzentriert wie möglich den Spiegel von Violettes Kleiderschrank zu putzen, um Simon von ihren Worten abzulenken. Der Junge musste circa dreizehn Jahre alt sein, überlegte Kathleen. Er war etwas kleiner als sie, aber er war mit Sicherheit stärker, als sein schlaksiger Körper es vermuten ließ. Ob sie selber in diesem Alter wohl auch so schwierig gewesen war? Zumindest glaubte sie, dass sie nicht versucht hatte einen Mann dazu zu bringen, sich vor ihr auszuziehen.
„ Du glaubst, dass du etwas Besonderes bist, weil du von Jason verwandelt wurdest, nicht wahr?“, fragte Simon. „Aber das bist du nicht, Kathleen.“
Er schlich sich von hinten an sie heran und berührte sie leicht am Arm. Kathleen musste sich zusammen reißen, um seine Hand nicht wegzuschlagen.
„ Du bist genauso, wie all die anderen Diener Kath“, betonte er. „Du bist kalkig weiß, eiskalt und leblos. Auch wenn Jason dich so offenkundig bevorzugt, bedeutet das nicht, dass du deswegen besser bist als die anderen. Er hat nur ein schlechtes Gewissen, weil er schuld daran ist, dass du kein Mensch mehr bist.“
Kathleen bekam eine Gänsehaut, als Simons Atem ihr in den Nacken blies und sie drehte sich ungehalten um.
„ Herr“, betonte sie überdeutlich. „Ich muss jetzt arbeiten. Wenn ihr das nicht zulasst, dann werde ich Lady Violette das berichten müssen.“
Simon machte einen Schritt zurück und knirschte unzufrieden mit den Zähnen. Ihm war klar, dass Kathleen keinen Moment zögern würde ihre Drohung wahrzumachen, aber es störte ihn, dass sie es überhaupt wagte ihn zu bedrohen. Sie war im Recht, das war ihm klar, aber es war ihm vollkommen gleichgültig. Es störte ihn ungemein, dass Kathleen nicht so vor ihm kuschte, wie die anderen Diener es taten und sie war eindeutig eine Herausforderung für ihn.
„ Du wirst es noch bereuen, dich mit mir angelegt zu haben“, sagte Simon grinsend und machte ein paar weitere Schritte rückwärts. „Wir werden ja noch sehen, wer von uns beiden zuletzt lacht.“
Dann drehte er sich um und lief genau an Delilah vorbei aus dem Zimmer. Diese trug gerade ein paar frische Laken und sah ihm einen Augenblick verwundert hinterher.
„ Was hast du mit dem jungen Herrn angestellt?“, fragte Delilah verwundert. „Sir Simon sieht ja aus, als wollte er irgendjemanden erwürgen.“
„ Dieser widerliche Halbstarke wollte, dass ich mich vor ihm ausziehe“, schimpfte Kathleen.
Delilah starrte Kathleen einen Moment mit großen Augen an und schloss dann schnell die Tür.
„ Und was hast du zu ihm gesagt?“, fragte sie im Flüsterton.
„ Dass ich ihn bei Violette verpetze, wenn er mich nicht in Ruhe lässt“, gab Kathleen zurück. Man sah ihr an, dass sie innerlich kochte und vor Delilah hatte sie das Gefühl ihre Wut nicht verstecken zu müssen.
„ Oh Gott, Kath. Warum musst du dich nur immer wieder in Probleme bringen?“
„ Ich? ICH!!!? Ich habe nicht mit diesem Mist angefangen.“
Wütend sah Kathleen Delilah an, die ziemlich besorgt aussah.
„ Hätte ich mich etwa ausziehen sollen?“, fragte Kathleen wütend. „Hättest du das getan?“
„ Ja“, sagte Delilah schlicht.
„ WAS?“
„ Wenn er es befiehlt, dann würde ich es tun“, wiederholte Delilah. „Solange es nicht mit einem Befehl eines der anderen Herren in Konflikt steht, müssen wir tun was auch immer sie uns sagen. Außerdem würde meine Bereitschaft es zu tun den Reiz für ihn zerstören.“
„ Aber…“
„ Normalerweise betrachten die Herren uns nicht als sexuelle Wesen, Kathleen. Was meinst du, warum wir dazu gezwungen werden
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