Nubila 05: Die letzte Schlacht
ist Kathleen mit ihrer Gruppe dran. Und glaub mir, die hat es wirklich hart getroffen.“
„So. Dann zeigt doch einfach mal, was ihr könnt.“
Auffordernd sah Kathleen die jungen Warmblüter an und verschränkte dabei die Arme. Sie trug einen der neuen Schutzanzüge und hatte ihr hellblondes Haar zu einem langen Zopf gebunden. Thabea und Harold standen hinter ihr, um ihr Unterstützung zu bieten.
Die jungen Warmblüter sahen einander fragend an, bis Tyr schließlich nach vorne trat. Es war ziemlich eindeutig, dass die Jugendlichen Probleme damit hatten, Kathleens Autorität anzuerkennen.
„Wie wäre es denn, wenn Sie uns erst einmal zeigen, was Sie können“, schlug Rixa vor, die im Spagat auf dem Boden saß, als wäre es die bequemste Position der Welt.
Kathleens Augen verengten sich.
„Wie bitte?“, fragte sie.
„Na, Ihre Gabe“, erklärte Freia, die dabei war, mit einem Messer zu spielen. „Sie werden doch wohl eine haben, wenn Sie uns hier Befehle geben wollen.“
Kathleen fühlte sich einen Moment lang wie vor den Kopf gestoßen.
„Lasst sie in Ruhe“, forderte Swana streng, während sie ihre kleine Tochter hin und her wiegte. „Laney hat mir erklärt, dass Kathleen ihre Gabe noch nicht kennt. Das ist keine Schande. Es gibt immer wieder Gaben, die sich erst verdammt spät zeigen.“
Kathleen schluckte. Sie wusste Swanas Hilfe zu schätzen, allerdings brachten ihre Worte sie ins Grübeln. Wie kam die junge Frau darauf, dass sie eine Gabe haben könnte? War sie etwa dazu imstande, so etwas zu erspüren? Oder gab es einen anderen Grund?
Es war nicht so, als hätte Kathleen sich nicht selbst schon häufig genug gefragt, warum sie nichts Besonderes konnte, obwohl sie von Laney gebissen worden war, die immerhin das Blut der Ältesten in sich trug. Im Grunde hatte sie sich längst damit abgefunden, dass ihre einzige Besonderheit darin bestand, mit einem Warmblüter verbunden zu sein. Vermutlich genügte das auch schon für den Rest ihres Lebens. Eine Gabe konnte schließlich auch Komplikationen mit sich bringen. Doch seit einiger Zeit hatte sie Veränderungen an sich festgestellt, von denen sie bisher niemanden hatte erzählen können, weil sie noch nicht wusste, was sie davon halten sollte.
Sie hatte begonnen, Dinge zu sehen. Blitze. Lichter. Schemenhafte Schläuche, die wie aus dem Nichts auftauchten und dann wieder verschwanden. Wie ein Licht, das erst ein paar Mal aufflackerte, bevor es sich entschloss, doch wieder zu erlöschen. Wenn das eine Gabe war, dann wusste Kathleen wirklich nicht, wofür sie gut sein sollte.
„Wahrscheinlich kann sie gar nichts“, sagte Tyr gehässig. „Wahrscheinlich ist sie bloß eine nutzlose Dien…?“
Bevor Tyr den Satz auch nur fertig ausgesprochen hatte, sprang Harold nach vorne, packte den Jungen am Genick und warf ihn zu Boden. Er tat dies mit einer Leichtigkeit, als würde der Junge keine fünf Kilo wiegen. Danach stellte der große Kaltblüter Tyr den Fuß auf die Brust und beugte sich bedrohlich zu ihm herunter.
„Wag es noch einmal, uns als Diener zu bezeichnen, und du wirst es bereuen. Darauf kannst du dich verlassen. Kathleen gehört zur führenden Riege. Und wenn sie dich zu etwas auffordert, dann wirst du ihren Wünschen nachkommen. Hast du mich verstanden?“
Verblüfft starrte Tyr den großen Mann an, während die anderen Jungvampire sich gar nicht erst trauten, den Mund aufzumachen.
„Ob du mich verstanden hast?“, rief Harold.
Tyr nickte.
„Ja“, sagte er. „Ja, natürlich.“
„Gut. Dann mal los.“
Harold nahm seinen Fuß von Tyrs Brust und der Junge rappelte sich so schnell wie möglich wieder auf.
„Es tut mir leid, Madam“, erklärte er und setzte eine Unschuldsmiene auf.
„Wollt ihr immer noch sehen, was ich tun kann?“, fragte er und griff nach seinem Bogen.
Langsam nickte Kathleen. Tyr schien ganz offensichtlich Vorurteile gegenüber Kaltblütern zu hegen. Woran das lag, konnte sie nicht sagen. Aber es war offensichtlich, dass die Zusammenarbeit mit diesem Jungen sich schwierig gestalten würde.
„Tyr“, mischte Swana sich ein, die mit ihrem Baby zwischen den anderen Warmblütern saß. „Vergiss nicht, weshalb wir hier sind.“
Tyr grinste.
„Keine Sorge. Ich werde schon niemanden umbringen.“
Er nahm einen Pfeil, zielte in Richtung Himmel und ließ den Pfeil sausen. Misstrauisch beobachtete Kathleen das Geschoss. Es flog nach oben, aber statt einen Bogen zu machen und zu Boden zu fallen, flog der
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