Nubila 05: Die letzte Schlacht
ausgelassener Stimmung war.
„Ich wollte eigentlich gerade zu Delilah“, erklärte Kathleen und Jason hielt sie ein wenig auf Abstand, um ihr in die Augen sehen zu können.
„Das heißt, du wolltest den Tag schon wieder nicht mit mir verbringen?“, fragte er, und sie konnte seine Enttäuschung ganz deutlich spüren.
Kathleen seufzte.
„Nun. Wir sind ja nicht gerade im Guten auseinander gegangen, Jason. Ich habe das Gefühl, dass wir wegen meiner Gabe immer wieder aneinander geraten. Dabei bin ich ja noch nicht mal wirklich dazu imstande, sie zu kontrollieren.“
Jason grinste wieder und nahm sie bei der Hand.
„Für dieses Problem habe ich eine Lösung gefunden. Komm mit, Kath. Du wirst sehen. Das wird alles wieder ins Lot bringen.“
Er zog Kathleen hinter sich her ins Haupthaus und hinunter in den Keller zum ehemaligen Gemeinschaftsraum der Diener. Die meisten Kaltblüter des Hauses hielten sich immer noch gerne den Tag über hier unten auf, um sich auszuruhen und die Gesellschaft der anderen zu genießen. Auch Delilah und Antonio waren oft hier. Aber Jason blieb mit Kathleen nicht in diesem Hauptraum, sondern führte sie weiter zu einem kleinen angrenzenden Raum, den die Kaltblüter häufig nutzten, wenn sie sich ein wenig mehr Privatsphäre wünschten. Der Raum war sehr klein und karg möbliert. Abgesehen von einer Kommode gab es hier nur ein großes Bett, das die Hälfte des Platzes einnahm. Auf diesem Bett saß eine sehr hübsche Outlaw mittleren Alters, die aus Jasons Gruppe stammen musste.
Also sie Jason und Kathleen erblickte, stand sie auf und lächelte breit.
„Danke, dass du gekommen bist“, sagte Jason und schüttelte die Hand der Frau. „Kathleen. Das hier ist Hildis.“
Kathleen stutzte bei der Erwähnung dieses Namens und versteifte sich unwillkürlich. Hildis? War das nicht die Frau, die Laney einen Teil ihrer Jugend geraubt hatte, damit diese wieder Haare bekam? Kathleen schüttelte ebenfalls die Hand der fremden Frau und betrachtete sie misstrauisch von oben bis unten. Die Frau war für eine Outlaw ungewöhnlich hübsch, jedoch wirkte ihre Schönheit nicht so natürlich wie es bei Einar der Fall war. Sie war fast schon zu perfekt, mit völlig symmetrischen Gesichtszügen, einer schnurgeraden Nase und einem perfekt gestylten Bob.
„Es freut mich, dich kennenzulernen“, sagte Hildis in tadellosem Englisch. „Jason hat mir gesagt, es sei wichtig.“
Jason nickte, aber Kathleen wurde das Gefühl nicht los, dass die Frau unaufrichtig war. Ihr Übereifer wirkte genauso aufgesetzt wie ihr Gesicht.
„Das ist es auch“, bestätigte Jason. „Meine Frau und ich … Wir streiten ständig, obwohl wir früher fast nie solche Meinungsverschiedenheiten hatten. Und ich … Ich wünsche mir einfach, dass alles wieder so wird, wie es einmal war.“
Irritiert sah Kathleen von einem zum Anderen.
„Was soll denn das Ganze?“, fragte sie aufgebracht. „Jason, was ist hier los?“
„Hildis hat eine besondere Gabe“, erklärte Jason so ruhig wie möglich. „Sie ist dazu imstande, psychische und körperliche Mängel auszugleichen. Und da deine Gabe ein Teil deiner Psyche ist, ist sie auch dazu imstande, sie zu beeinflussen. Hildis braucht zwar dein Einverständnis, aber wenn du es ihr gibst, dann kann sie dich von deiner Gabe befreien.“
Er lächelte breit, als hätte er ihr gerade ein wundervolles Geschenk gemacht, und Hildis nickte zustimmend, während ihre Augen vor Erregung glitzerten. Es war eindeutig, dass sie es gar nicht erwarten konnte, Kathleen um ihre Gabe zu erleichtern.
„Verstehst du das, Kath?“, hakte er nach. „Sie kann dir die Gabe wegnehmen. Dann wird alles wieder gut. Wir brauchen uns endlich nicht mehr zu streiten und es wird so sein, als hättest du nie eine Gabe gehabt. Ist das nicht wundervoll?“
Kathleen glaubte im ersten Moment, sich verhört zu haben. Er wollte ihre Gabe löschen lassen? Ernsthaft? Und dann glaubte er auch noch, er würde ihr damit einen Gefallen tun? Das konnte doch wohl nicht wahr sein. Mit einem Mal stieg eine Wut in Kathleen auf, die so allumfassend war, dass sie vollkommen vergaß, wie sehr sie Jason liebte. Sie fühlte sich verraten und zurückgestoßen.
„Du hast also ein Problem mit meiner Gabe, ja?“, fragte Kathleen in so eisigem Tonfall, dass Jason selbst ohne die Verbindung aufgefallen wäre, wie wütend sie war. „Diese Gabe … ist kein Fluch. Sie ist ein Geschenk. Ich habe den Gedanken immer schrecklich gefunden,
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