Nubila 05: Die letzte Schlacht
erspürte. „Bitte beruhige dich. Ich will doch nur …“
„Ich weiß genau, was du willst, Jason“, zischte Kathleen. „Du willst nicht entscheiden müssen, ob du mit mir zusammen sein willst oder nicht. Es war bequem für dich, dir einreden zu können, dass du einfach keine andere Wahl hattest. Vor deiner Familie, vor deinen alten Freunden. Vor ihnen allen konntest du bisher immer sagen: ‘Es ist ja nicht meine Schuld gewesen. Kathleen hat sich an mich gebunden, als ich ohnmächtig gewesen bin. Was hätte ich denn tun sollen?’ Aber jetzt geht das nicht mehr. Dank meiner Gabe gibt es jetzt die Möglichkeit, das alles zu korrigieren. Das bedeutet, du kannst vor den Warmblütern nicht mehr den Unschuldigen spielen.“
Sie war so wütend, dass sie am ganzen Körper zitterte und sich zusammen reißen musste, um Jason nicht an die Gurgel zu springen.
„Kath, wirklich, es tut mir leid. Ich wollte nicht …“
„Es ist mir völlig egal, was du willst, Jason!“, schrie sie. „Ich habe immer versucht, Rücksicht auf dich zu nehmen. Immer war ich es, die klein bei gegeben hat, weil ich weiß, wie schwierig diese Situation für dich ist. Aber weißt du, was? Ich habe die Nase voll. Voll von dir und voll von deinen Zweifeln. Du kannst mich mal Jason. Und zwar kreuzweise.“
Sie trat nach vorne, und ehe Jason überhaupt klar war, was sie vorhatte, war es bereits vorbei.
Einen Augenblick lang standen die Beiden sich einfach nur gegenüber und starrten einander an – unfähig zu akzeptieren, was gerade geschehen war.
„Ich werde meine Gabe nicht abgeben“, erklärte Kathleen mit Tränen in den Augen. „Aber das ist von nun an auch nicht mehr dein Problem.“
Wie zur Demonstration kniff sie sich selbst in den Arm.
„Hast du das gespürt?“, fragte sie.
Jason sah sie völlig verständnislos an und schüttelte dann den Kopf.
„Na, dann ist ja alles wunderbar“, sagte Kathleen. „Die Entscheidung, ob du die Verbindung mit mir aufrechterhalten sollst, habe ich dir soeben abgenommen. Was du nun mit deiner Freiheit anstellst, musst du aber selber wissen.“
Jason war fassungslos und wusste überhaupt nicht, wie er auf diese Entwicklung reagieren sollte. Das konnte doch alles nicht wahr sein. Kathleen hatte die Verbindung getrennt? Einfach so? Er konnte es nicht glauben. Innerlich tastete er immer wieder nach Kathleens Gefühlen, konnte aber nichts davon mehr entdecken. Sie stand zwar immer noch vor ihm und funkelte ihn böse an, aber es fühlte sich so an, als wäre sie soeben gestorben. Und nun, nach und nach, kehrten auch Jasons Vitalfunktionen zu ihm zurück, was der eindeutigste Beweis dafür war, dass die Trennung geklappt hatte.
Sein Herz begann schneller zu schlagen, seine Körpertemperatur stieg an und er fühlte sich plötzlich unwahrscheinlich müde. Immer noch ungläubig schüttelte er den Kopf.
„Wie … Wieso hast du …?“, begann er.
„Wieso?“, wiederholte Kathleen laut. „Du besitzt tatsächlich noch die Frechheit, mich nach dem Wieso zu fragen? Hörst du dir eigentlich selber zu, wenn du redest? Du hast mir doch praktisch keine andere Wahl gelassen.“
„Du hast mir nicht einmal die Gelegenheit gegeben, mich zu verteidigen“, warf Jason ihr vor. „Wir hätten doch darüber reden können, verdammt noch mal. Findest du das nicht ein wenig … drastisch?“
Hildis verfolgte das Gespräch schweigend und schien überaus enttäuscht zu sein, dass sie doch nicht so einfach Zugang zu einer Gabe bekommen würde, wie sich gehofft hatte, aber das scherte Jason gerade überhaupt nicht. Er fühlte sich plötzlich, als hätte man ihm das Herz herausgerissen, und er war davon überzeugt, dass es Kathleen genauso gehen musste.
„Es war die einzig richtige Entscheidung“, konterte Kathleen und wirkte so entschlossen, wie Jason sie selten erlebt hatte. „Du sagtest, du willst diese Option nicht, tja das sehe ich anders. Ich glaube, dass du diese Option sogar gebraucht hast. Und zwar mehr als dringend. Ich will nicht, dass du nur wegen der Verbindung bei mir bist, Jason. Ich will, dass du bei mir bist, weil du mich liebst und weil du ohne mich nicht leben kannst. Und wenn du nicht so empfinden kannst, dann … dann verzichte ich lieber ganz auf dich.“
Jason wollte etwas erwidern. Am liebsten hätte er sie geschnappt und geschüttelt, weil er einfach nicht verstehen konnte, wie sie das hatte tun können. Das konnte einfach alles nicht wahr sein. Kathleen hatte sich von ihm
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